Wenn das Herz im Kopf schlägt
Zahn ausgeschlagen. Wenn ich Anna nicht hätte, würde ich einfach davonlaufen
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Das Schreckliche ist, daß es ihm am nächsten Morgen – wenn er wieder nüchtern ist – unendlich leid tut. Am Freitag hat er geweint, als er mein zerschlagenes Gesicht gesehen hat. »Ich trinke nicht mehr«, schwört er dann. »Es wird nie wieder vorkommen!«
Am Samstag ist er in die Stadt gefahren und hat mir ein Bernsteinarmband geschenkt
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Die Schwiegermutter ist nun endgültig in den Kotten gezogen. Sie sagt, unsere ehelichen Auseinandersetzungen würden ihr den Schlaf rauben
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Heute morgen kam Lüders vorbei. Ich war im Gemüsegarten und habe Bohnen hochgebunden. Anna war bei mir. Er hat vor dem Kind seine Genitalien gerieben und gerufen: »Das gefällt mir gut, wenn du dich so bückst!«
Ich bin sofort ins Haus gegangen. Jetzt ist es einundzwanzig Uhr und Johann ist noch nicht zu Hause. Wenn er abends ab neunzehn Uhr nicht zu Hause ist, trinkt er im
Dorfkrug
und ich weiß, daß Lüders ihm erzählen wird, ich hätte mich ihm angeboten
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Margret, ich habe Angst, daß er mich in seinem Jähzorn irgendwann totschlägt
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Ich frage jetzt noch einmal, wie in meinen letzten drei Briefen: Kann ich – falls es hier nicht mehr geht – mit meinem Kind zu euch kommen?
Bitte, Margret! Ich freue mich über dein Glück, aber beantworte mir doch bitte in deinem nächsten Brief diese Frage
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Grüß mir ganz lieb deinen Mann
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Ich umarme dich!
Deine Schwester Magdalena
- 46 -
Sie hat hundertzwanzig Brötchen gekauft. Frederike hat gemeint, fünfzig bis sechzig Personen. Eigentlich mag sie solche ungenauen Angaben nicht, aber wenn es nur Suppe und belegte Brötchen gibt, kann sie das schon mal machen.
Mit flinker Hand schneidet sie die Brötchen auf und gibt sie an Lena weiter. Heute morgen um acht Uhr hat sie sie angerufen, und Lena ist sofort gekommen.
Zuverlässig ist die, und anpacken kann die. Ruth Holter weiß das zu schätzen und steckte ihr dafür manchmal einen Zehner extra zu. Solche Mädchen sind heute selten. Studiert Bildhauerei oder so, hilft bei ihr als Kellnerin aus und arbeitet bei Jansen. Bei dem wollte sie eigentlich nur ein Praktikum als Steinmetz machen, aber der Jansen hat schnell gemerkt, was er an ihr hat. Jetzt ruft er sie sogar an, wenn er Arbeit im Beerdigungsinstitut hat. Ob so was das Richtige für so ein junges Ding ist, da ist sie sich nicht so sicher. Aber Lena hat offenbar keine Probleme damit. Einmal hat sie zu ihr gesagt: Mensch Lena. Jansen hat sonst auch eine Aushilfe für das Beerdigungsinstitut beschäftigt. Das ist doch keine Arbeit für ein junges Mädchen.
Er bezahlt es gut, Frau Holter, hat sie geantwortet, außerdem finde ich es spannend.
Vor Lena hat sie eine Aushilfe gehabt, die den ganzen Tag nur mit ihrem Handy beschäftigt war und um jede Arbeit einen großen Bogen gemacht hat. Als sie dann zu einem Gast sagte: Sie müssen sich schon gedulden, bis ich fertig telefoniert habe, war Ruth Holter der Kragen geplatzt.
»Du musst, wenn alle da sind, einmal durchzählen. Ich habe mit Frederike verabredet, dass wir pro Person abrechnen.«
Lena bestreicht die Brötchenhälften mit Margarine und legt sie auf mit Salatblättern dekorierte Tabletts.
»Mit Käse und Aufschnitt belegen wir die, kurz bevor die Gäste kommen. Das ist dann schön frisch.« Ruth Holter geht in die Gaststube und schließt die Eingangstür auf.
»Soll ich die Tische im Saal stellen?« Lena trinkt ihren Kaffee aus.
»Warte gerade. Ich helfe dir. Wir stellen ein Hufeisen, dann kommst du beim Servieren überall gut ran.«
Lena schiebt die große Falttür aus braunem Kunstleder auseinander, die die Bierstube vom Saal trennt. Die Tische sind an den Seitenwänden aufgereiht. An der Stirnwand stehen gestapelte Stühle.
Sie haben die ersten beiden Tische in die Mitte gerückt, als die Eingangstür ins Schloss fällt. Ruth Holter erkennt ihn sofort. »Was ist denn jetzt schon wieder? Ich kann doch nicht den lieben langen Tag mit der Polizei vertrödeln. Ich habe doch zu tun.«
Wieder geht sie mit Lena zur Wand und trägt den nächsten Tisch an seinen Platz.
»Solange hier ein Mörder herumläuft, sollten Sie sich diese Zeit aber nehmen.« Böhm geht in den Saal und sieht sich um.
»Fragen Sie, wir stellen derweil die Tische.« Böhm lächelt sie an.
»Ich kann Sie auch einfach vorladen. Dann können Sie einen halben Tag auf dem Präsidium verbringen.«
»Wollen Sie mir drohen?« Ruth Holter stemmt die Fäuste in
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