Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
ein eigenes kleines Messer machen.«
» Daraus wird sowieso nichts, Heather. Mr. Rathbone musste wegen dringender Geschäfte abreisen«, sagte Dorothea.
» Was? Und er hat sich noch nicht einmal von mir verabschiedet?« Die Enttäuschung des Mädchens war offensichtlich.
» Manchmal muss es sehr schnell gehen«, warf Mutter Schumann begütigend ein. » Es tut ihm sicher sehr leid, dass er keine Zeit mehr dafür hatte.«
» Wieso musste er überhaupt auf einmal abreisen? Als wir ihn vorgestern trafen, hat er nichts davon gesagt.« Lischen warf ihrer Schwester einen argwöhnischen Blick zu. » Habt ihr euch etwa gezankt, Doro?«
» Nein, das haben wir nicht. Wie kommst du überhaupt auf eine solche Idee?– Ich habe nur Sehnsucht nach Eden-House und meine, wir können deinen Vater nicht noch länger allein mit Tante Arabella und Mrs. Perkins lassen. Findest du nicht auch, Heather?«, versuchte Dorothea ihrer Stieftochter die neue Wendung schmackhaft zu machen. » August, könntest du uns dann morgen mit dem Gig hinbringen?« Das Gig war ebenso wie das Kutschpferd in Robert Masters’ bevorzugtem Mietstall in der Wakefield Street untergebracht und wartete dort auf seinen weiteren Gebrauch.
» Morgen?« Ihr Bruder wirkte nicht gerade angetan. » Morgen sollte ich mit dem Professor unsere Ausrüstung kaufen gehen. Du weißt doch, dass wir nächste Woche aufbrechen wollen. Ich habe wirklich keine Zeit. Frag im Mietstall. Dort werden sie dir sicher gerne einen Kutscher oder Pferdeknecht vermitteln.«
» Das wird nicht nötig sein. Ich kann sie begleiten«, sagte Koar unvermittelt.
» Das ist sehr nett von dir, Koar«, erwiderte Dorothea überrascht von dem unerwarteten Angebot. » Aber hast du nicht Unterricht?«
Das Lächeln, das über seine schwarzen Züge glitt, war unmissverständlich ironisch. » Bei einem Kaurna wird nicht erwartet, dass er zuverlässig ist. Karl kann sagen, dass ich auf einem Trail bin. Niemand wird das bezweifeln.«
» Kannst du denn kutschieren?«
» So gut wie August allemal.« Koars weiße Zähne blitzten auf. » Ich habe hier und da im Mietstall geholfen, weil es mich interessiert hat, wie Pferde funktionieren.«
» Na, dann wäre das ja geklärt«, sagte August erleichtert und stand auf. » Mach’s gut, Schwesterherz. Wir werden uns länger nicht sehen.« Eine feste Umarmung für Dorothea, ein beiläufiges Tätscheln der Schulter für Heather– und weg war er.
» Ich bin überaus froh, ihn die nächsten Wochen in guter Gesellschaft zu wissen«, bemerkte Mutter Schumann später zu Dorothea, als sie zu zweit die Reisekiste packten. » In letzter Zeit habe ich manchmal ein ungutes Gefühl gehabt, was den Hang deines Bruders zu zwielichtigem Umgang betrifft.«
» Das geht sicher vorüber«, versuchte Dorothea sie zu beruhigen. » Junge Burschen schlagen manchmal über die Stränge. Wenn er erst einmal verheiratet ist, wird er sicher ein Muster an Tugend sein.«
» Dein Wort in Gottes Ohr«, gab Mutter Schumann trocken zurück. » Aber bis dahin bleibt mir nur zu beten, dass ihm nichts Unwiderrufliches zustößt.«
Dorothea dachte an die Leichtfertigkeit, mit der ihr Bruder gewisse Etablissements besuchte, und konnte ihr im Stillen nur recht geben. » Zumindest für die nächsten Wochen brauchst du dir jedenfalls keine Sorgen zu machen«, versuchte sie ihre Mutter zu beruhigen. » Mit Professor Menge wird er gar keine Zeit haben, auf dumme Gedanken zu kommen.«
Beim Aufbruch am nächsten Morgen war Heather dermaßen schlecht gelaunt, dass Dorothea sich zusammennehmen musste, um sie nicht anzufahren. Nach zwei nahezu durchwachten Nächten waren ihre Nerven bis zum Zerreißen angespannt. Als das Mädchen aus Unachtsamkeit den Krug Limonade, die Mutter Schumann am Abend zuvor noch zubereitet hatte, umstieß, konnte sie nicht mehr an sich halten und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige. Nach einem Augenblick, in dem sie wie erstarrt dagestanden hatte, brach Heather in Tränen aus und rannte ins Haus zurück. » Verdammt«, fluchte Dorothea. Das würde Heather ihr vermutlich ewig übel nehmen. Warum war sie nur so unbeherrscht gewesen?
Sie fand ihre Stieftochter am ganzen Körper bebend, den Kopf im Schoß ihrer Mutter vergraben. » Ich will viel lieber bei dir und Lischen bleiben!«, stieß sie unter gewaltigen Schluchzern hervor. » Du schimpfst nie mit mir. Du bist lieb. Warum kannst du nicht meine Mama sein?«
In Dorothea stieg brennende Scham auf. Ihre Mutter strich der
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