Wenn das Verlangen uns beherrscht
dem Bett um und erlaubte sich, ein paar Minuten Flynn zu betrachten. Er war einfach wunderbar, ein perfekter kleiner Junge. Dieses Gefühl, das ihr Herz plötzlich erfüllt, war das Liebe?
Nein, das durfte nicht sein. Schnell wandte sie den Blick ab und setzte sich auf einen der Stühle, die an der Wand aufgereiht standen. Etwas später wollte sie ihrer Assistentin eine E-Mail schicken, und so holte sie Notizbuch und Stift aus der Tasche. Nach ihrer Präsentation gestern hatte die Bank ihr für die PR-Kampagne grünes Licht gegeben, und so konnte die Assistentin zusammen mit dem übrigen Team schon einmal die Vorarbeiten leisten. Zum Start der Kampagne würde Susannah längst wieder da sein.
Nachdenklich spielte sie mit dem Stift. Noch vor einer Woche war dieses Projekt das Wichtigste in ihrem Leben gewesen. Und jetzt? Sie warf einen Blick auf das schlafende Kind und seufzte leise.
Jetzt musste das immer noch so sein, denn sie würde Charleston bald wieder verlassen, und dann war ihre Karriere das, worauf sie sich konzentrieren wollte. Sie liebte ihren Beruf und war stolz auf das, was sie mit ihren sechsundzwanzig Jahren bereits erreicht hatte. Sie hatte ein paar gute Freundinnen, denen sie allerdings nur mit einer Mail mitgeteilt hatte, dass sie kurz verreisen müsse und ihnen alles erklären würde, wenn sie wieder zurück war. Ja, es war ein gutes Leben, das sie für sich und ihre Mutter aufgebaut hatte, seit sie vor drei Jahren aus Charleston nach Georgia gezogen waren.
Nachdem sie die wichtigsten Punkte für die E-Mail notiert hatte, fiel ihr das Abendessen es. Normalerweise machte sie sich keine großen Gedanken ums Kochen, denn sie lebte allein. Aber wenn sie Freunde bei sich hatte, genoss sie es, sich etwas Besonderes auszudenken, denn eigentlich machte ihr Kochen großen Spaß. Allerdings hatte sie keine Ahnung, was Matthew gern aß. Außer Chili. Liebte er Süßes? Leichtes oder deftiges Essen? Sie musste es einfach ausprobieren. Vielleicht … Eifrig beugte sie sich vor und notierte die Zutaten.
Da bemerkte sie aus dem Augenwinkel, dass sich etwas regte. Sie sah hoch. Flynn gähnte und streckte sich, während er Susannah mit verschlafenen Augen musterte.
„Hallo, mein Süßer.“ Sie stand auf und setzte sich zu ihm auf die Bettkante. „Deine Großmutter musste weg, und so habe ich sie abgelöst.“ Wahrscheinlich hatte Elizabeth ihm das gesagt, aber vielleicht konnte er sich im Augenblick nicht daran erinnern.
„Hallo, Susi.“ Er lehnte sich an sie und gähnte wieder. Sein kleiner Körper war warm vom Schlafen. Susannah nahm ihn in die Arme und legte die Wange auf sein seidiges Haar. Wie gut er sich anfühlte. Spontan küsste sie ihn auf den Scheitel, obwohl sie wusste, sie sollte es nicht tun. Aber sie wollte etwas haben, woran sie sich später erinnern konnte, an das Gefühl, diesen kleinen warmen Körper in den Armen zu halten, an seinen Duft …
Als sie ihn zögernd wieder losließ, sah er sie neugierig an. „Bist du meine neue Mommy?“
Es war, als würde ihr Herz stillstehen, und sie brachte kein Wort heraus. Nur mühsam fasste sie sich. „Wie kommst du denn darauf, mein Schätzchen?“
„Du küsst wie eine Mommy“, sagte er ernst.
„Vielleicht küsse ich alle kleinen Kinder so, die ich gernhabe.“
„Aber du singst auch wie eine Mommy.“
Wie sollte sie darauf reagieren? Fieberhaft überlegte sie, was sie darauf sagen könnte. „Weißt du, Flynn, das kann auch bedeuten, dass ich eines Tages selbst ein Kind haben werde.“ Sie lächelte ihn zärtlich an. „Und wenn ich Glück habe, ist es so ähnlich wie du.“
Er sah sie skeptisch an, offenbar hatte sie ihn keineswegs überzeugt. Also versuchte sie es noch einmal. „Mit den neuen Mommys ist das nämlich so eine Sache. Sie sind davon abhängig, dass die Daddys sie dazu machen.“
Eine Weile dachte er nach, dann schüttelte er den Kopf. „Ich finde, dass die Kinder die Mommys aussuchen sollten.“
„Keine schlechte Idee.“ Sie unterdrückte ein Lachen. Durchaus logisch, was der Kleine sagte. „Ich weiß auch nicht genau, wie das funktioniert. Es gibt allerdings jemanden, der es weiß.“
„Wer denn?“, fragte er mit aufgerissenen Augen.
„Dein Dad. Er ist klug. Ich denke, du solltest ihn fragen.“
Wieder sah er sie skeptisch an, dann nickte er und griff nach einem Buch, das auf dem Nachttisch lag. Es war das Buch, das sie gestern gelesen hatten. Er reichte es ihr und sah sie erwartungsvoll an.
„Oh, gut!“
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