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Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Titel: Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: peterson
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hatte?
    Schweißperlen sammelten sich auf ihrer Stirn und Oberlippe, und sie schmeckte Galle. Es kostete sie geradezu übermenschliche Selbstbeherrschung, still und bewegungslos zu verharren. Dorothea grub die Zähne in die Unterlippe, bis der metallische Geschmack von Blut den der Galle übertönte. Sie durfte keinen weiteren Laut von sich geben! Vielleicht war sie auch so verloren, weil der eine Schrei ausgereicht hatte, ihm ihr Versteck zu verraten. Sie klammerte sich jedoch an die winzige Hoffnung, dass er ihn nicht gehört hatte und im Dunklen nicht so gut Spuren lesen konnte wie bei Tageslicht.
    Plötzlich ließ der nahezu unerträgliche Schmerz nach, als hätte jemand das Messer wieder herausgezogen. Gleich darauf war es vorbei. Dafür setzte ein Ziehen in ihrem Unterleib ein, das ihr von ihren Monatsblutungen her nur zu vertraut war. Dorothea realisierte nur am Rande ihres Bewusstseins, dass sie gerade das Kind verlor. Es ließ sie seltsam unberührt: so, als ob es einem anderen Menschen zu einer anderen Zeit zustieße. Das Einzige, das zählte, war der irrsinnige Schwarze, der sie töten wollte.
    Ein Rascheln wie von einem größeren Tier ließ sie vor Angst beinahe ohnmächtig werden. War er ihr bis hierher gefolgt? Würde sein Schatten gleich die Öffnung des Baums verdunkeln und ein brutaler Schlag ihrem Leben ein Ende setzen? Als könne sie die Wirklichkeit ausschließen, kniff sie die Augen wie ein Kind fest zusammen und presste sich an die raue Holzfläche des Red River Gums. In diesem unpassenden Moment kam ihr ihr Vater in den Sinn, wie er ihr einmal die Geschichte einer Nymphe vorgelesen hatte, die sich im Augenblick höchster Gefahr in einen Baum verwandelt hatte. Sie hatte auf seinem Schoß gesessen, das dazugehörige Bild betrachtet und sich gefragt, wie es sich wohl anfühlen mochte, wenn die eigenen Glieder zu Ästen und Borke wurden.
    Auf einmal wich das Gefühl der Bedrohung. Es gab keinerlei Anzeichen, wieso. Aber ohne dass Dorothea einen Grund hätte angeben können, wusste sie einfach, dass der Mann sich entfernt hatte. Die Anspannung wich von ihr. So plötzlich, dass sie zusammensackte wie eine Stoffpuppe, ehe sie in Tränen ausbrach.
    Die warme Nässe zwischen ihren Oberschenkeln erinnerte sie daran, dass sie so schnell wie möglich Hilfe benötigte. Sie musste zurück zum Haus! Ihre Knie zitterten immer noch, als sie sich vorsichtig aufrichtete und das Schwindelgefühl zu beherrschen versuchte. Als sie die Öffnung im Stamm erreicht hatte, setzte der schneidende Schmerz erneut ein. Mit einem lauten Stöhnen krümmte sie sich zusammen. Es tat so weh, dass sie kaum spürte, wie etwas aus ihr herausrutschte. Etwas Glitschiges, Warmes. Sobald der Krampf nachließ, blickte sie an sich herab und erschrak dermaßen, dass sie fast wieder zu Boden gesunken wäre.
    Im fahlen Mondlicht sah der untere Teil des Nachthemds unter dem zerfetzten Morgenmantel schwarz aus. Dabei war es doch eigentlich weiß. War die klebrige Flüssigkeit, die an ihren Beinen herunterlief, Blut?
    Würde sie jetzt hier sterben? Hatte der Schwarze das gewusst und sie deshalb ihrem Schicksal überlassen?
    Dorothea schloss die Augen. Ihr ganzer Körper schmerzte, und sie war so müde, dass sie kaum die Augen offen halten konnte. Schlafen, nur noch schlafen. Wäre es wirklich so schlimm, wenn sie dabei in den Tod hinüberglitte?
    Ihr unbedingter Lebenswille gewann die Oberhand. Ohne darüber nachzudenken, setzte sie sich in Bewegung. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie in der richtigen Richtung vorwärtstaumelte. Aber wie getrieben setzte sie einen Fuß vor den anderen. Das Bellen eines Hundes und menschliche Stimmen rissen sie aus ihrer halben Betäubung. Man suchte sie, Hilfe war nah!
    » Ma’am? Mrs. Masters?« Jetzt waren Sams besorgte Rufe schon deutlich zu verstehen. Sein raues Organ klang in ihren Ohren wie die schönste Musik. » Können Sie mich hören?– He, John, such mal da drüben bei den Büschen. Das könnte ein Stofffetzen sein.«
    » Hier bin ich.« Dorotheas Stimme klang schwach, leicht krächzend. Sie räusperte sich und versuchte es nochmals. » Hilfe, hierher.«
    In der windstillen Nacht trug ihre Stimme weit genug, um zumindest den Hund zu erreichen. Mit aufgestellten Ohren und heftig wedelndem Schwanz kam er auf sie zu. Bisher hatte sie dem Mischling, der nachts die Ställe bewachte, kaum Beachtung geschenkt. Jetzt empfand sie tiefe Dankbarkeit, als das Tier sie umsprang und dabei laut bellend

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