Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
schaute sie besorgt an.
Kimberly musste unwillkürlich lachen und ließ ihr Stück Fisch fallen. „Wie konntest du nur Pirat werden?“, murmelte sie und schüttelte den Kopf. „Sam, du passt einfach nicht in diese Crew.“
Er zuckte nur mit den Achseln. „Barron brauchte einen Schiffsarzt, er ist mein Freund und ich hatte ohnehin nichts Besseres zu tun. Lieber Piratenarzt als heimatlos und arm.“
„Hast du schon mit dem Neuen geredet? Traust du ihm?“
„Tyler?“ Samuel runzelte die Stirn. „Nein, das Vergnügen hatte ich noch nicht. Er kam mit den anderen von der Jagd zurück und hat dich zu deiner Koje gebracht. Geht es dir eigentlich gut? Ich habe dich untersucht, aber ich konnte nichts feststellen. Barron hat mir noch nicht erzählt, was passiert ist. Nur, dass du ohnmächtig geworden bist.“
„Zu wenig getrunken“, nuschelte Kimberly und wandte den Blick ab.
„Jedenfalls kam der Neue bis gerade eben nicht mehr an Deck und auch da habe ich ihn nur kurz gesehen. Warum fragst du?“
„Er war die ganze Zeit bei mir? Alleine?“ Kimberly schauderte bei dem Gedanken.
„Barron scheint ihn zu mögen.“ Samuel fingerte an seinem Monokel herum und polierte es mit seinem Hemd. „Er hätte ihn nicht zu dir gelassen, wenn er gedacht hätte, von dem jungen Mann gehe eine Gefahr aus.“
„Barron würde mich auch nicht mit Oliver allein lassen. Nicht einmal mit Frankie, wenn er schlecht gelaunt ist.“
„Vielleicht hatte er seine Gründe“, beharrte Samuel.
„Warum sollte er auf diesem Schiff sein wollen?“
Samuel biss von seinem Fisch ab und nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Krug. „Was willst du denn tun? Ihn nachts heimlich über Bord werfen? Ihn auf der nächstbesten Insel absetzen? Ihn einfach wieder den Spaniern ausliefern?“
Kimberly wollte ihm zustimmen, ihm sagen, dass es ihr egal wäre, wie sie Tyler loswurde, Hauptsache nur diese Angst verschwand mit ihm, doch in dem Moment sah sie ihn. Er blieb mitten im Schritt stehen, ihre Augen hakten sich ineinander und für einen Augenblick blieb die Zeit stehen. Das harte Gold schmolz zu warmem Bernstein und floss in sie hinein, nahm sie gefangen und in ihr machte sich ein anderes Gefühl breit. Die Angst wurde von einer Ahnung von … Glück überrollt und verdrängt, und als ein Lächeln über Tylers Gesicht huschte, spürte sie, wie auch ihre Lippen sich verzogen.
Nein! Halt! Das war nicht richtig, so etwas durfte sie nicht fühlen. Es war falsch. Er war falsch. Oder nicht?
Der glückliche Moment verschwand so schnell, wie er gekommen war, aber das warme Gefühl in ihrem Bauch blieb, hielt die Gewissheit, dass etwas Böses an Bord war, ein wenig in Schach.
Kimberly schüttelte den Kopf, um das schummrige Gefühl abzuschütteln und zu verhindern, erneut von seinem Blick gefangen genommen zu werden. Das fehlte ihr noch, dass er verhinderte, dass sie klar denken konnte. Vermutlich gehörte auch das zu seinen Plänen und –
„Kim!“ Sam winkte vor ihrem Gesicht. „Das war ein Scherz, weißt du?“
„Hm?“, machte sie nur und rappelte sich auf. „Ja, ja, klar. Entschuldige mich, ich muss noch … ich muss aus der Sonne.“
Tyler war in der Kombüse verschwunden, aber sie zog es trotzdem vor, sich in die Schlafkojen ins zweite Unterdeck zurückzuziehen. Vielleicht konnte sie dem Buch ja doch noch ein paar Informationen entlocken, ohne es lesen zu müssen. Bilder sagten manchmal genug.
Kimberly stellte sicher, dass sie wirklich allein war, bevor sie das Buch aus ihrer Bluse wickelte und sich damit in die Hängematte legte. Sollte jemand herein kommen, würde sie es unter ihrem Rücken verstecken und so tun, als würde sie schlafen.
Seite für Seite suchte sie in dem Buch nach Zeichnungen, die ihr mehr über den Stein von Anór verraten konnten, und was sie fand, beruhigte sie keineswegs. Einige Seiten waren in Farbe gehalten und voller Details, die man auf den ersten Blick nicht sah, andere waren schwarz-weiß, wie mit Kohlestiften geschrieben, aber jede einzelne von ihnen ließ Kimberlys Herz schneller schlagen. Es galoppierte in ihrer Brust, als wollte es ihren Brustkorb sprengen und so diesem Alptraum entkommen.
Auf dem ersten Bild waren Menschen zu erkennen, die einen Steinsockel umrundeten, auf dem ein weißer Kristall lag. Es war nicht die Höhle, in die Kimberly gegangen war, denn die Statue war nicht abgebildet. Sie konnte auch nirgendwo das Zeichen sehen, auf dem die Schlange den Stern umarmte. Das waren nicht
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