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Wenn das Glück dich erwählt

Wenn das Glück dich erwählt

Titel: Wenn das Glück dich erwählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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bemühte, Fuß zu fassen. Es wurde allmählich dunkel, die täglichen Arbeiten waren verrichtet, und Evangeline war am Herd beschäftigt, wo sie in einem Topf mit Bohnen rührte und ab und zu nach dem Maisbrot sah, das im Ofen garte.
    »Er ist wieder da, Mama! Und er hat das gefleckte Pferd mitgebracht!«
    Auf Abigails frohe Ankündigung hin wirbelte Evangeline so schnell herum, dass sie fast den Suppenlöffel fallen ließ. Sie legte ihn rasch nieder, atmete tief durch und strich ihr Haar und ihre Röcke glatt. Sie hatte ein heißes Bad genommen, nachdem sie aus der Scheune zurückgekommen war, und ihr bestes Kleid aus weichem grünen Wollstoff angezogen, obwohl sie natürlich niemals zugegeben hätte, dass sie all das nur für Scully tat. Nein, sie wollte nur gepflegt und sauber sein, wie es sich für eine anständige Frau gehörte.
    Warum war ihr dann plötzlich so, als müsse ihr Herz vor lauter Aufregung zerspringen?
    »Natürlich hat er das Pferd mitgebracht«, erwiderte sie ein bisschen ungeduldig. »Du liebe Güte, Abigail, komm sofort von der Kante herunter! Du wirst noch fallen und dir einen Zahn abbrechen.«
    Murrend ließ Abigail sich auf die Matratze herab, aber ihre Augen glänzten, und ihr Gesicht strahlte vor Freude. Am liebsten wäre sie zur Tür gelaufen, das konnte Evangeline sehen. Aber scheinbar wusste sie, dass ihre Mutter es ihr verbieten würde. »Ich wette, Scully nimmt mich gern einmal auf diesem großen Pferd mit, wenn ich ihn darum bitte.«
    Sie hatte vermutlich Recht, aber die Vorstellung war Evangeline nicht angenehm. Was sie anging, so waren Pferde unberechenbare Kreaturen, zu groß, zu unruhig und mithin gefährlich.
    »Darf ich hinausgehen und Scully helfen, den Hengst zu versorgen?«
    »Nein«, erwiderte Evangeline, aber diesmal schon ein wenig sanfter. »Es wird schon dunkel, und es ist sehr kalt. Und sag jetzt nicht, du müsstest, junge Dame, denn du warst erst vor einer halben Stunde auf dem Klosett.«
    Abigail setzte sich mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf auf die Matratze und ließ die Beine baumeln. Sie sah so enttäuscht aus, dass Evangeline beinahe nachgegeben hätte und selbst mit ihr zur Scheune hinausgegangen wäre. Denn auf ihre Weise war sie genauso begierig, Scully wiederzusehen, wie ihre Tochter.
    Das Kätzchen kletterte auf dünnen, ungeschickten Beinen auf den Schoß des Kinds und miaute kläglich, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Abigail streichelte es geistesabwesend und schaute immer wieder verstohlen zu Evangeline hinüber. Aber ihre Mutter blieb unnachgiebig und warf sogar einmal einen raschen Blick auf Big Johns Bild auf dem Kaminsims, um sich die Lage der Dinge in Erinnerung zu rufen.
    Nach einer Weile, die ihnen wie eine kleine Ewigkeit erschien, hörten sie endlich Scully draußen auf der kleinen Veranda vor der Tür, wo er den Schnee von seinen Stiefeln klopfte. Er kam herein, eine bunte Blechdose unter einem Arm und einen Stock mit aufgespießten Fischen in der anderen, und nickte grüßend Evangeline und dann auch ihrer Tochter zu.
    »Scully, Scully!«, schrie das kleine Mädchen, als ob es jemand anderen erwartet hätte, jemand, der ihr längst nicht so willkommen war wie er. Aufgeregt krabbelte sie zur anderen Seite der Matratze und sprang auf, worauf das arme Kätzchen sich erschrocken unters Bett verzog. »Es war gestern ein Indianer hier, und Mama hat ihm eine Decke und ein Huhn und Eier und eine Kanne Milch geschenkt!«
    Scully legte den Fisch und die Blechdose auf den Tisch, den Evangeline schon sauber geschrubbt hatte für das Abendessen, nahm Abigail auf den Arm und starrte betroffen ihre Mutter an. »Was?«
    »Er war harmlos«, versicherte Evangeline, nahm mit einem missbilligenden Blick den Fisch vom Tisch und legte ihn in eine Schüssel. »Er wollte nur etwas zu essen, das war alles.«
    »Mama war sehr tapfer. Sie hat mir und Hortense befohlen, in der Scheune zu bleiben, und das haben wir dann auch getan. Sie hatte dein Gewehr und zwang den Indianer damit, voranzugehen, den ganzen Weg zum Haus hinüber.«
    »Sie haben ihn ins Haus gelassen?« Es klang mehr entsetzt als ärgerlich.
    »Natürlich nicht«, erwiderte Evangeline. Auch ihr Ärger erwachte nun langsam. Sie wusste aber nur zu gut, dass es Scullys Gegenwart und sein Effekt auf sie war, was sie irritierte, und nicht, was er gesagt hatte. Es war nicht richtig, sich so über das Wiedersehen mit ihm zu freuen, aber so war es nun einmal; sie konnte es nicht ändern. Gott

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