Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn das Glück dich erwählt

Wenn das Glück dich erwählt

Titel: Wenn das Glück dich erwählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
Vom Netzwerk:
und schlug sie krachend an die Innenwand.
    Evangeline hastete über die kleine Veranda und das glitschige braune Gras auf die dunkle Silhouette des Mannes und des Pferdes zu. Als sie näher kam, sah sie den Pfeil, der aus Scullys rechter Schulter ragte. Es gelang ihm, sich im Sattel aufzurichten, aber selbst in der zunehmenden Finsternis konnte Evangeline erkennen, dass er leichenblass war und sich vor Schmerzen auf die Lippen biss.
    »Ich habe den Truthahn«, sagte er und ließ einen ziemlich großen Vogel auf den Boden vor Evangelines Füßen fallen.
    »Zum Teufel mit dem Truthahn!«, rief sie. »Sie sind verletzt. Sitzen Sie ab, falls Sie es können, und ich helfe Ihnen ins Haus.«
    »Ich muss das Pferd noch versorgen«, sagte er.
    »Seien Sie nicht albern. Sie könnten jeden Augenblick ohnmächtig werden. Steigen Sie um Himmels willen ab, bevor Sie stürzen und alles nur noch schlimmer machen!«
    Er lachte grimmig. »Wollen Sie nicht wissen, was geschehen ist?«
    »Es ist mehr als offensichtlich, was geschehen ist«, erwiderte Evangeline schroff.
    »Ich hatte eine Auseinandersetzung mit einem Indianer, der diesen dummen Vogel dort für sich beanspruchte«, berichtete er, als ob sie nichts gesagt hätte. »Er war ausgesprochen uneinsichtig, vor allem, wenn man bedenkt, dass er bereits drei von diesen Vögeln hatte.« Stöhnend saß er ab und schwankte ein wenig, als seine Füße den weichen Grund berührten. Der Pfeil steckte tief in seinem Fleisch, und Evangeline konnte jetzt auch das Blut auf dem Rücken seiner Jacke und auf dem Sattel sehen.
    Sie versuchte, ihn zum Haus zu ziehen, aber er wehrte sich und war noch immer stark genug, um zu gewinnen.
    »Nein«, sagte er, während er schwankend auf die Scheune zuging. »Ich will nicht, dass Abigail es sieht. Es würde sie zu Tode erschrecken.«
    »Wie wollen Sie es vor ihr verbergen, Scully? Indem Sie im Heuschober übernachten?«
    Der Hengst, der seinen großen Kopf nervös von einer Seite zur anderen warf, trottete ihnen langsam nach. »Sie können den Pfeil herausziehen und das Pferd versorgen. Er verdient eine Extraportion Hafer nach diesem Tag.«
    Trotz ihrer Erfahrungen mit Verwundeten im Krieg wurde Evangeline ein bisschen übel bei der Vorstellung, den Pfeil aus Scullys Fleisch zu ziehen, obwohl sie keine Sekunde daran zweifelte, dass sie es schaffen würde. Von den zwei Aufgaben, die sie jetzt erwarteten, beunruhigte sie wahrscheinlich mehr die Frage, ob sie mit dem Pferd zurechtkam.
    Im Stall ließ Scully sich auf einer umgedrehten Kiste nieder, während Evangeline Streichhölzer suchte und eine Lampe anzündete. Bessie, die Kuh, die längst gemolken hätte werden müssen, muhte unglücklich.
    Evangeline ignorierte das Tier und untersuchte im Schein der Lampe die Verletzung in Scullys Schulter. Der Pfeil war fast ganz hindurchgedrungen; als sie die Haut über seinem rechten Schulterblatt abtastete, spürte sie die Spitze unter der Haut. »Das wird wehtun«, warnte sie.
    »Das hatte ich mir bereits gedacht, Ma'am«, versetzte Scully grimmig.
    Sie beugte sich vor, legte sanft die Hände um seine Wangen und schaute ihm in die Augen. »Tun Sie, was Sie wollen, Scully, aber verlieren Sie mir bloß nicht das Bewusstsein, weil ich nicht imstande wäre, Sie ins Haus zu tragen.«
    »Ich werde mich bemühen«, versprach er grinsend. Sie konnte es nicht fassen. Er hatte einen Pfeil in seiner Schulter, der ihm furchtbare Schmerzen bereiten musste, und trotzdem grinste er. »Versorgen Sie zuerst das Pferd, ja? Bitte.«
    Evangeline war so abgelenkt, dass sie vergaß, sich vor dem Hengst zu fürchten, als sie ihm den blutbefleckten Sattel abnahm, ihn in eine Box führte und den Futtertrog mit Hafer füllte.
    »Gut«, sagte sie, nervös und auch ein wenig ärgerlich, als sie zu Scully zurückkehrte, der nach wie vor auf seiner Kiste saß. »Sind Sie jetzt zufrieden?«
    »Nicht ganz«, antwortete er. Das Grinsen wurde allmählich schwächer, aber es war noch immer da.
    »Vergessen Sie es nicht«, mahnte Evangeline. »Sie haben versprochen, nicht das Bewusstsein zu verlieren.«
    »Ich werde daran denken«, erwiderte er. »Tun Sie es, Eve. Bringen Sie es hinter sich.«
    Sie nickte und schickte ein stummes Stoßgebet zum
    Himmel auf, bevor sie fest eine Hand um den Pfeilschaft schloss und ihn in seiner ganzen Länge durch Scullys Schulter stieß. Er zuckte zusammen, als die Spitze ihm das Fleisch zerfetzte, schloss die Augen und atmete einige Sekunden lang tief durch, als

Weitere Kostenlose Bücher