Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
vier Augen und zog sie stürmisch in seine Arme. » Mein Herz, du hast mir so gefehlt!«
» Du mir auch«, log Dorothea. » Deswegen habe ich es ohne dich nicht mehr ausgehalten. Ich konnte einfach nicht mehr warten, dass du uns holen kommst.« Sein glückliches Gesicht besänftigte ihre Gewissensbisse. Mit der Zeit würde sie lernen, Robert so zu lieben, wie er sie liebte.
Am nächsten Morgen verabschiedete Koar sich, um nach Adelaide zurückzukehren. Roberts Angebot, eines der Pferde zu nehmen, lehnte er ab. » Ich bin lange nicht mehr auf dem Trail gewesen«, sagte er eine Spur wehmütig. » Es ist an der Zeit, dass ich wieder die Erde unter meinen Fußsohlen spüre.«
Mit ihm verschwand auch das letzte Verbindungsglied zu ihrer Familie und zu Ian. Dorothea sah ihm betrübt nach, wie er mit den langen Schritten seines Volkes davonging. » Ein ungewöhnlicher Bursche«, konstatierte Lady Arabella. » Ich denke, er kann es weit bringen.– Mrs. Perkins wollte übrigens mit dir die Wäscheliste durchgehen, Liebes. Ich glaube, es fehlte irgendetwas.«
Der Alltag auf Eden-House nahm Dorothea schneller wieder in Anspruch, als sie erwartet hätte. Mrs. Perkins schien es darauf anzulegen, sie mit allen Aspekten eines größeren Haushalts vertraut zu machen. Als sie sich bei Robert darüber beschwerte, dass die Köchin doch früher nicht ständig alle Menüpläne und Einkaufslisten mit ihr hatte absprechen wollen, lächelte er und sagte: » Sie meint es nur gut! Sie fürchtete nämlich schon, du hättest dich vielleicht überflüssig gefühlt, weil sie immer alles über deinen Kopf hinweg bestimmt hatte. Wenn es dir zu viel wird, kannst du ihr ja sagen, dass du ihr freie Hand gibst.«
Auch Heathers Schulstunden wurden wieder aufgenommen. Zu Dorotheas Überraschung hatte das Mädchen einigen Ehrgeiz entwickelt. » Lischen hat gesagt, sie schreibt mir Briefe– aber nur, wenn ich es auch tue«, erklärte sie ihren neuen Eifer.
Drei Wochen nach ihrer Rückkehr setzte ihre Monatsblutung ein. Vor Erleichterung hätte sie singen und tanzen können. Stattdessen brach sie in Tränen aus. Dass es Freudentränen waren, konnte niemand ahnen. Robert, der ihren Ausbruch teilweise mitbekommen hatte, setzte sich, nachdem er den Grund dafür erfahren hatte, neben sie aufs Bett. » Weine nicht, mein Herz«, tröstete er sie etwas hilflos und legte den Arm um ihre bebenden Schultern. » Ich verstehe ja, dass du enttäuscht bist. Aber dass du so schnell wieder schwanger wirst, kannst du nicht erwarten. Hab Geduld. Es wird schon werden.«
» Ich will dir unbedingt Kinder schenken.« Dorothea sah zu ihm auf. » Du wünschst es dir doch so sehr, Robert.«
» Das stimmt, mein Herz.« Er tupfte ihr liebevoll mit seinem Brusttuch das nasse Gesicht trocken. » Aber habe ich dir nicht auch gesagt, dass du das Allerwichtigste für mich bist? Dein Glück kommt für mich an erster Stelle. Bitte, tu mir den Gefallen und lächle wieder. Es tut mir weh, dich so bekümmert zu sehen.«
Sie tat ihm den Gefallen. Es war so einfach, Robert glücklich zu machen. Warum konnte sie ihn nicht so lieben, wie er es verdiente?
Der Frühling wich einem heißen, trockenen Sommer. Jetzt machte sich die Nähe zum Murray River angenehm bemerkbar: Wassermangel wie in anderen Gebieten Südaustraliens gab es hier nicht. Wenn Sam die Schleusen zu den raffiniert ausgeklügelten Bewässerungskanälen für die Tränken auf den weiter entfernten Viehweiden öffnete, strömte stets ausreichend von dem kostbaren Nass. Wenn Robert Zeit hatte, und die nahm er sich jetzt häufig, ritt er mit Dorothea und Heather zum Fluss. Dort vergnügte die Kleine sich damit, Muscheln zu sammeln oder Fische nach Eingeborenenart mit der Hand zu fangen. Derweil saßen Dorothea und Robert im Schatten und unterhielten sich oder schlenderten Hand in Hand zu einem von den Steinplätzen, an denen die Ngarrindjeri angeblich geheimnisvolle Rituale durchführten. » Ich habe es noch nie selber gesehen, aber Moorhouse erzählte mir, dass an solchen Plätzen Geister angerufen werden, die dann auch tatsächlich erscheinen.« Robert grinste spitzbübisch. » Natürlich sind es in Wirklichkeit bemalte und maskierte Männer, aber in der Dunkelheit soll es ausgesprochen eindrucksvoll sein, wenn sie plötzlich zwischen den Dolmen auftauchen, als wären sie vom Himmel gefallen. Dazu scheinen sie einige magische Tricks zu beherrschen, die für einfache Gemüter äußerst beängstigend sein sollen.«
» Zum
Weitere Kostenlose Bücher