Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn das der Führer wüßte

Wenn das der Führer wüßte

Titel: Wenn das der Führer wüßte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Basil
Vom Netzwerk:
eingerichtete Toilette in Schwarz mit Rosenkranzmuster und großen, verstellbaren Spiegeln freigab. An der Innentür war ein alter Holzstich befestigt, der Marterszenen zeigte, zum Beispiel – wie eine Inschrift besagte – die Handhabung des Spanischen Würgeisens, der Pommerschen Mütze und des Gespickten Hasen an nackten, muskulösen Männern. Daneben hing ein Vormerkkalender; manche Tage wiesen Bleistiftstriche auf, andere wieder Nullen. Vor dem Bidet seiner Bernsteinhexe fiel Höllriegl in die Knie, umarmte das kühle Oval und bedeckte den Sitz mit wilden Küssen.
    Ein Gedanke blitzte in seinem umnebelten Hirn auf, ein Gedanke von solchem Aberwitz, daß es ihn schauderte. Wie, wenn er des Führers Weistum mit Ullas Weibtum an Strahlenkraft sich messen ließ! Eine metaphysische Probe, eine magische Operation! Männlichstes und Weiblichstes gegeneinander! Heliogermanentum im Ringkampf mit chthonisch-ostischen Urgewalten, Zio-Zeus gegen Hel-Kalypso! Das war Kühnheit, Tollheit, dieser Versuch war eine Versuchung der Götter! Während er das dachte, glaubte er, die Midgardschlange mit ihrem Schwanz den Boden peitschen zu hören. Das abgründigste Experiment, das je gewagt werden könnte – abgesehen von den politischen und persönlichen Folgen! Doch niemand würde ihn sehen, niemand davon erfahren. Es mußte sofort – auf der Stelle – geschehen!
    Er eilte in den anstoßenden Schlafraum und stieg auf die Couch, deren Polsterung von schwelgerischer Weichheit war. Am ganzen Körper scheppernd nahm er das Bild des Führers von der Wand und legte es verkehrt, mit der Fotoreproduktion nach unten, auf den Pfühl und das Tigerfell – auf die Stelle, wo Ullas Körper sich sichtbar eingedrückt hatte. Dann holte er das Ni-Cu-Lot aus der Rocktasche und ließ es über dem Bild tanzen. Sekunden, Minuten keuchender Spannung – da erschien im Schwingungsbild des Pendels eine starke Reizzone. Rasch trat das siderische Lot in die Schwingungen der über dem Führerbild kreisenden Ionenbahnen ein, denn Fotos sind nicht toter Abklatsch, sondern elektromagnetische Reflexe der Wesenseinheit des Abkonterfeiten, wie die Pendelwissenschaft längst nachweisen konnte. Außerdem kam hier noch hinzu, daß Adolf Hitler selbst das Pendel von Männern des Volkes in Empfang genommen und mit genialer Einfühlungsfähigkeit erfolgreich gyromantisch gearbeitet hatte – von Seiten des Führers war also kein störender Einfluß zu befürchten.
    Nach jedem Schwingungsgang ließ Höllriegl das Lot kurze Zeit in der Innenfläche der linken Hand aufsitzen, eine schnelle, fast mechanische Prozedur. Der Griff bezweckte, störende Odansammlungen aus dem Pendelkörper abzuleiten. Diesmal mußte mit allen Sicherheiten vorgegangen werden, es galt einem großen Wagnis!
    Das Pendel verhielt sich seltsam. Als Indikator von Seele und Geist war es dem feinfühligen Werkzeug gegeben, universell alles anzuzeigen, was von ihm verlangt wurde. Höllriegls Verlangen war nun, zu sehen, wie der gewaltigste Mann, den die Erde je getragen hatte, dem herrlichsten Weib, das es gab, seinen Willen aufzwang. Des Führers titanischer Wille mußte sich das Fleisch der Amazone Untertan machen.
    Der Gyros erzitterte unter dem Ansturm gegensätzlicher Mächte. Wirbelnde Kreise, zuerst im Sinne des Uhrzeigers – dann kurz die Vertikale, auf Höllriegls Herz gerichtet. Nach wenigen Umschwüngen die Waagrechte, also Verneinung. Und wieder der Zirkel, dieses Mal rückläufig. Eigentlich hätte diese Figur Höllriegl befriedigen müssen, weil das Schwingungsfeld harmonisch abgeschlossen war – das Kreuzeszeichen war deutlich sichtbar gewesen. Die Waagrechte, in der Figur ungemein ausgeprägt, bedeutete Negation, Absage und – Verbot! Schwächlich dagegen die lotrechten Schwingungen: anscheinend mischte sich da Höllriegls Eros ein und stritt – lächerliches Unterfangen! – mit den Kräften, die von dem Bild ausgingen. Das Ganze mochte besagen: Ulla war ihm, Höllriegl, verwehrt; sie stand im Kreuzfeuer von Gewalten, die sich auf einer anderen Ebene abspielten. Das Verbotszeichen, auch Gefahr ankündigend, hatte er genau gesehen.
    Eine lähmende Stimmung überkam ihn, der Versuch ging trotzdem weiter. Mehrmals beschrieb das Pendel die gleichen Bahnen, und immer reiner, gewissermaßen entschlackt, zeigte sich die Kreuzesfigur, zuletzt schnell in ein Mal- oder Multiplikationszeichen übergehend. Wenn man dieses als das „andere Kreuz“, das Andreas-Kreuz, auslegte, so bedeutete

Weitere Kostenlose Bücher