Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)
was es bedeutet hart rangenommen zu werden. Nebenbei bemerkt: Eine Erfahrung, mit der Nikolaj wohl noch nicht aufgetrumpft hat. Zumindest nicht bei dir …“ Er hielt inne, genoss seine eigenen Worte und ergötze sich an ihrem versteinerten Gesichtsaudruck, schien ihren Anblick aus tiefster Seele zu genießen und auszukosten.
Sie presste ihre Hände seitlich hart an ihre Oberschenkel, um zu verhindern, dass diese eine Zitterpartie ähnlich einem Kranken mit Tremor zur Schau stellten.
Als er fortfuhr, war seine Stimme von triefender Erregung durchzogen, welche ihr wirbelnde Übelkeit verursachte. „Mal ehrlich: Ist nicht gerade dass das Interessante? Das Magische? Dass du nicht weißt, was ich tun werde? Dass alles möglich ist? So ist es nämlich: Alles ist möglich. Man muss nur Mumm genug haben, danach zu greifen. Eine Eigenschaft, die bei euch Menschen leider spärlich gesät ist.“
Er trat näher an sie heran. Sie wollte zurückweichen, doch sie konnte ihre Füße nicht bewegen.
Den Kopf dicht neben ihrer Wange flüsterte er: „Sag mir: Wenn du denn Mumm dazu hättest, was würdest du dir nehmen …? Was würdest du einfordern …?“
Er wartete. Sein Atem strich über ihren Hals.
Sie erwiderte kein einziges Wort. In ihrem Inneren bebte es und sie versuchte mit aller Mühe dieses Beben nicht nach außen durchdringen zu lassen.
Nach einer grausam langen Weile brachte er wieder einen Fußbreit Distanz zwischen sie und grinste höhnisch. „Wenn ich ehrlich bin, hab ich auch keine Antwort erwartet.“
Er kostete ihren Anblick noch einige Sekunden aus und fuhr fort, als wäre dieses Gespräch ein vergnüglicher Kaffeeklatsch. „Thomas Edison. Ein brillanter und höchst intelligenter Mann den ihr Menschen doch sehr verehrt, nicht wahr? Gewiss, die Erfindung der Glühbirne war ohne Frage eine hilfreiche Erfindung, aber warum ich ihn weit mehr schätze, ist die Tatsache, dass ihn – wie viele waren es doch gleich? 5.000 Fehlversuche? – nicht von seinem Vorhaben abbringen konnten. Es gibt nicht viele, die nach einer derartigen Anzahl von Pleiten nicht einfach ergeben das Handtuch geworfen hätten.“
Sie hatte keinerlei Ahnung, worauf er mit dieser Exkursion abzielen wollte, dennoch konnte es nichts Gutes bedeuten. Kein einziges Wort aus seinem Mund, egal, wie seicht und alltäglich, konnte auch nur ansatzweise etwas Gutes bedeuten.
„Ich vergleiche mich zwar nicht gerne mit euch Menschen, aber ich mache mal eine Ausnahme. Dir zuliebe.“
Er legte den Kopf schräg und grinste sie an. „Und um dir nochmals vor Augen zu führen, mit wem du das Vergnügen hast. Nur für den Fall, dass dir das inzwischen noch nicht ausreichend bewusst sein sollte. Ich bin aus dem gleichen Holz wie Thomas Edison. Wenn ich ein Ziel habe, erreiche ich dieses Ziel. Ganz egal, wie lange es dauert. Ganz egal, was es als Tribut einfordert.“
Er trat wieder näher an sie heran, sprach nun in einem Tonfall, der abermals deutlich machte, wie sehr er diese kleine Unterredung genoss. „Du warst einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Doch damit musst du jetzt leben. So lange, wie das noch andauern mag jedenfalls. Wenn du dich bei jemandem für meine Aufmerksamkeit beschweren willst, dann solltest du Nikolaj deinen Dank aussprechen. Gib ihm keinen Grund sich noch länger an einer Illusion festzuhalten. Frag ihn, was er alles getan hat, als du nicht bei ihm warst. Frag ihn, wer er wirklich ist. An was er denkt, wenn er dich ansieht. Wer er ist, wenn er sich nicht gerade wie ein Schoßhündchen oder ein Verräter aufführt.“
Sie sah ihn schwer atmend und mit zugeschnürter Brust an.
Mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen wandte er sich seitlich von ihr ab, überlegte es sich scheinbar nochmals anders. „Ach übrigens. Du solltest dich wirklich mal eine Runde aufs Ohr legen. Du siehst aus, wie ein wandelnder Geist. Nicht sehr reizvoll für das männliche Auge. Aber vielleicht … geht dir auch einfach nur ein echter Kerl ab, der es dir ordentlich besorgt. Zur Not würde ich mich dazu bereiterklären – quasi als Freundschaftsdienst. Aber nur, wenn du wieder etwas gesünder und ansprechender aussiehst, mein Herzchen …“
Er schritt auf sie zu, grub die rechte Hand unsanft in ihr Haar und gab ihr einen harten Kuss auf den Mund, der sie in Kälte und Dunkelheit ertrinken ließ. Als sie ihre Sinne wieder beieinanderhatte und sich wieder normal orientieren konnte, war er bereits weg.
NEUN
Sie sah benommen
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