Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
sobald Sie Ihr Äußeres wieder in einen präsentablen Zustand gebracht haben.«
Kleinlaut wie ein gescholtener Schuljunge nickte August und verschwand.
» Und jetzt zu Ihnen!« Der Blick des Kapitäns verfinsterte sich bedrohlich, als er sich dem Bärtigen und dessen Komplizen zuwandte. » Es ist absolut unakzeptabel, dass Mitglieder der Crew Passagiere attackieren. Ab sofort werden Sie nur noch unter Deck Dienst tun, und sollten mir irgendwelche Klagen, egal worüber, zu Ohren kommen, lasse ich Sie beide für den Rest der Reise in Eisen legen. Ist das klar?«
Beide nickten und schlurften davon. Auch der Rest der Zuschauer versuchte, sich so unauffällig wie möglich zu verdrücken.
» Sie, Miss, werden sich in Zukunft ebenfalls allergrößter Zurückhaltung befleißigen«, wurde Millie in etwas milderem Ton abgekanzelt. » Wenn meine Männer sich Ihretwegen noch einmal in die Haare geraten, werde ich die Deckstunden streichen.«
Nun doch leicht eingeschüchtert knickste Millie und beeilte sich, den Niedergang ins Zwischendeck hinunterzuklettern.
» Damit wären wir bei Ihnen, junger Mann!« Der Kapitän musterte Ian ernst, doch nicht unfreundlich. » Sie haben großes Glück, dass niemand verletzt wurde. Wussten Sie, dass man vor gar nicht langer Zeit Leute, die auf See ein Messer einsetzten, mit der Hand an den Mast genagelt hat?«
Dorothea hielt es nicht mehr in ihrem Versteck. » Ian hat verhindert, dass der Mann meinen Bruder mit dem Prügel niederschlug«, sagte sie hastig. » Bitte, Herr Kapitän, er wollte doch nur helfen.«
» Wo kommen Sie denn jetzt her? Haben Sie etwa alles mit angesehen?« Sowohl den Kapitän als auch Mr. Gibbs schien diese Möglichkeit ziemlich zu schockieren.
» Na ja, sozusagen. Ian und ich haben hinter der Back gerade Messerwerfen geübt«, gab Dorothea zu und sah flehentlich zum Kapitän auf. » Ian hat dann den Mann entwaffnet. Er wollte ihn nicht verletzen.«
» Wenn ich ihn hätte treffen wollen, hätte ich ihn getroffen«, bekräftigte Ian ruhig.
Die beiden Männer wechselten einen langen Blick, den Dorothea nicht deuten konnte. Dann schüttelte der Kapitän leicht den Kopf und sagte: » Ich werde von einer Sanktion bezüglich des Messerangriffs absehen. Es scheint sich ja tatsächlich eher um eine Notlage gehandelt zu haben. Mr. Gibbs, Sie können ihm die Waffe wieder aushändigen.« Er nickte ihnen abschließend zu, und Dorothea konnte hören, was er im Weggehen vor sich hinmurmelte: » Messerwerfen! Beim Jupiter, Missionarstöchter sind auch nicht mehr, was sie mal waren!«
Südaustralien, Oktober 1840
3
Der erste Anblick von Adelaide enttäuschte Dorothea zutiefst. Sie hatte zumindest eine Stadt wie Dresden erwartet, nicht aber diese jämmerliche Ansammlung halb verfallener Häuser. Die Straßen waren ja noch nicht einmal gepflastert! Das Ochsengespann, mit dem ihr Vater sie abgeholt hatte, versank immer wieder bis zu den Radnaben im gelblichen Schlamm des Weges. Dann mussten sie alle absteigen und so lange zu Fuß gehen, bis die Räder wieder festeren Untergrund hatten. Ihre Schuhe waren inzwischen total durchweicht, die nassen Rocksäume schlugen bei jedem Schritt schwer und kalt gegen ihre Waden.
Missmutig glitt ihr Blick über die regennassen Büsche am Wegrand. Da waren sie endlich auf dem » trockenen Land« und dann das!
Die letzten Wochen auf dem Schiff hatte sie fast unerträglich gefunden. Nach dem sogenannten » Zwischenfall« hatte ihre Mutter darauf bestanden, dass sie und August während der Deckstunden bei der übrigen Familie auf dem abgeschiedenen Kajütdeck blieben. Dorthin hatten die anderen Passagiere keinen Zutritt. Während ihr Bruder nicht unzufrieden mit diesem Arrangement schien, hatte sie die Stunden mit Ian schmerzlich vermisst. Statt mit ihm auf dem Achterdeck so etwas wie Freiheit zu genießen, musste sie nun mit Lischen und ihrer Mutter » Schwarzer Peter« oder andere alberne Kindereien spielen. Nur äußerst selten war es ihr gelungen, sich davonzuschleichen. Und meist war dann Ian gerade nicht zu sehen.
In Port Adelaide hatten sie kaum ein paar Minuten gehabt, um sich zu verabschieden. Im allgemeinen Aufruhr hatte er sie hinter den Aufbau der Back gezogen, ihr sein kostbares Messer in die Hand gedrückt und gesagt: » Hier, nimm es. Ich habe sonst nichts, was ich dir als Andenken schenken könnte.«
» Das kann ich nicht annehmen«, hatte sie geflüstert, weil sie ihrer Stimme nicht so recht traute. » Ich weiß doch, wie
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