Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn das Herz im Kopf schlägt

Wenn das Herz im Kopf schlägt

Titel: Wenn das Herz im Kopf schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechtild Borrmann
Vom Netzwerk:
üblich.« Sie greift nach seiner Suppentasse und stellt sie in die Durchreiche zur Küche. »Einen Mörder müssen Sie schon woanders suchen. Einen, der so was tut, haben wir hier nicht.« Sie versenkt die Hände im Spülbecken und zieht den Stöpsel heraus. Das Wasser läuft brodelnd und röchelnd in den Abfluss.
    So was tut hier niemand, und damals, da hat keiner was dafür gekonnt. Eigentlich war das ein Unfall. Und jetzt, nach all den Jahren, muss man da nicht rumkramen.
    Sie schaut demonstrativ auf die Uhr neben der Kasse.
    Böhm trinkt die bittere Flüssigkeit aus. »Ich zahle dann.«
    »Sechszwanzig!«
    Er legt sieben Mark auf den Tresen.
    »Würden Sie mir noch erklären, wie ich zum Lüdershof komme?«
    »Auf dem Lüdershof wohnt Gerhard Lüders. Der Alte – Ludwig Lüders – wohnt auf dem Behrenshof.«
    »Behrenshof?« Böhm zieht die Augenbrauen hoch.
    Wie ein Bussard, geht es ihr durch den Kopf. Wie ein Mäusebussard, der Beute entdeckt hat. Der mit kleinen, schnellen Flügelschlägen am Himmel steht und auf seine Gelegenheit wartet. Warum redet sie auch so unbedacht.
    »Und wo wohnt Behrens?«
    Sie schluckt. »Die alte Behrens ist vor gut einem Jahr gestorben.«
- 23 -
    Der kleine Hof wird nur bewohnt. Die Scheune ist ohne Tor und dient als Unterstellplatz für Auto, Anhänger, Fahrräder und Schubkarre. An der linken Wand, unter einer Plane, zeichnen sich Autoreifen ab. Rechts der Scheune, bis weit hinter das Wohnhaus, erstreckt sich eine Wiese mit alten Obstbäumen.
    Der Mann steht plötzlich hinter ihm. »Kann ich was für Sie tun?«
    Böhm stellt sich vor und mustert ihn freundlich. Das dünne, blonde Haar ist sorgsam über die kahl werdenden Stellen gekämmt. Der Acrylpullover in Rauten aus verschiedenen Braun- und Rottönen endet ohne einen wirklichen Kragen unter dem Doppelkinn. Der Oberkörper wirkt fest. Darunter schiebt sich ein Bauch vor, der die Maschen des Pullovers auseinander zieht und aus den Rauten Quadrate macht.
    »Ihr Kollege war schon hier. Wir haben nichts gehört!« Er spricht mit monotoner Stimme. Seine Arme baumeln nutzlos neben seinem Körper.
    »Oh ja. Manchmal kommen wir wieder, weil sich neue Fragen ergeben. Sie haben eine sehr schöne Obstwiese, Herr Lüders. So eine hätte ich auch gerne. Sie sind doch Herr Lüders?«
    Der andere nickt unmerklich. »Gerhard Lüders.« Er macht keine Anstalten, Böhm ins Haus zu bitten.
    »Sie bewirtschaften den Hof nicht. Was arbeiten Sie?«
    »Die Felder werden von meinem Bruder mitbewirtschaftet. Ich arbeite in der Genossenschaft.«
    »Ludwig Lüders. Ist das Ihr Bruder?«
    »Nein, mein Vater. Jörg lebt mit seiner Familie und unseren Eltern drüben.« Sein Kinn schiebt sich für einen kurzen Moment aus den Halsfalten hervor in Richtung Hügel.
    »Kannten Sie Gietmann?«
    »Ja.«
    Böhm zieht die Ärmel seines Pullovers hoch. Die Sonne hängt über dem Scheunendach. Dazwischen kriechen die Schäfchenwolken näher. »Was können Sie über ihn sagen? Wie war er?«
    »Er war ein Geschäftsmann. Ich hatte nicht viel mit ihm zu tun, nur in der Zeit, in der ich bei der Bank war. Fragen Sie meinen Vater, der kann Ihnen da mehr sagen.«
    Böhm horcht auf. »Sie waren bei der Bank? Warum haben Sie gewechselt?«
    Lüders wendet sich um einige Grad ab. »Sie finden es sowieso raus. Ich bin gekündigt worden. Ich habe bei einer Kreditvergabe die Sicherheiten nicht geprüft. Der Mann hat mich beschissen! Der Mann ist mein Vater.« Jetzt kommt Leben in seine Arme. Er fährt sich mit der linken Hand durchs Gesicht. Seine Stimme bekommt einen aggressiven Unterton. »Gehen Sie rüber und unterhalten Sie sich mit ihm. Den Gietmann hat er auch beschissen. Fragen Sie ihn.«
    Böhm scharrt mit seinem linken Fuß über den lehmigen Sandboden. »Wollen Sie damit sagen, dass Ihr Vater von Gietmanns Tod profitiert?«
    »Ich will gar nichts sagen.«
    »Ich würde gerne noch mit Ihrer Frau sprechen.«
    Lüders lacht bitter. »Meine Frau ist weg.« Er dreht Böhm den Rücken zu und geht auf das Haus zu.
    »Herr Lüders.«
    Er zieht den Seiteneingang auf. Die Tür fällt krachend ins Schloss.
    Böhms Magen zieht sich schmerzhaft zusammen. Meine Frau ist weg! Er geht zum Auto und wählt Brigittes Handy an.
    »The person you are calling ...«
    Er drückt die rote Taste und wirft das Handy auf den Beifahrersitz. Im Auto ist es stickig. Der Weg zum Behrenshof dauert keine zwei Minuten.

    Herrschaftlich thront der Hof auf einem Hügel. Die große, alte Eichentür

Weitere Kostenlose Bücher