Wenn das Herz im Kopf schlägt
zumindest eine Möglichkeit!« Joop kommt zum Schreibtisch. »Aber weißt du, woran ich kaue? Wieso gehen wir ganz selbstverständlich von einem Täter aus?«
Böhm rollt mit seinem Schreibtischstuhl zur Wand, lehnt sich zurück und legt die Füße auf die geöffnete untere Schublade seines Schreibtisches. Er streckt kurz den Arm aus, so als würde er dem jungen Kollegen das Wort erteilen.
»Guck mal. Die Anzeige wurde in Duisburg aufgegeben. Der Anruf aus der Telefonzelle. Am Hochstand hat eindeutig nur Gietmanns Wagen gestanden.« Joop geht zur Landkarte. »Von der Telefonzelle zum Hochstand sind es mindestens drei Kilometer.«
»Er kann seinen Wagen in der Nähe geparkt haben. In einem der geteerten Zugänge zu den Feldern, die über die Wassergräben führen. Aber grundsätzlich hast du natürlich Recht. Er telefoniert mit Gietmann. Seine Frau hat ausgesagt, dass er nach dem Anruf sofort losgefahren ist. Das heißt, wenn es nur einen Täter gibt, muss er ...«
Joop unterbricht ihn. »Gietmann hatte es etwas weiter, aber höchstens einen Kilometer. Wenn der Täter vor Gietmann am Hochsitz war, kann er das nicht zu Fuß gemacht haben.« Joop schiebt die Hände in die tiefen Taschen seiner Cordhose. »Maar ... vielleicht hatte er ein fiets?«
Böhm hebt den Kopf. »Ein Fahrrad!« Er nimmt die Füße von der Schublade und setzt sich aufrecht hin. »Keine schlechte Idee, Joop. Ein Fahrrad am Straßenrand. Das fällt niemandem großartig auf.«
Van Oss lehnt sich in den Türrahmen. »Ich habe Hunger! Können wir zusammen was essen gehen?«
»Joop.« Böhm beugt sich vor. »Ich weiß das Angebot wirklich zu schätzen, aber du musst dich nicht um mich kümmern.«
»Das weiß ich, aber ich finde es nie lecker, wenn ich alleine essen muss.«
»Was ist mit Janine?«
»Die ist bei ihren Eltern in Bonn. Papa hat Geburtstag!«
Böhm steht auf und zieht seine Jacke an. »Weißt du was? Ich habe zwei herrliche Rumpsteaks zu Hause, alle Zutaten für einen Tomaten-Mozzarella-Salat mit frischem Basilikum und Bier für dich und Wein für mich.« Er fährt den PC herunter.
Ja, jetzt hat er Lust, nach Hause zu fahren.
Montag, 12. März 2001
- 26 -
Der Verlag schickt ihr die Aufträge per E-Mail. Auf dem selben Weg liefert sie ihre Arbeiten ab. Wagner weiß um ihr Problem. Ich weiß Ihre Arbeit zu schätzen, hat er gesagt und diese Möglichkeit angeboten.
Sie schiebt die Zigarette in die Schachtel zurück. Fünf Uhr in der Frühe und schon ein halbes Päckchen.
Um neun Uhr kommt Margret. Einmal in der Woche kommt Margret, um mit ihr einzukaufen. Das schafft sie noch nicht alleine. Und selbst in Margrets Begleitung wird sie hinterher klatschnass geschwitzt sein.
Wieder greift sie nach den Zigaretten.
Nein!
Im Badezimmer hält sie die Unterarme unter kaltes Wasser. Wenn es doch gefrieren würde. Wenn es doch auf ihrer Haut gefrieren würde und den ganzen Körper mit einer dünnen Eisschicht überziehen könnte. Dann müsste die Hitze weichen. Diese Hitze, die pulsiert und knistert, wie zwei Stromkabel, die immer wieder mit blanken Enden aneinander geraten und Funken sprühen.
Sie muss lüften. Margret mag es nicht, wenn sie tagelang nicht lüftet. Mit nassen Unterarmen geht sie zum Badezimmerfenster, öffnet es, läuft auf den Flur und schließt die Tür ab. Den Schlüssel steckt sie in die Hosentasche. Ins Schlafzimmer. Um das zerwühlte Bett herum zum Fenster. Die Vorhänge zur Seite, die Flügel aufziehen und zurück auf den Flur. Den Schlüssel umdrehen und auch den in die Hosentasche. Sie geht in die Küche mit dem offenen Durchgang zum angrenzenden Wohn- und Arbeitszimmer.
Eine Stunde warten. Die Türen aufschließen, die Fenster zumachen und die im Wohnzimmer und der Küche öffnen. Dann eine Stunde im Schlafzimmer warten.
Sie wählt den Küchenstuhl gegenüber der Wanduhr und folgt dem Sekundenzeiger. Tik-Tak, Tik-Tak, Tik-Tak. Sechzig Sekunden, sechzig Minuten. Dreitausendsechshundert Sekunden.
Sie zieht die Füße auf die Sitzfläche des Stuhls und legt die Arme um die Knie. Ihre Jeans ist auf den Oberschenkeln fleckig. Das Sweatshirt hängt wie ein Sack um ihren knochigen Körper. Margret wird wollen, dass sie duscht und sich umzieht.
Oma hat an mich gedacht
.
Ihr Hass hat mich zur Erbin gemacht
.
Das Zifferblatt verschwimmt vor ihren Augen.
Die ist tot!
Sie blinzelt.
Quatsch nicht. Die hat nichts!
Sie springt auf. Eigentlich sind es noch zehn Minuten, bis die Stunde voll ist. Sie rennt auf den
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