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Wenn das Herz im Kopf schlägt

Wenn das Herz im Kopf schlägt

Titel: Wenn das Herz im Kopf schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechtild Borrmann
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formieren sich Schäfchenwolken. Eine kleine Herde, die gemächlich in der Ferne grast.
    Auf dem Weg zurück zum Hof knurrt sein Magen wie ein misstrauischer alter Köter.
    Du hast ihn angerufen und ihn bestellt. Du hast ihn angerufen und dich am Hochsitz mit ihm verabredet, nicht wahr? Was hattest du gegen ihn in der Hand? Was hattest du für ihn in der Hand?
- 22 -
    Großen Mittagstisch bietet sie noch nicht an. Im Sommer, wenn die Fahrradtouristen unterwegs sind und sie die Tische unter der großen Kastanie aufgestellt hat, kommt ein bisschen was rein. Aber von September bis Mai ist da nichts zu verdienen.
    Die Aufregung des Vormittags hat sich gelegt. Die Mannsbilder sind nach Hause. Mittagessen und anschließend auf die Couch. Jörg ist der Letzte.
    »Wo ist Ludwig?«, sie poliert geschäftig an einem Bierglas, »warum kommst du alleine zum Frühschoppen?«
    »Mensch, Ruth«, er starrt in das Goldgelb seines Bieres. »Vater ist vollkommen fertig. Sie waren ja zerstritten, aber so was wünscht man doch seinem ärgsten Feind nicht.«
    Der Fremde in Jeans und feinem Rollkragenpullover steht plötzlich in der Türe. Sie will schon sagen: Ich mache jetzt zu, aber da fällt ihr der Kessel mit dem Kaffee wieder ein. Gut drei Liter sind da noch drin, und vielleicht kann sie ja noch eine Tasse verkaufen. Vielleicht sogar ein Kännchen.
    »Oh, Entschuldigung. Sie wollen sicher schließen.«
    »Nein, nein!«, beeilt sie sich. »Ein bisschen Zeit ist noch.«
    »Kann man auch was zu essen bekommen?«
    Eine angenehme Stimme hat der und freundliche blaue Augen hinter der Nickelbrille. »Gulaschsuppe«, bietet sie an. Morgen hat sie Ruhetag, und bis Dienstag wird ihr die sauer. Was anderes wäre ihm lieber. Das sieht sie ihm an.
    Er nickt. »Ja, gerne. Und eine Tasse Kaffee bitte.«
    Jörg trinkt seine letzte Pfütze Bier und klopft dreimal mit dem Glasboden auf den Bierdeckel. »Bis dann, Ruth. Ich haue ab.«
    Der Fremde zieht sich einen Barhocker zurecht und setzt sich. Sie verschwindet nach hinten, setzt die Gulaschsuppe auf und füllt eine Tasse Kaffee ab. Wegschmeißen kostet 4,20 Mark, verkaufen bringt 4,20 Mark. Macht unterm Strich 8,40 Mark.
    Als sie ihm die Tasse hinstellt, lächelt er sie dankbar an. »Gietmann hat doch sicher auch hier verkehrt?«
    »Wer sind Sie?« Sie sieht ihn herausfordernd an. So eine ist sie nicht. Zu ihr kann man nicht einfach kommen und neugierige Fragen stellen.
    Er greift in seine Gesäßtasche und reicht ihr den Ausweis.
    Peter Böhm
steht da.
Kriminalpolizei
. Sie gibt ihm die Karte zurück. »Verhören Sie mich jetzt?«
    »Nein, aber ich sammle Informationen. Ich versuche mir ein Bild zu machen, wie Werner Gietmann gelebt hat.« Wieder lächelt er freundlich.
    »Ihre Suppe ist fertig!« Sie geht in die Küche, rührt mit der Kelle mehrmals um und löffelt die dunkelbraune Flüssigkeit in die Suppentasse. Das hat man nun von seiner Gutmütigkeit. Da gibt man einem Kaffee und Suppe, und dann soll man ausgehorcht werden. Sie legt einen Löffel an und geht zurück ins Lokal. »Ja, der Gietmann war hier Gast, ein guter Gast sogar.« Sie stemmt ihre mageren Fäuste auf die Hüftknochen.
    »Werner Gietmann war ein Guter. Der hat keine Deckel gemacht, mir das Klo nicht vollgekotzt und keinen Ärger angefangen, wenn er mal einen über den Durst hatte. Und mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
    »Ihre Gulaschsuppe ist wirklich ausgezeichnet. In der Stadt kriegt man so eine kräftige Suppe nicht.«
    Sie nickt zufrieden. Davon versteht der jedenfalls was. »Ich setze die auch noch richtig auf, mit viel Fleisch. Kein Tütenoder Dosenkram.«
    »Kennen Sie Ludwig Lüders?«
    Sie nimmt die Hände aus den Hüften und wischt mit dem Spüllappen über die glänzenden Bleche der Theke. »Ja, natürlich. Hier im Dorf kennt jeder jeden. Ich meine die, die hier schon immer wohnen. Wieso fragen Sie?«
    »Ich dachte, dass Sie mir vielleicht den Weg erklären können.«
    »Ach so.« Erleichtert legt sie den Lappen zur Seite.
    »Wir haben Grund zu der Annahme, dass Gietmann wegen einer alten Geschichte umgebracht wurde. Sie kennen doch sicher alle alten Dorfgeschichten?« Böhm schiebt die leere Suppentasse zur Seite und zieht den Kaffee zu sich heran.
    »Hier gibt es solche Geschichten nicht! Hier gibt es Ärger wie überall. Die Jungen schlagen sich schon mal um eine Frau. Die Alten ziehen vor Gericht, wenn es um Ackerland oder Pachtverträge geht. Hier bringt man sich nicht um. Jedenfalls war das bisher nicht

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