Wenn das Dunkle erwacht (German Edition)
erwacht ist. Da warte ich lieber noch ein bisschen.“
Gregory trat einen Schritt auf sie zu und musterte sie aus seinen blassen Augen. „Sie hat uns immer noch nicht verraten, was sie mit dem zweiten Dark Marker gemacht hat. Ich könnte sie zum Reden bringen.“
„Nein! Nein, ich sage es euch.“ Sie kam unsicher auf die Füße. „Ich habe ihn versteckt, da, wo unser Grabungsteam sein Lager aufgeschlagen hatte. Ich wusste, dass ich beobachtet wurde, und ich wollte nicht riskieren, dass der Dark Marker gestohlen werden könnte.“
„Du erbärmliche kleine Lügnerin.“ Royce kam mit schnellen Schritten auf sie zu und schlug ihr mit dem Handrücken so fest ins Gesicht, dass sie beinahe wieder hingefallen wäre. Benommen schüttelte Saige den Kopf, dann bemerkte sie den metallischen Geschmack von Blut in ihrem Mund, der das Wesen in ihr in Unruhe versetzte.
„Euer Lager haben wir längst auf den Kopf gestellt und nichts gefunden. Ich gebe dir noch eine Chance, Saige. Sag uns, wo dieser Talisman ist, oder ich werde Gregory sehr glücklich machen und zulassen, dass er bekommt, was er will, seit er dich zum ersten Mal gesehen hat.“ Er senkte die Stimme, fast als wolle er ihr ein Geheimnis anvertrauen. „Das wird dich nicht umbringen, aber ich versichere dir, du würdest dir nichts anderes wünschen.“
Gregory lachte gehässig, sein breites Grinsen ließ keinen Zweifel daran, was er vorhatte. Saige musterte diese verkommene Kreatur und bemerkte seine heftige Erregung. Aufrecht und mit durchgedrücktem Rückgrat vor diesen beiden Bestien zu stehen war so unglaublich schwierig, denn eigentlich wollte sie sich zum Fötus zusammenrollen und auf Quinns Rettung hoffen.
Was ziemlich idiotisch ist, meinst du nicht? Schließlich bist du ihm gerade erst abgehauen.
Royce packte ihr Kinn mit seinen langen Fingern und zog ihr Gesicht zu sich heran, bis sie seinem wütenden Blick nicht mehr ausweichen konnte. „Das ist deine letzte Chance, Saige. Wo ist es?“
„Ich habe doch gesagt, es ist bei …“
Die Lüge erstarb auf ihren Lippen, als die Hand, die ihr Gesicht festhielt, sich plötzlich veränderte und ein scharfer, zischender Klang ihr in den Ohren dröhnte. Seine Knochen knackten, lange, furchterregende Klauen schossen aus seinen menschlichen Fingerspitzen hervor. „Du brauchst gar nicht zu hoffen, dass ich dir nicht die Eingeweide rausreiße, wenn du mich noch wütender machst. Ich will, dass die Kraft deines Merricks auf mich übergeht, aber noch mehr will ich den Code dieser verdammten Karten wissen. Wenn du mich noch einmal enttäuschst, wird mein Zorn über meine Wünsche triumphieren. Hast du mich verstanden?“
Sie blickte zur Seite und versuchte verzweifelt, einen Ausweg aus dieser Lage zu finden. In einiger Entfernung erblickte sie einen Haufen am Rand der Lichtung, unter einem Baum am Fluss, offenbar verrottender Abfall. Zunächst wusste Saige gar nicht, warum ihr Blick so gefesselt war. Sie hatte nur das Gefühl, dass dieser Haufen da irgendwie nicht hingehörte. Sie kniff die Augen zusammen, konnte den Blick nicht abwenden, und auf einmal erkannte sie die schreckliche, unerträgliche Wahrheit.
Ein blutbedeckter Fuß ragte aus dem Haufen alter Klamotten und anderer Dinge heraus – die anderen Dinge, erkannte sie jetzt, waren Leichenteile. Vor plötzlich aufsteigendem Ekel bekam sie keine Luft mehr. Royce zog seine monströse Hand zurück, und sie beugte sich vor, legte die Hände auf die Knie und hatte das Gefühl, sich gleich übergeben zu müssen.
Gregory ließ ein grausames Lachen hören. „Saige, darf ich dir Paul Templeton vorstellen? Oder wenigstens das, was von ihm übrig geblieben ist.“
„Großer Gott“, stöhnte sie und zwang sich, nicht noch einmal zu dem Leichenhaufen zu blicken. „Wieso habt ihr ihn nicht verbrannt wie die anderen?“
Royce packte ihren Arm und riss sie wieder hoch. „Wovon redest du da? Was für andere?“
„Die Leichen von Javier und seinen Brüdern waren total verkohlt. Warum konntet ihr das nicht auch mit Templeton machen? Warum müsst ihr ihn … so daliegen lassen?“
An Royce’ Schläfe trat eine Ader hervor und pochte, als er sie losließ und sich Gregory zuwandte. „Du weißt, was das bedeutet, oder?“
„Das bedeutet gar nichts.“ Gregory hob gleichgültig die Schultern.
Herausfordernd schritt Royce auf den anderen Mann zu, seine Stimme zitterte vor Wut. „Westmores Männer beobachten uns. Nach dem Desaster, das dein Bruder angerichtet
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