Wenn das Verlangen uns beherrscht
Tod auf Susannah scharf war. Es reichte doch schon, dass er indirekt an dem Tod seiner Frau schuld war, da sollte er wirklich nicht gerade mit ihrer geheimen Rivalin ins Bett gehen. Zumindest hatte Grace sie immer als solche gesehen.
Verärgert darüber, dass es ihm so schwerfiel, auf Susannah zu verzichten, riss er heftig an der Papierrolle. Gleichzeitig sah er aus dem Augenwinkel einen Mann, der in den Vorraum trat. Ausgerechnet.
Es war Jack Sinclair, der älteste Sohn des Vaters. Der Mann, der fünfundvierzig Prozent der Kincaid Group geerbt hatte und der keinen Zweifel daran ließ, wie sehr er Matthew und seine Familie ablehnte. Bisher hatte er mit seinen wahren Absichten noch hinter dem Berg gehalten. Aber Matthew war überzeugt, dass Jack die Kincaid Group ganz übernehmen und in sein eigenes Unternehmen Carolina Shipping eingliedern wollte.
Wütend warf Matthew das zusammengeknüllte Papier in den Papierkorb. „Wie kommst du auf die Idee, dass du hier willkommen bist?“
Jack blieb dicht vor ihm stehen. „Unabhängig davon, wie wir zueinander stehen, ist und bleibt dieser Junge mein Neffe. Da ich selbst als Kind ein paar Monate im Krankenhaus war, weiß ich, wie ihm zumute ist. Und möchte ihn besuchen.“
War das wirklich eine menschliche Regung oder nur ein Trick? „Warum hast du vorher nicht angerufen?“
„Hättest du mir dann erlaubt, ihn zu besuchen?“
Bevor Matt antworten konnte, öffnete sich die Tür erneut und sein Bruder RJ trat ein. Er starrte erst Jack und dann Matt an. „Was macht der denn hier?“, fuhr er den Bruder an.
Matt zuckte mit den Schultern. „Das habe ich ihn auch gerade gefragt.“
Beide Brüder starrten den Eindringling an. Jack nahm die Schultern zurück und hielt eine Geschenktüte hoch. „Ich habe ihm ein Spielzeug mitgebracht. Schließlich sind wir blutsverwandt, und ich möchte den Kleinen kennenlernen.“
In diesem Augenblick wurde die Tür zu Flynns Krankenzimmer aufgeschoben, und Susannah schlüpfte heraus. Schon bei ihrem Anblick wurde Matt ruhiger, spürte aber sofort wieder diese quälende Sehnsucht. Fast zwanghaft trieb es ihn zu ihr, und mit einer besitzergreifenden Geste, für die er sich selbst verachtete, legte er ihr die Hand auf den Rücken. „Susannah, das ist mein Bruder RJ. Susannah ist eine alte Freundin von Grace. Sie ist hier, um Flynn zu besuchen.“
RJ schüttelte ihr lächelnd die Hand. „Hallo.“
Dann deutet Matt mit einem düsteren Blick auf Jack. „Und dies ist Jack Sinclair. Der andere Sohn meines Vaters.“
Susannah nahm Jacks Hand. „Hallo.“ Dann sah sie die drei Männer nacheinander an. „Ich weiß, Sie kennen mich kaum und sind wahrscheinlich der Meinung, dass mir so etwas nicht zusteht. Aber in diesem Raum herrscht eine so unerträgliche Spannung, dass ich es selbst kaum aushalte. Auf keinen Fall können Sie alle drei in Flynns Zimmer gehen. Flynn würde es sofort merken.“
Sie wirkte wie eine Löwenmutter, die ihr Junges verteidigte, und Matthew sah es mit Wohlgefallen. Er zweifelte nicht daran, dass sie den Brüdern den Weg versperren würde, sollten die es wagen, das Krankenzimmer zu betreten. Wunderbar. Ihm wurde warm ums Herz.
Jack schwenkte wieder seine Geschenktüte. „Das möchte ich dem Jungen geben.“
Susannah warf Matt einen Blick zu und hob eine Augenbraue an. Er verstand. Sie wollte wissen, ob er das zulassen würde. Da Flynn die vier mit großen Augen beobachtete, blieb ihm allerdings nichts anderes übrig. Streitigkeiten und Auseinandersetzungen konnte der Kleine nicht gebrauchen. Außerdem war Jack tatsächlich mit Flynn blutsverwandt, und so konnte er ihm die Bitte eigentlich nicht abschlagen, obgleich er nicht verstehen konnte, warum Jack darauf bestand.
„Okay, Sinclair, aber nur dieses eine Mal. Du gehst rein, gibst ihm das Geschenk und gehst wieder raus.“
Jack presste die Lippen zusammen, dann nickte er knapp. „Okay.“
Matt sah Susannah an und wies dann mit dem Kopf auf die Verbindungstür. Sie nickte und berührte Jack am Ellenbogen, um ihm die Regeln mit dem Händewaschen und dem Kittel zu erklären. Währenddessen zog Matt seinen Bruder RJ mit sich auf den Flur. Durch die Flurtür konnte er Flynn beobachten, und er war entschlossen, bei dem kleinsten Anzeichen von Unbehagen Jack eigenhändig rauszuwerfen.
„Und wie geht es dem kleinen Prinzen?“, fragte RJ besorgt.
„Sein Blutbild ist etwas besser.“ Matthew hatte den Arzt unterwegs getroffen und von ihm die neuesten Werte
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