Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila
kyrillisch codierten Liebesbekenntnissen, die sie mit der Inbrunst einer Achtklässlerin kunstvoll in die Deckplatte unseres Tisches ritzte.
Für so was hatte ich keine Zeit. Ich bemühte mich krampfhaft um Anschluss, rein verbal, versteht sich, denn mit Ivan Drago, dem gigantischen Soviet-Hünen aus Rocky, hatte hier im Kurs leider keiner irgendeine Ähnlichkeit. Ein Che-Guevara-T-Shirt war noch das Appetitlichste, was ich bislang hier erspäht hatte.
Nach sechs Monaten parlierten meine Kommilitonen stockend und ackerten sich weiter tapfer durch die Grammatik. Bei mir war unser Kursleiter schon hochzufrieden, wenn ich sinnige Sätze wie: »Я работаю в школе«, was so viel heißt, wie: »Ich arbeite in der Schule«, fehlerfrei aussprach.
Höchste Zeit für ein kurzes Halbjahresresümee. Fakt war: Mein Talent für Russisch war ungefähr so groß wie das für Klingonisch, meine Anwendungsmöglichkeiten waren genauso eingeschränkt. Hey, östlicher als Berlin hatte es mich ja auch noch nicht verschlagen.
Alexia hingegen quasselte, als hätte sie puren Moskovskaya in den Venen. Hoch motiviert paukte sie die Lektionen, für das Intensivlernprogramm war allerdings immer noch Yuri zuständig. Ich war frustriert. Und doof? Vielleicht, denn um ein arbeits- und zeitintensives Langzeitprojekt wie das Erlernen einer Fremdsprache tatsächlich durchzuziehen, brauchte man eine starke Motivation. »Och, ich lern mal eben Russisch …«, reichte da einfach nicht. Alexia war kommunikativ und hatte Sprachtalent, aber auch immer einen sehr guten Grund für ihr Engagement: Sie sprach Griechisch (weil Mama und Papa aus Thessaloniki stammten), trotzdem (oder wie sie meint, »selbstverständlich«) perfektes Deutsch, wunderbares Schul-Spanisch (man musste ja im Urlaub Anschluss finden), durchschnittliches Französisch (sie konnte ihren Franz-Lehrer einfach nicht ausstehen) und ein akzentfreies American English (Resultat einer jahrelangen On/Off-Beziehung mit einem heißen Musiker aus Chicago).
Ihr multikultureller Verkehr lohnte sich für Alexia tatsächlich. Sie wurde Fremdsprachenkorrespondentin, lebt heute im sonnigen Griechenland und ist beim größten Fetakäse-Hersteller zuständig für die Betreuung der Auslandskunden.
Ich knickte mein Russischprojekt und entdeckte meine Leidenschaft für Ungarisch. Die hieß Lazlo und dauerte immerhin fünf Jahre an.
Was lernen wir also daraus? Ganz genau! Egal was wir erreichen wollen: Nur wenn uns etwas wirklich wichtig ist, entwickeln wir auch die Energie, diese Sache volle Kraft voraus zu verfolgen und, ganz wichtig, dabei auch noch Spaß zu haben.
Der Psychologe Gary McPherson hat in einem Experiment herausgefunden, wie wichtig die gehörige Portion Herzblut ist, um ein gesetztes Ziel auch wirklich zu erreichen und nicht auf halbem Weg – oder noch früher – schlappzumachen. Er fragte: Warum lernen manche Kinder ein Musikinstrument so gut – und andere nicht? Er ließ die Kleinen eine bestimmte Frage beantworten, als die mit dem Üben anfingen. Sie sollten sagen, wie lange sie erwarteten, das Instrument wohl zu spielen: »während der Grundschulzeit«, »während der gesamten Schulzeit« oder »mein ganzes Leben«. Anschließend sortierte er die Kinder nach der wöchentlichen Übungsdauer. Und es zeigte sich: Die kleinen Nachwuchsmusiker waren dann am besten, wenn sie das Instrument ihr ganzes Leben lang spielen wollten, und zwar egal, ob sie viel oder verhältnismäßig wenig übten! Was folgern wir also daraus? Exakt:
Enthusiasmus hilft, unsere Pläne in die Tat umzusetzen!
In allen anderen Fällen fangen wir möglicherweise trotzdem an, den einmal gefassten Plan umzusetzen. Aber unser Enthusiasmus hält sich in Grenzen. Ergebnis: Wir werfen bei der ersten Hürde das Handtuch. Es gibt allerdings verschiedene Typen von Motivationsmangel – und die verlangen jeweils einen anderen Umgang. Manche Sachen – wie Russischkurse – kann man ja ohne größere Folgen einfach sein lassen. Bei anderen Dingen ist das erst mal nicht ganz so einfach:
Möglichkeit 1: Der »innere Schweinehund« hält uns in seinen scharfen Klauen!
Angenommen, wir »wollen« ein paar Kilos loswerden, weil der Onkel Doc prophezeit, was an fiesen Krankheiten auf uns zukommt, falls wir nicht abspecken. Unsere Birne sieht das natürlich ein – hey, wer will schon ernsthaft einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall und Diabetes riskieren? Außerdem wäre es natürlich wunderbar,
Weitere Kostenlose Bücher