Wenn das Herz im Kopf schlägt
das ... der Totenfeldgräber?«
»Der Friedhofsgärtner! Du meinst Friedhofsgärtner?«
Van Oss nickt bestimmt. »Genau, aber nicht nur das. Er ist auch der Bestatter und der Steinmetz. Er ist alles, was man braucht, wenn man stirbt. Toll, he. Er hat einen Supermarkt für Tote.«
Böhm legt seine Hand auf van Oss‘ Schulter und sieht ihm tief in die Augen. »Joop! Wer versorgt das Grab von Magdalena Behrens?«
»Niemand!«
Böhm tritt einen Schritt zurück. Seine Hand rutscht von Joops Schulter ins Leere. »Es ist nie jemand gesehen worden?«
»Nein!« Joop schiebt mit einer routinierten Geste seine blonden Locken in den Nacken. »Und es kommt noch besser: Das Grab ist erst seit ungefähr einem Jahr in diesem Zustand. Vorher war es völlig verwildert. Der Küster ... Moment«, Joop zieht einen Block aus der Jackentasche, »ein Herr Look sagt, der Grabstein sei zugewachsen gewesen. Hat keiner mehr gewusst, wer da liegt.«
Böhm starrt das Tor zum Friedhof an. Dann nickt er zufrieden. »Joop, kannst du mir einen Gefallen tun? Ruf über Funk im Präsidium an. Wir brauchen hier einen Mann, der das Grab im Auge behält. Einen in Zivil. Sag das sicherheitshalber dazu.«
Joop zupft Böhm am Jackenärmel. »Ähm ... warte! Mynheer Look hat auch gesagt, dass das Grab immer nachts hergerichtet wird. Oder besser ... wenn er morgens kommt, stehen frische Blumen da.«
»Gut, dann observieren wir selber ab siebzehn Uhr. Steeg, du und ich im Wechsel.«
Van Oss fasst sich theatralisch an die Stirn. »Oh shit!« Er tritt gegen die Friedhofsmauer. »Vielleicht habe ich es falsch verstanden ... ich meine, vielleicht können wir doch jetzt schon jemanden bestellen und die können auch die Nacht übernehmen, oder?«
Böhm grinst ihn an. Er dreht sich um und geht die Dorfstraße hinunter. Joop folgt ihm unwillig.
»Wir reden jetzt erst mal mit diesem Herrn Jansen, und dann sehen wir weiter.«
Van Oss macht ein paar schnelle Schritte und ist an Böhms Seite. »Wo gehst du denn hin?«
Böhm geht mit gleichbleibend schnellem Schritt weiter. »Zum Bestattungsinstitut. Ich will Jansen sprechen!«
»Der ist in der Kirche. Gleich kommt Gietmann in die Erde.«
Böhm bleibt stehen. »Sag das doch!«
Er dreht um und geht nun mit unverminderter Geschwindigkeit in die andere Richtung. In seiner Jackentasche trällert das Handy. Er zieht es im Gehen heraus.
»Ja!«
»Ich bin‘s. Wollte dir nur Bescheid sagen, dass ich jetzt schon zu Hause bin.«
Er vermindert sein Tempo. »Brigitte, ich kann jetzt schlecht ... Ich ...!«
Sie unterbricht ihn. »Schon gut, Peter. Ich bin hier. Mehr wollte ich nicht!«
- 48 -
Das kann er jetzt nicht gebrauchen. Diese rumschnüffelnden Bullen mit ihrer idiotischen Vorstellung von »Damals«. Der Langhaarige war ein Holländer. Soweit sind wir hier schon. Ausländer im Staatsdienst. Demnächst werden wohl auch noch Türken und Araber und wo die alle herkommen Polizisten und Finanzbeamte, und was weiß er nicht, was noch alles. Angst wollten die ihm machen, aber nicht mit ihm. Er lässt sich doch nicht von einem langhaarigen Holländer ins Boxhorn jagen. Wer immer Gietmann und Lüders auf dem Gewissen hat, an ihn soll der erst mal rankommen. Der wird sich noch umgucken, was ihm dann passiert.
Egal! Erst mal muss er das mit der Behrens in Köln jetzt regeln. Er greift zum Telefon und ruft die Auskunft an. Vier Anna Behrens gibt es in Köln.
Welche er denn haben möchte?
»Alle, verdammt noch mal.« Woher soll er denn wissen, wo genau die wohnt. »Warten Sie. Ich brauche was zu schreiben.« Er legt den Hörer auf den Beistelltisch, läuft in die Küche, holt einen Kugelschreiber und reißt ein Stück von der Tageszeitung ab. Zurück im Wohnzimmer blafft er »Ja, jetzt« ins Telefon.
Als er die Nummern notiert hat, fragt die Frau von der Auskunft, ob sie ihn mit einer der Nummern verbinden darf.
»Nein«, keift er ins Telefon.
Er wählt die erste Nummer.
»Entschuldigung, sind Sie die Anna Behrens aus Merklen?« Die Stimme am anderen Ende klingt alt.
»Aus wo?«
Er legt auf.
Die nächste Nummer. Das Freizeichen ertönt ... fünf, sechs ... Was, wenn sie nicht da ist? ... acht, neun ... Wenn sie arbeiten ist?
»Ja, bitte?«
Die Stimme klingt jünger.
»Bin ich verbunden mit Anna Behrens aus Merklen?«
Eine Pause entsteht. Er trommelt mit den farbverschmierten Fingern auf den Beistelltisch.
»Wer sind Sie?«
Sie ist es. Sie muss es sein. Er hat sich genau zurechtgelegt, was er sagen will.
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