Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
wollten, hätte ich dich heute ertrinken lassen.“
Er schüttelte den Kopf zu heftig, zuckte vor dem Schmerz zurück. „Du warst mir etwas schuldig. Ich habe dich gerettet und jetzt du mich.“
Kimberly wollte ihm widersprechen, schloss den Mund aber wieder, weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Er hatte recht. Oder?
„Siehst du“, erwiderte er bitter.
„Du versuchst aber auch nicht, dich zu integrieren. Kein Wunder, dass dir niemand traut.“
Tyler lachte hart. „Falsch. Du traust mir nicht. Dein Captain schon. Ich habe gehört, wie du mit den anderen über mich gesprochen hast. Du säst Misstrauen unter ihnen, um mich loszuwerden. Ganz davon abgesehen, dass ich erst seit Kurzem hier bin.“
„Das ist nicht wahr!“, widersprach sie, ohne zu wissen, warum. Es hatte keinen Sinn, wenn er es bereits wusste, und sie wollte ihm nicht erklären müssen, dass sie sich vor ihm fürchtete.
Er schnellte vor, packte ihre Handgelenke und drückte sie auf die Pritsche. Sein Körper war schwer auf ihrem und sie sah ihn mit Schreck geweiteten Augen an.
„Du hast Angst vor mir“, zischte er und lachte, als sie den Kopf schüttelte.
Sie konnte sich nicht wehren, als sich sein Gesicht ihrem näherte. Seine Lippen pressten sich auf ihre, hart, grob und stürmisch, ohne Zärtlichkeit und Gefühl. Sie waren wie Stein auf ihren und Kimberly glaubte, Blut zu schmecken. Der Kuss war voller unterdrücktem Hass, voller Wut und Enttäuschung, voller Verlangen und Gier und er machte ihr Angst. Er krachte wuchtig und unerwartet auf sie nieder und überwältigte sie wie ein nächtlicher Tropensturm. Sie fühlte die Bedrohung wieder ganz nah, als säße der Dämon persönlich auf ihrer Brust, und das Gefühl raubte ihr schier den Atem.
Sie riss den Kopf zur Seite und wand sich unter seinem Griff. Tyler schnellte zurück, der Druck auf ihrer Brust und ihren Lippen verschwand augenblicklich. Seine Lippen waren gerötet, als hätte er sich an ihr verbrannt, und das Lächeln, zu dem sie sich verzogen, war hart.
Kimberly sprang von der Pritsche und stürmte ohne ein weiteres Wort nach draußen, aber sein verbittertes „Es ist wahr“ hörte sie trotzdem.
Familie
„Wie kann dieses kleine, schöne Ding nur so viel Ärger anrichten?“ Captain Barron lief in seinem Quartier auf und ab und ließ den Stein von Anór dabei nicht aus den Augen. „Warum tust du nicht einfach das, weswegen ich dich hergeholt habe, und lässt uns mit deinem Hokuspokus in Frieden?“
Vorsichtig nahm er den Stein in die Hände und betrachtete den kantigen Kristall. Er war weiß, aber es war ein unreines, schmutziges Weiß und er strahlte nicht.
„Ich weiß, dass ich kein reines Herz habe“, murmelte Barron. „Aber ich kann trotzdem tun, weswegen ich dich geholt habe. Und ich werde es besser machen als mein Vorgänger.“
Er wog den Kristall in seiner Hand, holte aus und schmetterte ihn gegen die Wand seines Schrankes. Das darauffolgende Splittern war nur das Geräusch von berstendem Holz, als er ein faustgroßes Loch in die dünne Kajütenwand schlug, der Stein selbst blieb unbeschadet. Unter der Oberfläche tobte etwas, das Weiß wirbelte durcheinander wie ein Nebel, der im Inneren tobte.
„Ich weiß, dass ich dich nicht zerstören kann. Aber befreien werde ich dich auch nicht.“
Ein Klopfen an seiner Tür riss ihn aus seinem Selbstgespräch. „Captain?“ Kimberly kam herein, die Augen um Verzeihung bittend – und ein kleines Buch in der Hand.
Es hatte keinen Sinn, es noch länger vor Captain Barron zu verstecken. Die Bildergeschichte kannte sie auswendig und die geschriebenen Worte verstand sie ohnehin nicht. Sie hätte Tyler fragen können, aber nach gestern Nacht war die Angst wieder da, sie hatte sich wie ein Parasit in ihrem Kopf festgesetzt.
Barron zog eine Augenbraue in die Höhe. „Was ist das?“
„Das Buch. Von Albert“, murmelte sie und reichte es ihm.
„Du hattest es? Die ganze Zeit?“
Sie wusste nicht, ob er entsetzt, überrascht oder wütend war. Vielleicht ein wenig von allem. „Da mir niemand erklärt, was wirklich vor sich geht, wollte ich es selbst herausfinden.“
In seiner Stirn entstand eine tiefe Furche. „Und was hast du herausgefunden?“
„Genug“, erwiderte sie trotzig und verschränkte die Arme vor der Brust. Warum nur gab er ihr immer wieder das Gefühl, noch ein Kind zu sein? „Ich weiß, dass du uns anscheinend alle umbringen willst.“
„Was?“ Barron sog scharf die Luft ein.
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