Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
sich schon wie ein Kanarienvogel: verhätschelt, geliebt und doch nie frei zu tun, was ihr beliebte.
» Ich werde so schnell wie möglich zurückkommen«, sagte ihr Mann aufmunternd und trat auf sie zu, um sie liebevoll zu umarmen. » Es sind doch nur ein paar Tage.«
» Warum kann ich nicht mitkommen? Ein wenig durchgerüttelt zu werden wird mir schon nicht schaden.« Dorothea hörte selbst, dass ihre Stimme klang wie die eines quengelnden Kleinkinds. Sie konnte nichts daran ändern. Und im Augenblick wollte sie das auch nicht.
Ihr Mann seufzte leise und drückte einen Kuss auf ihren Scheitel. » Liebes, das haben wir doch wieder und wieder besprochen: Es ist unser erstes Kind. Ich will und kann nicht das geringste Risiko eingehen. Tante Arabella kannte eine Frau, die ist nur mit der Kutsche zur Kirche gefahren, und das hat schon ausgereicht, eine Fehlgeburt auszulösen.«
Dorothea biss die Zähne zusammen, um eine sarkastische Bemerkung über Lady Chatwicks Kompetenz in Sachen Schwangerschaft zurückzuhalten. Ihrer Einschätzung nach neigte die Dame ein wenig zu sehr zum Dramatisieren, was vermutlich auf die blutrünstige Lektüre zurückzuführen war, die sie so schätzte. Aber Robert das klarzumachen würde sich als vergebliche Liebesmüh herausstellen. Also winkte sie ihm am nächsten Morgen ein wenig neidisch hinterher. Männer hatten es gut: Sie konnten jederzeit beschließen, hierhin und dorthin zu reiten. Keine typisch weiblichen Befindlichkeiten behinderten sie in ihren Plänen. Kein Wunder, dass Heather die Welt der Rüschen und gestärkten Hauben so vehement ablehnte! Wurden ihr doch täglich die Einschränkungen des weiblichen Geschlechts vor Augen geführt: ihre Tante, die völlig davon abhängig war, dass jemand sie kutschierte; Mrs. Perkins, die sich erstaunlicherweise ebenfalls weigerte, auch nur die Zügel in die Hand zu nehmen, und sie, die neue Stiefmutter, die noch nicht einmal mitfahren durfte, weil ihr Zustand » zu delikat« war.
Als sie etwas Entsprechendes Lady Chatwick gegenüber äußerte, meinte die jedoch: » Liebes, das ist doch Unsinn! Wenn ich wollte, könnte ich jederzeit Sam bitten, anzuspannen und mich irgendwohin zu kutschieren. Das Gleiche gilt für Mrs. Perkins und für Heather, sobald sie alt genug sein wird. Bei dir ist es etwas anderes. Das kannst du nicht vergleichen. Wieso sollte das Kind auf dermaßen seltsame Gedanken kommen?« Lady Chatwick war so offensichtlich zufrieden mit der Welt, wie sie war, dass Dorothea darauf verzichtete, das Thema weiter zu verfolgen, und sie dem wohligen Grusel ihrer augenblicklichen Schauergeschichte überließ. Wenigstens hatte sie genug Umsicht, Heather damit zu verschonen! Nicht auszudenken, was das in ihrem kindlichen Kopf anrichten konnte.
Dorothea hatte dem Angebot, eines der Bücher zu lesen, nicht widerstehen können. Und es überlief sie immer noch eiskalt, wenn sie an die Geschichte der eisernen Jungfrau oder den neben der Leiche seiner Mutter lebendig begrabenen jungen Mann dachte.
Entsprechend panisch reagierte sie mit einem Entsetzensschrei, als sie mitten in der Nacht von einer kleinen, kalten Hand an der Schulter geweckt wurde. Sie fuhr auf und rang nach Atem, während ihr wie rasend schlagendes Herz sich beim Anblick ihrer Stieftochter langsam wieder beruhigte.
Ihr erster Impuls, das Kind scharf anzufahren, weil es sie so erschreckt hatte, verschwand sofort, als sie in das totenblasse Gesicht sah. Wenn Heather sich ausgerechnet an sie um Hilfe wandte, musste es ihr bitterernst sein. » Was ist los, Heather? Fühlst du dich krank?«, gelang es ihr schließlich einigermaßen ruhig zu fragen, während sie schon die Hand ausstreckte, um zu fühlen, ob das Kind fieberte.
Heather schüttelte entschieden den Kopf. » Ich bin nicht krank.« Ihre Augen blickten klar und ernst. Sie wirkte absolut gesund. Dorothea spürte Ärger in sich aufsteigen. Was sollte das?
» Würdest du mir dann erklären, wieso du hier mitten in der Nacht an meinem Bett stehst?«, fragte sie, und der Unmut, den sie empfand, klang dabei deutlich durch.
Heather erschauerte und umschlang die schmalen Schultern mit den Armen. » Ich habe den bösen Mann gesehen«, flüsterte sie mit vor Schreck immer noch ganz großen Augen.
Ein Albtraum!
Fast erleichtert hob Dorothea die Bettdecke an. » Du hast schlecht geträumt. Komm, du kannst heute Nacht hier schlafen, und morgen bei Tageslicht ist alles vergessen.«
Heather kniff die Lippen zusammen. » Ich
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