Wenn das Herz im Kopf schlägt
die Hüften.
»Vielleicht! Ich werde nämlich langsam ärgerlich. Ich habe noch nie erlebt, dass angebliche Freunde der Opfer so wenig kooperativ sind. Hier scheint niemand an der Aufklärung der Verbrechen interessiert.« Böhms Bariton dröhnt in dem großen Raum.
Ruth Holter sieht ihn erschrocken an.
Böhm wendet sich an Lena. »Und wer sind Sie?«
Lena sieht unsicher zu Ruth Holter. Dann räuspert sie sich. »Lena Koberg. Ich arbeite hier als Aushilfe.«
»Wo wohnen Sie?«
»Im Sandweg. Das ist drüben im Neubaugebiet.«
Böhm mustert sie. »Habe ich Sie nicht schon mal gesehen?«
Sie zuckt mit den Schultern. »Nicht, dass ich wüsste!« Sie dreht sich um und geht zielstrebig auf einen Stapel Stühle zu.
Böhm wendet sich wieder an Ruth Holter.
»Wir können uns vorne unterhalten.« Sie geht in die Bierstube und setzt sich an einen der Tische.
Böhm nimmt ihr gegenüber Platz und beginnt, noch während er seinen Stuhl zurechtrückt. »Worüber haben Behrens und die anderen damals gestritten, bevor er nach Hause fuhr?«
Mahler hatte sie angerufen: Ruth, die Polente war hier. Die rühren in alten Kamellen. »Ich weiß es nicht. Die haben dort an dem Tisch gesessen«, sie zeigt auf den großen runden Holztisch in der Ecke, »und ich habe Ordnung gemacht. Hinter der Theke und in der Küche.«
»Wenn mehrere Leute miteinander streiten, wird es laut. Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie nicht mitbekommen haben, worum es ging.«
Ruth Holter hat die weiße Mitteldecke, die eigentlich die Mitte des Tisches ziert, zu sich herübergezogen und malt mit ihrem Daumennagel feine Linien hinein. »Ich habe es wirklich nicht mitbekommen.« Abrupt lehnt sie sich zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. »Aber eigentlich ging es bei diesen Streitereien immer um Magdalena Behrens. Sie nahm es nicht so genau mit der Treue, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
Sie beißt sich auf die Lippen. »Na ja, ich weiß ja auch nur das, was man sich so erzählte.«
»Und was erzählte man sich?«
»Sie war ziemlich hübsch, verstehen Sie. Und sie machte den Männern schöne Augen. Das erzählte man sich.«
»Und die Stammtischbrüder meinten, sie müssten das Behrens sagen? Obwohl sie wussten, dass er seine Frau schlagen würde?«
Ruth Holter schnappt nach Luft. »Das hat keiner gewusst. Niemand wusste, dass er seine Frau schlug.«
Böhm nickt zufrieden. »Doch! Alle Mitglieder des Stammtisches haben ausgesagt, dass sie das wussten.«
Sie beugt sich vor und schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Mein Mann hat das nicht gewusst.« Ihre Stimme überschlägt sich. »Mein Mann hat das bestimmt nicht ausgesagt!«
Böhm legt den Kopf zur Seite und sieht sie verständnisvoll an. »Doch Frau Holter!«
Wieder zieht sie mit ihrem Daumennagel feine Linien in die Tischdecke. Sie schiebt trotziges Schweigen zwischen sich und ihn.
Er wartet.
»Sie hat Johann Hörner aufgesetzt. Wenn man so was tut, muss man damit rechnen, dass es mal böse endet.« Trotzig reißt sie mit ihrem Nagel einen Schlussstrich.
Böhm traut seinen Ohren nicht. »Sie meinen, ein betrogener Mann hat das Recht, seine Frau zu schlagen?«
Sie schiebt die Lippen schmollend vor.
»Wissen Sie, wer den Grabstein für Magdalena Behrens in Auftrag gegeben hat?«
Sie sieht ihn irritiert an. »Bitte?«
»Sie haben schon richtig verstanden. Ich wüsste gerne, wer den Grabstein bestellt hat.«
Sie zieht die Augen schmal und scheint nachzudenken. »Die alte Behrens wollte von ihrer Schwiegertochter nichts wissen. Sie hat ihr ein Einzelgrab gegeben. Die wollte die nicht ins Familiengrab lassen und einen Stein wollte sie auch nicht bezahlen. Der Stammtisch hat die Kosten übernommen. Das weiß ich noch. Mein Mann hat fünfzig Mark bezahlt, und das war damals kein kleines Geld. Aber wer sich darum gekümmert hat?« Sie schüttelt den Kopf. »Ich weiß es wirklich nicht mehr. Lüders oder Jansen?« Sie schaut zum Fenster hinaus. »Den Sarg hat Mahler gemacht. Auf eigene Kosten. Dafür brauchte er sich an dem Stein nicht beteiligen. Fragen Sie am besten Jansen, der wird das wissen.«
»Wie nobel von den Herren. Ist das hier so üblich, dass man Beerdigungen bezahlt, mit denen man eigentlich nichts zu tun hat?«
Sie zuckt mit den Schultern. »Ach, was verstehen Sie schon? Sie haben es für Johann getan. Der war schließlich einer von ihnen.« Sie schiebt ihren Stuhl zurück, stützt sich mit beiden Händen auf der
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