Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
sprangen auf und rannten an ihr vorbei, holten Seile, um den Überbordgegangenen zu retten.
„Wo?“, rief Frankie gegen den Sturm an und Kimberly deutete auf die Stelle, an der sie Tyler zuletzt gesehen hatte. Er band sich ein Seil um den Bauch und drückte Oliver ein Ende in die Hand, damit er es mit der Reling verknoten konnte. Kimberly tat es ihm gleich und rutschte mit ihm über die Planken dorthin, wo die Welle das Deck überrollt hatte. Das Wasser war pechschwarz, Wellen klatschten gegen die Schiffswand und brachten es zum Schäumen, während der Regen unablässig weiterfiel. Und irgendwo dort unten glaubte sie Hände zu sehen, die unter Wasser gedrückt wurden.
„Ich springe“, schrie sie. Frankie nickte und gab Oliver ein Zeichen. Der brachte ein weiteres Seil, verband Kimberly damit genau mit der Reling über Tyler und löste das andere von ihrem Bauch. Das Seil war jetzt gerade lang genug, dass sie vielleicht drei oder vier Meter tauchen konnte.
„Wenn du zu lange unter Wasser bist, ziehen wir dich wieder raus. Beeil dich.“
Sie nickte, holte tief Luft und stieß sich kräftig von der Reling ab, um nicht gegen die Bordwand zu prallen. Kaltes, tosendes Wasser schlug über ihr zusammen und eine Strömung wollte sie packen und mit sich zerren. Das Seil drückte sich in ihre Haut, als Frankie sie ein Stück nach oben zog. Sie reckte ihm den Daumen entgegen – Alles okay – und suchte die unruhige Oberfläche nach Tyler ab, aber sie konnte ihn nicht finden. Wenn er untergegangen war schwanden ihre Chancen mit jeder Sekunde, die sie verlor.
Die Luft anhaltend tauchte sie erneut, stieß sich mit kräftigen Schwimmstößen fort von den Wellen an der Oberfläche. Das Salz brannte ihr in den Augen, aber sie war zu sehr daran gewöhnt, um sich noch davon behindern zu lassen. Es war alles verschwommen, aber den leblosen Körper sah sie trotzdem. Er wurde von der Strömung gegen die Schiffswand gedrückt, die vom Einholen des Ankers vibrierte. Tylers Augen waren geschlossen und sie konnte sehen, wie sich eine feine Blutsspur mit dem Wasser vermischte. Wenn die Haie es rochen…
Kimberly tauchte noch einmal auf, um Luft zu holen, und zog an dem Seil, damit Frankie wusste, dass sie ihn gefunden hatte und tiefer tauchen musste. Eine Welle brach über ihr zusammen und drückte sie zur Seite, näher zum Schiff. Sie tauchte, bevor sie noch weiter abgetrieben wurde, schwamm erst gegen die Strömung an und ließ sich dann von ihr zur Schiffswand ziehen.
Das Wasser war unruhig, aber hier unten hörte sie nichts von dem Lärm über Wasser, alles war wie in Watte gepackt. Nur das Rattern des fast vollständig eingeholten Ankers drang noch gedämpft zu ihr. Die Holy Devil trieb nun mit der Strömung, immer weiter hinaus aufs offene Meer. Der Küstenstreifen, den sie tagsüber noch am Horizont hatte sehen können, war längst aus ihrem Blickfeld verschwunden.
Sie stieß gegen Tyler, schlang das Seil halb um seinen Körper und zog zweimal. Bevor sie den Zug nach oben spürte, legte sie beide Arme fest um seinen Oberkörper und drückte ihn an sich, damit er nicht abrutschte, wenn die Männer sie nach oben zogen. Sie durchbrachen die Oberfläche und der Sturm schlug erneut über ihnen zusammen, überrollte Kimberly mit seinem unglaublichen Getöse.
Ihre Schulter schrammte über die Wand des Schiffes, als sie immer weiter hochgezogen wurden, und Tyler hing schwer und noch immer leblos in ihren Armen. Sie spürte bereits, wie der Körper auf ihrer nassen Haut zu rutschen begann. „Schneller!“, brüllte sie.
Wenn er jetzt fiel, würde er schneller von der Strömung abgetrieben werden, als Kimberly hinterher schwimmen konnte. Regennasse Männerarme griffen nach ihr und Tyler, hievten sie über die Reling zurück an Bord, wo sie nach Luft japsend zusammen brach. Der Wind fuhr durch ihre nassen Kleider, die wie eine zweite Haut an ihr klebten und ließ sie so sehr zittern, dass ihre Zähne aufeinander schlugen.
Bader Samuel kam dazu und beugte sich über Tyler, der sich noch immer nicht bewegte. Kimberly nickte ihm zu, als er sie fragend ansah, und er begann, ihn zu wiederzubeleben. Die Sekunden verstrichen, dehnten sich zu kleinen Ewigkeiten und Kimberly hörte auf, sich zu fragen, warum sie sich plötzlich um ihn sorgte. Sie tat es einfach.
„Komm schon“, murmelte sie.
Tyler bewegte sich, seine Brust bebte und er spuckte einen Schwall Salzwasser auf Deck. Er wollte sich auf den Bauch drehen, um noch mehr Wasser
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