Wenn das Verlangen uns beherrscht
erfahren. Das bedeutete natürlich nicht, dass Flynn außer Gefahr war, aber vielleicht konnte man jetzt auf die Knochenmarktransplantation verzichten. Und vielleicht konnte der Kleine bald wieder nach Hause kommen.
„Da bin ich aber froh.“ RJ schlug dem Bruder liebevoll auf die Schulter. „Hoffentlich geht es weiter aufwärts.“
„Das hoffe ich auch.“ Aber er wollte sich nicht zu früh freuen, denn das Blutbild war schon einige Male besser gewesen und hatte sich dann wieder verschlechtert. Doch vielleicht bedeutete es diesmal tatsächlich etwas, und Flynn war auf dem Wege der Besserung? Als Susannah und Jack eintraten, richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf das Krankenzimmer. Auch RJ hatte sich dem Fenster zugewandt.
„Hast du irgendetwas gehört über die zehn Prozent? Wer sie besitzt?“, fragte Matt, ohne den Blick von Flynn zu lassen. Fünfundvierzig Prozent hatte der Vater ihnen und fünfundvierzig Prozent Jack Sinclair hinterlassen. Bisher hatten die Nachforschungen noch nicht ergeben, wem die letzten zehn Prozent gehörten.
Offenbar waren die Aktien an ein Unternehmen verkauft worden, das Pleite gemacht hatte. Aber wer besaß die Aktien jetzt? Wie hatte der Vater ihnen das antun können? Dass er ihnen nicht nur seine zweite Familie verheimlicht, sondern auch Jack ein Aktienpaket in gleicher Höhe hinterlassen hatte, das würde Matt ihm nie verzeihen. Denn dadurch waren die ganzen Probleme erst entstanden.
Zwar hatte der Vater jedem einen Brief hinterlassen, den die meisten noch während der Testamentseröffnung gelesen hatten. Doch sie hatten darin nicht die erhoffte Erklärung gefunden. Matt war so wütend gewesen, dass er seinen Brief nicht geöffnet hatte. Hätte sein Vater an diesem Tag vor ihm gestanden, Matt hätte sich auf dem Absatz umgedreht und ihn stehen gelassen. Am liebsten hätte er den Brief ungeöffnet zusammengeknüllt und weggeworfen. Dann hatte er ihn doch in die unterste Schreibtischschublade gestopft. Und da war er wohl immer noch.
Immerhin hatte er erkannt, dass er mit Gefühlsausbrüchen nicht weiterkam, wenn er und seine Familie in dieser Situation Erfolg haben wollten. RJ war momentan Geschäftsführer des Unternehmens, und Matt und seine Schwestern wollten dem Bruder diese Position auf Dauer sichern. Um Jack zu überstimmen, der sicher dagegen war, brauchten sie jedoch die zehn Prozent, die irgendein Unbekannter hielt.
„Nein, leider nicht.“ RJ fuhr sich frustriert durchs Haar. „Aber ich habe Nikki Thomas darauf angesetzt. Sie ist absolut sicher, dass sie bis zur nächsten Hauptversammlung herausgefunden hat, wer der Glückliche ist.“
„Wenn überhaupt jemand, dann kann Nikki ihn finden“, meinte Matthew leise seufzend. Noch vor seinem Tod hatte der Vater Nikki eingestellt, um Unklarheiten innerhalb des Unternehmens auf die Spur zu kommen. Und alle waren beeindruckt von ihrer Einsatzbereitschaft. „Von Jack hast du nichts erfahren? Ich könnte ihm glatt zutrauen, dem geheimnisvollen Unbekannten die Aktien bereits abgekauft zu haben.“
RJ schüttelte den Kopf. „Jack gibt nichts preis. Selbst wenn er die Aktien hätte, würde er uns nichts sagen. Der Mann ist kalt und berechnend. Er denkt an nichts anderes, als sich unser Unternehmen anzueignen.“
„Ja, du hast recht. Wie ist es denn mit Alan? Ob er die zehn Prozent vielleicht hat?“ Irgendwie hatte der Vater sich auch um den anderen Sohn seiner Geliebten gekümmert, auch wenn er ihm offiziell keine Aktien hinterlassen hatte.
„Das kann ich mir nicht vorstellen. Dann hätte Dad ihn auch im Testament erwähnt.“
Immer noch ließ Matt seinen Sohn nicht aus den Augen. Offenbar bemühte Jack sich, Konversation zu machen. „Alan ist mir viel sympathischer als Jack.“
„Mir auch. Ob er wohl daran interessiert ist, für Kincaid zu arbeiten? Bei der nächsten Sitzung könnte Jack darauf bestehen, dass sein Bruder eingestellt wird.“
„Ja, zumal Alan gesagt hat, dass er momentan keinen Job hat.“
RJ lachte kurz und trocken auf. „Das ist aber ganz sicher nicht Jacks eigentliches Ziel. Er will alles.“
„Ja, das fürchte ich auch.“ Bei dieser Vorstellung drehte sich Matt der Magen um. Es durfte nicht sein, dass das Familienunternehmen so einfach ausradiert wurde. Mit schwerem Herzen starrte er wieder auf seinen Sohn, der jetzt zögernd Jacks Geschenk entgegennahm, während er mit der anderen Hand Susannahs Finger umklammerte.
„Eins kann ich dir versprechen“, sagte RJ grimmig. „Ich
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