Wenn das Verlangen uns beherrscht
plötzlich gleichgültig. Es war Matthew, um den sie sich Sorgen machte. Unwillkürlich griff sie nach seiner Hand. Er brauchte sie jetzt.
„Danke“, flüsterte er und fuhr dann mit lauter Stimme fort: „Susannah ist gekommen, weil die Möglichkeit bestand, dass Flynn eine Knochenmarktransplantation brauchte. Wegen meiner Penicillinallergie wäre ich nur im Notfall infrage gekommen. Deshalb hatte ich Susannah angerufen, die sofort nach Charleston kam, um zu helfen. Sie ist geblieben, bis feststand, dass Flynn diese Behandlung nicht braucht.“
Sekundenlang herrschte Schweigen, dann sprang Elizabeth auf und schloss Susannah in die Arme. „Das haben Sie für meinen Enkelsohn getan?“
„Äh … ja“, stieß Susannah überrascht hervor. „Aber letzten Endes musste ich gar nichts tun.“
„Aber Sie sind gekommen und waren bereit dazu.“ Elizabeth trat zur Seite. Sie hatte Tränen in den Augen. „Ich danke Ihnen.“
Dann trat RJ vor und umarmte Susannah herzlich. „Wir alle lieben dieses Kind. Danke, dass Sie ihm helfen wollten.“
Nun stürzten auch die restlichen Kincaids auf sie zu, umarmten und küssten sie unter Tränen, bis Susannah kaum noch wusste, wo ihr der Kopf stand. Endlich griff eine vertraute Hand nach ihrer, und sie bekam wieder Grund unter den Füßen. Lächelnd sah sie in die Runde, als ihr bewusst wurde, dass diese Familie so ganz anders als die reichen Familien war, die sie bisher kennengelernt hatte. Es wurde Zeit, dass sie sich von ihrem Vorurteil verabschiedete, denn diese Menschen hier waren warmherzig und liebevoll, nicht steif und ablehnend wie ihre Großeltern und deren Bekannte.
„Aber warum habt ihr aus der Sache so ein Geheimnis gemacht?“, fragte Elizabeth, als sich die Aufregung etwas gelegt hatte. „Warum habt ihr nicht gleich gesagt, wer Susannah ist und weshalb sie kam?“
Matthew wollte antworten, aber Susannah kam ihm zuvor. Diese quälende Antwort konnte sie ihm abnehmen. „Matthew wollte sein Versprechen Grace gegenüber nicht brechen. Und dass er es dann doch tat, erforderte viel Mut.“ Er sah sie an, und aus seinen Augen sprach so viel Gefühl, dass Susannahs Herz schneller schlug.
Doch dann klatschte Elizabeth in die Hände. „Ich glaube, das Essen ist fertig. Lasst uns ins Esszimmer gehen. Und …“
Was sie sonst noch sagte, nahm Susannah nicht mehr wahr, denn sie konnte den Blick nicht von Matthew lösen. Erst als alle den Raum verlassen hatten, nahm er ihre Hand. „Kommst du mit mir kurz in den Garten?“
Sie seufzte leise, denn sie wusste, dass er sie wieder bitten würde, in Charleston zu bleiben. Aber zwischen ihnen hatte sich nichts geändert. Sie liebte ihn. Und er sehnte sich nach ihr, wollte, dass sie bei ihm blieb. Bloß – das war ihr nicht genug. Sie wollte ablehnen, als er leise hinzufügte: „Ich verspreche dir, ich werde dich nicht wieder bitten zu bleiben.“
Nein? Was sonst hatten sie im Geheimen miteinander zu bereden? Doch seinen Wunsch, mit ihm in den Garten zu gehen, konnte sie ihm unmöglich abschlagen. Warum sollte sie auch? Diese paar Minuten mit ihm allein machten den Abschied nachher auch nicht schwerer, als er ihr sowieso schon auf der Seele lag. Denn sie war entschlossen, die Abendmaschine zu nehmen.
Also nickte sie und folgte ihm in den Garten, der sich weit um das Haus erstreckte. Zu ihrer Überraschung blieb Matthew erst stehen, als sie längst außer Sichtweite des Hauses waren. Mit ernster Miene drehte er sich zu ihr um. „Ich muss dir etwas sagen. Und auch wenn du es nicht glauben willst, möchte ich dich bitten, mich anzuhören.“
„Okay.“
Ein paar Sekunden schwieg er und sah sie nur an. „Du bist also der Meinung“, fing er dann vorsichtig an, „ich betrachte dich nur als Ersatz für Grace.“ Wieder schwieg er kurz. „Und damit hattest du anfangs wahrscheinlich auch recht.“
„Vielleicht musstest du auch dieser Meinung sein, denn ich habe mich ja perfekt angepasst und in euer Leben eingefügt.“
„Und das war eine große Hilfe, geradezu ein Segen für mich. Denn als Flynn so krank war, war ich sehr dankbar, dass zu Hause alles reibungslos ablief.“
„Aber das bedeutete, dass du mich nie als eigenständige Person gesehen hast.“
„Doch, ich habe dich gesehen“, sagte er leise und rau. „Und ich sehe dich jetzt.“
„Matthew …“
„Du bist die Frau, die intuitiv meinen Lieblingsplatz in meinem Haus gefunden hat, weil ich da allein sein kann.“
„So?“ Plötzlich ging ihr ein
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