Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
dass sich der Autoschlüssel in der Tasche seiner schwarzen Lederjacke befand und marschierte pfeifend aus dem Büro. Seine grauen Chucks quietschten beim Laufen. Bis zur Tiefgarage, die sich direkt neben der Dienststelle befand, war es zum Glück nicht weit. Nur noch wenige Schritte trennten ihn von seinem Abendessen, das seine Tochter Leonie wie jeden Abend für ihn gekocht hatte.
In diesem Moment klingelte das Telefon.
„Das darf doch nicht wahr sein.“
„Ja, Spatz am Apparat? … Alles klar. Verstanden. Wir sind gleich da.“
Sein knurrender Magen verleitete ihn dazu, nach den Schokoladenmuffins zu greifen, die Leonie am Wochenende gebacken hatte und von denen wieder einmal viel zu viele übrig geblieben waren. Also vorerst doch kein vernünftiges, warmes Abendessen. Zum Glück war die Lederjacke groß genug, um seinen leichten Bauchansatz zu verdecken. Da passten noch einige Muffins hinein, selbst die mit flüssigem Schokoladenkern und Frosting.
Auf dem Gang begegnete er seinem einen halben Kopf größeren, schlanken Partner Michael Schlemmer, der ebenfalls im Begriff war, Feierabend zu machen.
„Steck die Nummer vom Thailänder wieder ein, Mike, es gibt Arbeit.“
Michael schenkte dem Zettel in seiner Hand einen wehmütigen Blick, bevor dieser in den Untiefen seiner Tasche verschwand. „Wunderbar. Was ist es dieses Mal?“, fragte er, während er seine Brille zurechtrückte und sein dunkelblaues Seidenhemd glatt strich.
„Unfall an der Universitätsstraße. Ein Mädchen wurde überfahren. Die Kollegen sind schon vor Ort.“ Jakob warf seinem Partner die Autoschlüssel zu. „Hier, fahr du. Ich muss Leonie Bescheid geben, dass sie nicht auf mich warten soll. Und mir etwas zu essen übrig lässt!“
Michael lachte, während Jakob nach seinem Handy suchte und sich in seinen Dienstwagen auf dem Parkplatz Nummer 228 zwängte: ein schwarzer Fiat500, der bereits knapp fünf Jahre und gut 170.000 Kilometer auf dem Buckel hatte. Das weiße Tor, das die Dienstfahrzeuge von den Privatwagen anderer Parker abgrenzte, öffnete sich quietschend, um sie aus dem engen Parkhaus zu entlassen.
„Hey, Leo, Schätzchen, ich bin’s. Bei mir wird’s heute spät, wir haben noch einen Einsatz reinbekommen. Lässt du mir was auf dem Herd stehen? … Du bist die beste. Hab dich lieb, mein Schatz. Gute Nacht.“
„Du hast’s gut“, seufzte Michael. „Deine Tochter kocht um Längen besser als Thomas es je könnte.“
„Ach was. Thomas ist doch ein Spitzenkoch. Das durfte ich mehr als einmal erleben.“
„Wenn man Totgekochtes und zähe graue Klumpen mag, ja. Wenn ihr uns besucht, lässt er immer einen Caterer kommen. Das darf ich nur niemandem verraten.“
„Mike, ich verspreche dir, dein Geheimnis ist bei mir sicher.“
Die Scheibenwischer des Autos ächzten, als die beiden Kommissare die Dienststelle in Rodenkirchen über den kleinen, kaum erkennbaren Kreisel verließen und sich zum Unfallort aufmachten. Die Universitätsstraße war nicht allzu weit von ihrem Kommissariat in Rodenkirchen entfernt und mit etwas Glück kamen sie doch noch relativ früh nach Hause. Jakob verdrängte alle Gedanken an ein saftiges Steak und Bratkartoffeln und sah stattdessen auf die Straße. Es war nicht viel Verkehr, aber der Regen wurde immer heftiger. Großartig. Die Spurensicherung würde sich freuen.
Jakob klemmte das Blaulicht aufs Autodach und Michael gab Gas, rote Welle hin oder her. Zu etwas musste es ja gut sein, Polizist zu sein, auch wenn er hörte, dass manche Bremsen gefährlich quietschten, weil sie ihren Wagen zu schnell fuhren. Normalerweise würde er sich jetzt mit Michael über die neue Generation Autofahrer aufregen, aber heute waren sie beide zu müde und wollten eigentlich nur noch nach Hause.
Der Unfallort war bereits mit Absperrband eingezäunt und ein Streifenpolizist sprach mit einem durchnässten Mann. Einige weitere Menschen hatten sich unter die winzige Überdachung der Bushaltestelle der Linie 130 gezwängt, um nicht nass zu werden.
Michael parkte auf der Busspur. Jakob kramte fluchend nach einem Regenschirm und zog, als er keinen fand, seine Lederjacke aus. Leonie hatte sie ihm zum fünfzigsten Geburtstag geschenkt, sie würde toben, wenn sie erfuhr, dass er sie im strömenden Regen getragen hatte. Michael warf einen skeptischen Blick auf Jakobs schwarzes T-Shirt, zuckte dann aber nur mit den Achseln, zog seinen grauen Anorack über und stieg aus. Kalter Regen und Wind schlugen ihnen entgegen und
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