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Wenn das Glück dich erwählt

Wenn das Glück dich erwählt

Titel: Wenn das Glück dich erwählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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schroffer Stimme.
    Sie hätte nichts lieber getan, als seine Stirn zu küssen - oder, möge Gott ihr beistehen, seinen Mund -, und wenn Abigail nicht zugesehen hätte, wäre sie der Versuchung vielleicht sogar erlegen.
    »Gute Nacht, Scully«, sagte sie leise.
    Er nickte, erschöpft von der überstandenen Anstrengung, und schloss die Augen, aber es dauerte noch eine Weile, bis Evangeline aufstand und zum großen Bett ging, um die blutigen Laken abzuziehen. Da es in diesem schlichten Haushalt keine weiteren Laken gab, improvisierte sie und benutzte Woll-und Daunendecken, um die Matratze zu beziehen. Als sie Abigail zu Bett gebracht hatte - nachdem die Kleine sich brav gewaschen, ihre Zähne geputzt und ihr Abendgebet gesprochen hatte -, legte Evangeline noch Holz im Herd und im Kamin nach, damit das Feuer über Nacht nicht ausging.
    Die Holzvorräte wurden langsam knapp, und sie wusste, dass sie am nächsten Morgen Wasser aus der Quelle holen musste, noch bevor sie die Arbeiten erledigte, die sonst Scully zufielen. Aber all das machte ihr nichts aus - tatsächlich gab es nur eins, was sie sich wünschte und erhoffte: dass Scully morgen früh erwachen möge.
    Abigail schlief beinahe sofort ein, und Evangeline versuchte, es ihr nachzutun, aber sie musste immer wieder daran denken, wie der Pfeil aus Scullys Schulter ragte und das Blut aus der Wunde strömte. Großer Gott, er hatte so viel Blut verloren! Es war ein wahres Wunder, dass er es überhaupt zur Ranch zurückgeschafft hatte, anstatt irgendwo dort draußen allein im Wald zu sterben.
    Aus der Richtung, wo die Obstbäume standen, erklang das einsame Heulen eines Wolfs. Vielleicht war es der große Schwarze, der immer irgendwie ganz in der Nähe zu sein schien - oder zumindest kam es Evangeline so vor. Ohne zu erwachen, rutschte Abigail näher an sie heran und griff nach ihrer Hand.
    Evangeline sprach beruhigend auf die Kleine ein und hoffte, dass der schaurige Anblick von Scullys Wunde Abigail nicht bis in den Schlaf verfolgte. Sie würde jedenfalls davon träumen, dessen war sie sich ganz sicher.
    Als es Zeit wurde, das Feuer zu schüren und Holz nachzulegen, war Evangeline noch immer hellwach und starrte zur Zimmerdecke auf. Sie stand auf, lief auf bloßen Füßen über den kalten Boden und beugte sich über Scully. Er atmete ruhig, und als sie seine Stirn berührte, konnte sie kein Fieber spüren.
    Sie sprach ein rasches Dankgebet und ging zum Herd hinüber, wo sie so leise wie möglich mit einem Schürhaken die Glut belebte und mehrere Scheite des kostbaren trockenen Brennholzes nachlegte.
    Als der Herd wieder spürbare Wärme ausstrahlte, ging sie zum Kamin und wiederholte den ganzen Vorgang noch einmal. In stiller Anerkennung blieb sie noch einen Moment stehen, sah zu, wie die Flammen die nachgelegten Holzscheite beleckten, und freute sich über das ermutigende Prasseln und die anheimelnde Wärme, die vom Kamin ausging.
    Als sie sicher sein konnte, dass das Feuer nicht mehr ausgehen würde, kehrte sie zurück ins Bett, wobei sie im Dunkeln fast über Hortense gestolpert wäre. Es dauerte eine Weile, bis Evangeline einschlief, aber als sie erwachte, war es eiskalt in der Küche, und sie hörte die Ofendeckel klappern. Abigail?
    Fröstelnd richtete Evangeline sich auf. Abigail lag schlafend neben ihr in den Daunendecken, das Kätzchen fest im Arm. »Scully?«, wisperte sie. Sie hatte damit gerechnet, dass er die Nacht überleben würde; aber sie hatte nicht gewagt zu hoffen, dass er schon bei Tagesanbruch auf den Beinen sein würde. Es gab Dinge, die man nicht verlangen konnte, nicht einmal von Gott.
    »Schlafen Sie weiter«, forderte er sie leise auf.
    Evangeline hatte sich noch nie gern etwas befehlen lassen. Sie schlug die Decke zurück, obwohl es so kalt war, dass sie ihren eigenen Atem sehen konnte, und lief über den eisigen Boden. »Was tun Sie da, Scully?«
    »Ich versuche, das Feuer wieder in Gang zu bringen«, antwortete er. Er klang grimmig, was kein Wunder war. Im ersten grauen Licht des Morgens wirkte er so blass und durchsichtig wie ein Gespenst. »Verdammt, Evangeline, hören Sie eigentlich nie auf jemanden?«
    Sie nahm seinen Arm und führte ihn zurück zu seiner Liege. »Nur wenn es vernünftig ist, was Sie mir sagen«, erwiderte sie ruhig. »Sie sind hier derjenige, der im Bett sein sollte. Sie wären gestern Nacht beinahe gestorben, falls Sie das vergessen haben sollten.«
    »Das war gestern Nacht«, brummte er. Aber er streckte sich auf der

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