Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
begann, ihr von sich und den übrigen Bewohnern auf Eden-House zu erzählen. Robert William Masters war als jüngster Sohn eines Landadeligen mit fünf lebenden Brüdern schlicht und einfach überflüssig gewesen. Versehen mit seinem Erbteil und in Begleitung eines erfahrenen Stallknechts war er also nach Südaustralien ausgewandert, um sich dort eine Zukunft als Viehzüchter aufzubauen.
Noch unter dem ersten Gouverneur Hindmarsh hatte er eine gute Nase bewiesen und billig ein großes Stück Land am Murray River erstanden, als die meisten anderen Immigranten sich noch davor scheuten, weiter im Land zu siedeln. » Erst später habe ich begriffen, was für ein Glück ich hatte«, sagte er nachdenklich. » Im Unterschied zu den Kaurna um Adelaide leben die Ngarrindjeri hier vor allem aus dem Fluss. Sie kennen keine Notzeiten wie die Stämme im Norden, die auf Jagdwild angewiesen sind. Umso einfacher war es, ihnen den Geschmack an Rindfleisch zu verderben.« Er grinste bei der Erinnerung. » Der alte Sam hatte die Idee: Wir nahmen das älteste Tier, das wir hatten, schlachteten es und rieben das Fleisch mit Rizinusöl ein. Dann hängten wir die Stücke über Nacht an die Bäume am Fluss. Natürlich war es am nächsten Morgen verschwunden. Aber seitdem ist mir kein Stück Vieh gestohlen worden.«
Mit den Schafen funktionierte das natürlich nicht. Um seine Herden teilweise äußerst wertvoller Merinos zu schützen, hatte Robert mit den Häuptlingen der umliegenden Stämme einen Handel abgeschlossen: Sie bekamen einen festgelegten Anteil an den Tieren, Mehl und Tabak. Dafür garantierten sie, dass niemand von ihnen eines tötete.
Der rasche wirtschaftliche Erfolg hatte seine Familie dazu bewogen, einen weiteren Sohn samt seiner Familie nachzuschicken. Unglücklicherweise war dieser während der Überfahrt gestorben, und Robert stand vor der Aufgabe, die Verantwortung für eine vom Schicksal enttäuschte junge Witwe und ihre kleine Tochter übernehmen zu müssen. » Da haben wir eben geheiratet. Es schien mir damals das Einfachste.«
» Dann ist Heather gar nicht deine leibliche Tochter?«, entfuhr es Dorothea.
» Nein, aber sie glaubt es. Ihre Mutter wollte es damals so. Ich glaube nicht, dass sie noch eine wirkliche Erinnerung an ihren Vater hat, und nachdem ihre Mutter starb, wollte ich ihr nicht auch noch den Vater nehmen. Das arme Kind hat genug mitgemacht.«
Dorothea murmelte etwas Zustimmendes und wartete gespannt darauf, dass er weitersprach.
Robert Masters schien im Zwiespalt, wie viel er ihr anvertrauen wollte. Schließlich rang er sich ein schiefes Lächeln ab und sagte: » Es hat einfach nicht funktioniert. Claire konnte sich nicht an das Leben draußen im Busch gewöhnen.
Sie brauchte Gesellschaft, Bewunderung und Gelegenheiten, ihre schönen Kleider zu tragen. All das konnte ich ihr nicht bieten. Ich musste mich ja um meine Tiere kümmern. Und ich gebe zu, ich blieb öfter draußen auf den Stationen als nötig. Um mein Gewissen zu beruhigen, ließ ich Tante Arabella nachkommen. Ich dachte, wenn sie ihr Gesellschaft leistete, würde Claire sich nicht mehr so einsam fühlen.«
» Hat es geholfen?«
» Nur kurz.« Masters kämpfte sichtlich mit den unschönen Erinnerungen. » Tante Arabella meinte, Claire sei vermutlich schwer nervenkrank. Sie begann, in die Eingeborenenlager in der Umgebung zu gehen und dort mit den Männern zu kokettieren. Wir haben sie dann in ihrem Zimmer eingesperrt, um sie vor sich selbst zu schützen. Aber eines Nachts ist sie durchs Fenster gestiegen und im Nachthemd in den Busch gelaufen.«
Der Rest der Geschichte war bekannt. Zumindest die Tatsachen oder was als Tatsachen angesehen wurde. Dorothea schluckte und murmelte: » Es tut mir mehr leid für dich, als ich sagen kann. Es muss schrecklich gewesen sein.«
» Das war es.« Mehr sagte er nicht dazu, und sie traute sich nicht, weiter in ihn zu dringen. Es gab Erinnerungen, die man besser ruhen ließ.
» Wie sind die Ngarrindjeri eigentlich so? Wie die Kaurna?«, fragte sie, auch um das Thema zu wechseln. Masters zuckte mit den Achseln. » Mehr oder minder sind sie alle gleich. Zumindest die, die ich kenne. Die Gruppen in unserer Umgebung sind ganz friedlich. Die an der Küste haben mehr schlechte Erfahrungen mit Weißen gemacht, deswegen sind sie uns nicht gerade freundlich gesonnen. Das kann man ihnen kaum übel nehmen, wenn man bedenkt, dass die Walfänger und Fischer seit Generationen ihre Frauen als Sklavinnen nach
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