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Wenn das Glück dich erwählt

Wenn das Glück dich erwählt

Titel: Wenn das Glück dich erwählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Dringend.
    Als habe er ihre Gedanken erraten, sagte Scully, ohne sich zu ihr umzudrehen: »Ich werde Ihnen den Rücken zukehren, solange es nötig ist.« Er sprach ein wenig lauter, damit sie ihn verstand, und ein leises Lachen klang in seiner Stimme mit.
    Das löst zumindest eins meiner Probleme, dachte Evangeline. Sie hatte seit Monaten keinen frischen Fisch gegessen, und der verlockende Duft, der aus der Pfanne kam, war mächtiger als ihr Schicklichkeitsgefühl. Sie stand auf, nachdem sie Hortense vorsichtig beiseitegeschoben hatte, und zog sich hastig an. Seinem Wort getreu, blieb Scully mit dem Rücken zu ihr stehen; sie ließ ihn keine Sekunde aus den Augen, um ganz sicherzugehen, während sie sich anzog.
    Als sie endlich vollständig bekleidet war und ihr Haar aufsteckte, räusperte sie sich. »In Ordnung«, sagte sie so förmlich, als befänden sie sich in irgendeinem eleganten Salon im Osten und seien im Begriff, den Nachmittagstee einzunehmen. »Sie dürfen sich jetzt umdrehen.«
    Scully lachte, nahm die Platte mit dem gebratenen Fisch aus dem Backofen und stellte sie auf den Tisch. Seine Belustigung verblasste jedoch, als er Evangeline ansah; es war, als hätte sie sich ganz unerwartet irgendwie verändert und gäbe ihm ganz neue Rätsel auf.
    Beide schwiegen, als sie aßen, und hörten Abigail zu, die während der gesamten Mahlzeit unablässig redete. Gut, dass wir sie haben, dachte Evangeline.
    »Es weht ein Chinhook-Wind«, plapperte sie. »Scully sagt, er sei warm wie im Frühling, aber darauf dürfe man sich nicht verlassen, weil ein harter Winter uns erwartet. Die Raupen haben Wolle dieses Jahr.«
    »Chinook«, korrigierte Scully die Kleine freundlich und meinte das für sie unverständliche Indianerwort shinook.
    »Der Fisch ist köstlich«, sagte Evangeline, weil sie etwas sagen musste. Ganz gleich, ob Wölfe oder Indianer, bewaffnet oder unbewaffnet, sie war fest entschlossen, zum Klosett hinauszugehen, sobald sie ihre Mahlzeit beendet hatten. Denn sonst würde ihre Blase platzen.
    Daheim im Osten, an Orten wie Philadelphia, Boston und New York, gab es Leute, die eingebaute Bäder hatten. Evangeline beneidete sie von ganzem Herzen in jenen unbehaglichen Minuten.
    »Danke«, erwiderte Scully so viel später, dass Evangeline sich im ersten Moment gar nicht daran erinnerte, dass sie ihn für den leckeren Fisch gelobt hatte.
    Sie entschuldigte sich, sobald es ging.
    Den ganzen Morgen lang blies dieser ungewöhnlich warme Wind, und Schnee rutschte in glänzenden Platten vom Dach des Blockhauses und der Scheune. Der gefrorene Boden taute auf, und unter dem Gras stieg ein Geruch nach feuchter Erde wie im Frühling auf. Abigail ritt im Kreis auf Sugarplum, und Scully, der die kleine Stute an der Leine führte, erklärte ihr, was sie zu tun hatte, und korrigierte ihre Haltung auf dem Pferd. Evangeline, die das gute Wetter nutzen wollte, brachte Bettlaken und Decken hinaus ins Freie und breitete sie über Sträuchern aus, damit sie in der Sonne und im Wind auslüfteten. Die Tür und alle Fenster des Hauses standen offen, und sie hatte sich heute sogar bis zu den Obstbäumen auf dem nahen Hügel vorgewagt.
    Sie waren natürlich nackt und kahl, aber größer, als sie anfänglich vermutet hatte. Sie schaute sich mehrere genauer an - es waren zweiundzwanzig insgesamt - und blieb dann oben auf dem Hügel stehen, um zu beobachten, wie Scully Abigail das Reiten lehrte.
    Er war sehr geduldig, und die kleine Stute war es auch. Abigail war im siebten Himmel; ihr entzücktes Lachen schallte zu Evangeline hinauf wie das Läuten einer fernen
    Kirchenglocke, und die Kleine winkte ihrer Mutter begeistert zu.
    »Sieh mal, Mama!«, schrie sie. »Sieh mir zu!«
    Evangeline hatte Angst um ihre Tochter, aber sie ließ es sich nicht anmerken. Abigail würde hier im Westen aufwachsen, und deshalb war es wichtig, dass sie reiten lernte. Es wäre unfair, ihrer Tochter wegen ihrer eigenen Angst vor Pferden die Freude über ihre Fortschritte zu nehmen. Und deshalb tat sie so, als applaudierte sie, und lächelte, als sie den Hügel zum Haus hinunterstieg.
    »Und jetzt reitest du, Mama«, sagte Abigail.
    Evangeline wollte gerade widersprechen, als sie den sich bewegenden Wulst unter Scullys Wollhemd sah. Verwirrt kniff sie die Augen zusammen.
    Scully lachte. »Hortense«, erklärte er, und da spähte auch schon ein kleines Gesicht zwischen den Knöpfen seines Hemds heraus. »Das Kätzchen will stets dabei sein, genau wie Abigail hier,

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