Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)

Versprechen.“
    Kimberly strampelte und versuchte vergeblich, die Hände zu lösen, die eisern ihren Hals umklammerten und ihr die Luft abdrückten. „Lass … mich … los!“
    „Wozu? Alle, die du liebst, sind tot und bald wird diese Welt mir gehören. Wozu willst du dein erbärmliches kleines Leben verlängern? Wozu kämpfen? Selbst die alten Mönche haben eingesehen, dass sie mich nicht besiegen können. Sie haben meinen Verlockungen geglaubt. Ewiges Leben, habe ich ihnen versprochen, oh ja. Aber nur ihre Körper werden ewig leben, ihre Seelen nicht. Sie dienen meinesgleichen als Wirt, mehr nicht. Menschen sind so närrisch, wenn es um den Tod geht.“
    „Lll…“ Kimberlys Bewegungen wurden kraftloser und ihr Hals brannte.
    „Die Reinen werden uns nicht noch einmal besiegen“, flüsterte die Frau, die Augen zu hasserfüllten Schlitzen zusammengepresst, und drückte ihren Hals noch fester zusammen.
    Kimberly krallte sich in ihrer Haut fest, bis violettes Blut hervor strömte, doch der Griff lockerte sich nicht. Sie wollte etwas sagen, brachte aber nur noch ein Krächzen zustande und hatte das Gefühl, ihre Lungen würden jeden Moment bersten.
    Schwarze Punkte tanzten vor ihren Augen und ihre Bewegungen wurden immer langsamer, als sie plötzlich etwas Nasses, Klebriges im Gesicht spürte. Mühsam senkte sie den Blick und sah eine glänzende Dolchspitze, die aus der Brust der Frau ragte.
    „Die Reinen vielleicht nicht. Aber die Dunklen“, sagte Tyler und riss den Dolch Aelyza aus ihrer Brust. Fluchend ließ er ihn fallen, die Luft stank nach verbranntem Fleisch. Die Hände lösten sich endlich von ihrem Hals und Kimberly holte hustend Luft. Jeder Atemzug brannte mehr als der vorherige und ihre Augen tränten.
    „T-ty?“, krächzte sie.
    „Ich bin hier“, flüsterte er und drückte sie fest an sich. Seine Berührung war warm im kalten Regen, die Küsse, die ihr Gesicht bedeckten, vertrieben den Schmerz. „Ich danke dir, du hast mich gerettet.“
    „Du – du mich doch auch“, wisperte Kimberly. Ihr Hals schmerzte.
    „Wir haben es geschafft. Sie ist tot. Sie ist tot!“
    „Wie bist du…?“
    „Wie ich wieder ich geworden bin? Ich schätze, es lag an den Blüten. Damals im Dschungel, als ich angeschossen wurde, hast du mich gerettet, indem du mein dämonisches Herz gestärkt hast. Und jetzt, mit Aelyza, hast du mich wieder gerettet. Indem du mein menschliches erneut zum Schlagen gebracht hast. Ich danke dir.“
    „Und … die Crew?“
    Tyler zog sie fester an sich, seine Hände rieben wärmend über ihren Rücken und vertrieben die eisige Kälte, die sich in ihr ausgebreitet hatte. „Uns geht es gut“, flüsterte er. Er hob ihr Kinn an und sah ihr forschend in die Augen, Smaragd und Bernstein zerschmolzen ineinander. Die Wärme in seinem Blick erfüllte sie von innen heraus und sie hatte das Gefühl, alles überstehen zu können, solange er nur bei ihr war.
    „Ich liebe dich, Kim“, flüsterte er und drückte sie wieder an sich, vergrub das Gesicht in ihren Haaren. Sie bettete den Kopf an seiner warmen Brust und lauschte seinem Herzschlag. Er war gleichmäßig und kräftig und gleichzeitig ungleichmäßig und viel zu schnell. Es waren zwei Herzen.

Epilog

    Der Mann in der Höhle glitt kraftlos zu Boden. Alles vergebens, alles verloren. Der neue Körper war so nah gewesen, er hatte das Leben kosten können, hatte die Macht durch seine Adern pulsieren gespürt. Er war bereit gewesen, diese alte verbrauchte Hülle hinter sich zu lassen und in dem neuen Körper von vorne anzufangen. Es hätte ohnehin keine andere Möglichkeit gegeben. Seine alte fleischliche Hülle sehnte sich zu stark. Sie sehnte sich so sehr, dass es schon fast wie Liebe war und kein Dämon konnte lieben.
    Anór schloss die Augen und atmete langsam aus und spürte, wie das restliche Leben aus seinem Körper wich. Er konnte nicht mehr mit seiner Seele leben, aber ohne sie auch nicht. Ein letztes Mal atmete er ein und aus und lächelte bei dem Gedanken an die alte Zeit. Es würden andere kommen.

Glossar

    Begriffe aus der Dämonenzeit:

    Aelyza, Blüte: Bezeichnete ursprünglich nur eine pinkfarbene Blüte mit magischen Kräften. Sie wuchs anfangs auf Bäumen, seit deren Abholzung gedeihen sie in einer versteckten Quelle.

    Aelyza, Dolch: Ein magischer Dolch, der aus dem Stamm der alten Aelyza-Pflanze gefertigt wurde. In die Klinge ist ein Blütenblatt eingearbeitet. Soll den Dämon vernichten können.

    Aelyza, Mensch: Auch als