Wenn der Acker brennt
Deiner Mutter geht es wieder sehr gut, ich war heute Morgen bei ihr. – Dann noch einen schönen Tag, die Herrn, Leni«, verabschiedete sich Jeremias und rauschte davon.
»Ich habe doch gar nichts gemacht. Womit habe ich ihn denn jetzt schon wieder so verärgert?«, zeigte sich Toni Renner verunsichert über die Zurechtweisung seines Onkels.
»Du kennst ihn doch, er muss immer beweisen, dass er der Einzige ist, der das Sagen hat.«
»Aber das hat er doch sowieso, Chef«, antwortete der junge Polizist im Brustton der Überzeugung.
»Pass auf, Toni, der Kaffee!«, rief Leni, als er das Tablett schräg hielt.
»Magst du einen?«, fragte er und baute sich vor dem Mädchen auf.
»Danke schön, aber ich muss wieder los. Du lässt dir von unserem Bürgermeister aber keine Vorschriften machen, Papa, oder?«, vergewisserte sich Leni, dass ihr Vater zumindest noch das Sagen auf dem Polizeirevier hatte.
»Keine Sorge, ich treffe meine Entscheidungen schon selbst, Schätzchen«, versicherte Franz Burger seiner Tochter und gab ihr einen Abschiedskuss.
»Egal, was der Bürgermeister behauptet, ich glaube nicht, dass Rick mit Absicht Feuer gelegt hat.«
»Du musst genau zuhören, Leni. Mein Onkel hat gesagt, dass es ein Unfall war«, fühlte sich Toni Renner gleich wieder in der Pflicht, seinem Idol beizustehen.
»Ach, hat er das? Für mich klang es eher, als würde er ihm zumindest Leichtsinn unterstellen.«
»Von Vorsatz war nie die Rede, das weiß auch Jeremias, und jetzt ist es gut, ihr beiden. Leni, bringst du mir bitte mal den Ordner von Josefs Schreibtisch, bevor du uns wieder verlässt«, bat Burger seine Tochter.
»Welchen?«
»Den blauen von 1982.«
15
Rick kickte vor dem Rathaus eine leere Blechdose über den Parkplatz und schaute ihr nach, wie sie gegen einen Papierkorb prallte.
»Warum ist der Bürgermeister dir gegenüber so unerbittlich? Das Unglück liegt doch schon Jahrzehnte zurück.« Für Christine war die Heftigkeit der Auseinandersetzung unverständlich.
»Als wir mit A.L.M . die ersten Erfolge hatten, kam Jeremias noch hin und wieder zu unseren Konzerten. Er bot uns sogar seine Unterstützung an, um uns bekannter zu machen, aber ich wollte sie nicht.«
»Warum nicht?«
»Er wollte sich meine Freundschaft erkaufen, um damit meine Zweifel zum Schweigen zu bringen. Als das nicht funktionierte, gab er mir den Rat, mich nie wieder in Sinach blicken zu lassen, obwohl ich doch sowieso nur an Amatas Todestag herkomme. Irgendwann hatte er dann die Idee, jedes Jahr an diesem Tag irgendeine wichtige Versammlung abzuhalten, damit mir möglichst wenige Leute begegnen.«
»Georg Denninger konnte er aber nicht dazu bewegen, sich ihm anzuschließen.«
»Nein, der hat sich von Jeremias noch nie beeindrucken lassen. Er hat mir auch geglaubt, dass ich die Flamme der Öllampe gelöscht hatte.«
»Vielleicht war sie nicht ganz aus?«
»Möglich, aber mit Sicherheit stand sie nicht neben dem Scheunentor, wo das Feuer ausbrach.«
»Ich gebe dem Bürgermeister nur ungern recht, aber die Erinnerung an ein Ereignis, das dreißig Jahre zurückliegt, kann uns tatsächlich einen Streich spielen. – Was ist das denn?« Erschrocken wich Christine zurück, als ein grauer Pritschenwagen von der Straße abbog und geradewegs auf sie zu tuckerte.
»Das ist Denninger.« Rick war sicher, dass sein Besuch im Dorf ihnen galt.
Dunkle Rauchschwaden verbrannten Öls schossen aus dem Auspuff, als das betagte Gefährt näher kam. Kaum hatte es vor ihnen angehalten, flog die Beifahrertür auf. »Kommt, ihr beiden, steigt ein«, forderte Denninger sie auf.
»Die Buschtrommeln funktionieren noch immer ganz ausgezeichnet, Respekt.« Rick betrachtete den alten Mann, der einen grauen Lodenhut trug und an einer aus dunklem Holz geschnitzten Pfeife zog, die mächtig qualmte.
»Seppi hat mich angerufen. Ich denke, wir drei sollten uns mal unterhalten.« Er wartete, bis Rick und Christine neben ihm auf der ausgeblichenen schwarzen Lederbank Platz genommen hatten. »Nicht böse sein, Madl, dass ich dich erst auf die Reise geschickt habe, aber es musste sein«, entschuldigte er sich bei Christine.
»Schon gut, ich gehe davon aus, dass Sie sich etwas dabei gedacht haben.«
»Wir haben gerade Jeremias aufgeschreckt«, sagte Rick, als Denninger wieder anfuhr und sie auf dem Kopfsteinpflaster durchgerüttelt wurden.
»Wenn du das Feuer besiegen willst, darfst du dich nicht fürchten, durch die Hölle zu gehen. Es ist Zeit für die
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