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Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t

Titel: Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: peterson
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Hand presste sie in einer verzweifelten Geste auf den Mund.
    Wie der Kopf einer Marionette, gezogen von unsichtbaren Fäden, schwang auch Dorotheas herum. Im ersten Augenblick erkannte sie nicht, was da auf den Brettern vor dem Latrinensitz lag. Es war eine seltsame Form. Nein, eher verschiedene Formen. Und sie lagen in einem dunklen Fleck, der auf dem hellen Holz gut auszumachen war. War das etwa Blut?
    Ihr Griff um Heathers Hand lockerte sich, und die ergriff die Gelegenheit, sich loszureißen. Wie ein verschrecktes Tier flüchtete sie ins Haus und warf die Tür hinter sich zu. Mit einem deutlich hörbaren Klacken wurde der Riegel vorgeschoben.
    Na fein! Jetzt durfte sie auch noch Mrs. Perkins wecken, um sie wieder ins Haus zu lassen! Dorothea presste verärgert die Lippen aufeinander, ohne den Blick von dem sonderbaren Häufchen zu nehmen. Was daran hatte Heather so verstört? Sie konnte nicht einmal erkennen, worum es sich handelte. Es erinnerte an…
    Blitzartig brach die Erkenntnis über sie herein: Es war das kleine Tier, von dem Heather gesprochen hatte. Sie versuchte, die Übelkeit zu ignorieren, die in ihr aufstieg, brach einen Ast ab und schob damit die Teile so weit aus der Blutlache, bis sie Einzelheiten erkennen konnte. Es handelte sich tatsächlich um ein Wallaby. Ein noch nahezu nacktes Jungtier. Der abgetrennte Kopf mit den geschlossenen Augenlidern rollte ein paar Zentimeter beiseite. Jetzt erkannte sie die bleistiftdünnen Gliedmaßen, die wie zerbrochene Stöckchen daneben verstreut lagen.
    Mein Gott, wer tat so etwas? So etwas konnte nur die Tat eines Verrückten sein!
    Fast gleichzeitig schoss ihr der zweite Gedanke durch den Kopf: War er noch in der Nähe?
    Starr vor Angst versuchte sie, in den unruhigen Schatten etwas zu erkennen, lauschte mit angespannten Sinnen auf jedes Rascheln in der Nähe. Es war kein Geräusch, das sie warnte, sondern ein Geruch. Plötzlich war da dieser Gestank. Ranzig und streng. Er ähnelte nichts Bekanntem.
    Sie wirbelte herum, um zum Haus zu rennen und dort an die Tür zu hämmern. Und da stand er. Unbeweglich wie eine Statue versperrte er ihr den Rückweg. Unwillkürlich wich Dorothea zurück, bis sie mit dem Rücken an die raue Holzwand der Latrine stieß.
    Es war ein hochgewachsener Schwarzer. Um nicht zu sagen: riesig. Gesicht und Körper waren vollkommen mit Mustern aus weißem Ocker bedeckt, die im fahlen Mondlicht schimmerten und an ein Skelett erinnerten. Aus dunklen Augenhöhlen fixierte er sie, während aus seinem weiß umrandeten Mund gutturale Töne drangen, eine Art Beschwörung.
    Schritt für Schritt kam er auf sie zu, in einer seltsam tänzelnden Bewegung wie eine Schlange, die sich ihrer Beute nähert. Genauso gelähmt wie das Kaninchen sah Dorothea ihm entgegen. Sie brachte einfach nicht die Kraft auf, ihren Blick von seinem zu lösen und den Zauber zu brechen.
    Erst als er schon sein Waddy hob, um zuzuschlagen, gewann ihr Überlebenswille die Oberhand. Mit einem Schrei der Verzweiflung warf sie sich herum und tauchte in die schützenden Schatten des Unterholzes. Ohne darauf zu achten, dass die Dornen und Ranken ihr Gesicht und Hände zerkratzten, den schützenden Morgenmantel zerfetzten, hetzte sie voran, jeden Moment in Erwartung des tödlichen Schlags. Ihre panische Flucht folgte keinem Plan. Deshalb hatte sie nicht die geringste Ahnung, wo sie sich befand, als sie endlich völlig außer Atem in einem hohlen Red Gum Tree zu Boden sank.
    Sie war so erschöpft, dass sie einfach nicht mehr weiter konnte. Hektisch tastete sie den Boden nach etwas ab, womit sie sich verteidigen könnte. Wenn sie nur daran gedacht hätte, das Wurfmesser mitzunehmen! Inzwischen war sie wieder so gut wie damals auf dem Schiff. Auf zwanzig Schritt traf sie mit einer Genauigkeit, die vollkommen ausgereicht hätte, die Halsschlagader ihres Verfolgers zu durchtrennen.
    Sie musste etwas anderes finden. Einen Stein, einen dicken Ast, irgendetwas. In demselben Moment, in dem ihre Finger etwas Hartes, Spitzes berührten, durchzuckte sie ohne Vorwarnung ein scharfer Schmerz. Als ob ein Messer in ihre Eingeweide gestoßen würde.
    Die Empfindung war so überwältigend, dass sie unwillkürlich einen spitzen Schrei ausstieß und sich zusammenkrümmte. Es fühlte sich ganz anders an als alles, was sie kannte. Das Messer bohrte sich durch ihren Unterleib, so heftig, dass sie vor Schmerzen fast ohnmächtig wurde. Hatte er sie etwa verletzt, ohne dass sie es vorher gespürt

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