Wenn der Eukalyptus blüh dorothea1t
aus ihren Lagern. Sind Sie sicher, dass Sie nicht irgendwelche Schatten genarrt haben?« Es war der Köchin anzusehen, dass sie für sich diese Erklärung bevorzugte. » Das kommt davon, wenn man solche unchristlichen Geschichten liest.« Sie war kein Freund von Edgar Allan Poe.
» Ich habe mir nichts eingebildet!«, beharrte Dorothea gekränkt.
Mrs. Perkins machte sich nicht die Mühe, darauf zu antworten. » Der arme Master Robert!«, murmelte sie vor sich hin. » Wo er sich so auf das Kind gefreut hat!« Sie nahm die Waschschüssel auf, packte den Haufen nasser, verschmutzter Tücher und schickte sich mit der Ankündigung, für Dorothea gleich eine kräftige Brühe aufzusetzen, zum Gehen an.
» Wie geht es Heather?«, rief Dorothea ihr noch hinterher, bevor die Tür sich hinter ihr schloss. » Ist sie in Ordnung?«
Mrs. Perkins nickte. » Soweit ich es beurteilen kann. Im Augenblick ist sie noch ein wenig verstört, aber Kinder vergessen rasch.«
» Kann ich sie sehen?«
Die Köchin musterte sie, ehe sie nickte und sagte: » Ich schicke sie Ihnen nachher hoch. Sie kann Trixie tragen helfen.«
Sobald Dorothea allein war, sank sie in die Kissen zurück. So schrecklich diese Fehlgeburt auch gewesen war– sie hatte doch ihr Gutes! Sie würde nicht ständig durch sein Kind an Miles und seine schäbige Rache erinnert werden. Sie schämte sich für die Erleichterung, die sie bei diesem Gedanken empfand. Und es ging ja nicht nur um sie: Robert würde nicht erneut, wenn auch ohne sein Wissen, eine Vaterrolle ausüben müssen, die auf Betrug basierte. Besser, er trauerte jetzt aufrichtig um das Ungeborene, als in späteren Jahren vielleicht doch Verdacht zu schöpfen, wenn das Kind ihm so überhaupt nicht ähnelte.
Sie würde so rasch wie möglich wieder schwanger werden. Und dann würde es auch wirklich sein Kind sein, das sie zur Welt brachte.
Es war wohl nicht angebracht, Gott für eine Fehlgeburt zu danken. Obwohl: Woher sollte sie wissen, ob dieser unheimliche Eingeborene nicht doch sein Werkzeug gewesen war? Nein, das war Blasphemie, verwarf sie diesen ungeheuerlichen Gedanken wieder. Andererseits: Hatte nicht sogar ihre Mutter gemeint, dass manchmal aus Schlechtem Gutes entstünde?
Sie erschauerte bei der Erinnerung an die grauenhaften Stunden– waren es überhaupt Stunden gewesen? Ihr Zeitgefühl war ihr während der Flucht vollständig abhandengekommen. Die bange Zeit im Baum war ihr wie eine Ewigkeit erschienen. Hatte der Skelettmann sie derweil belauert? Wie ein Raubtier seine Beute?
Jetzt, bei hellem Tageslicht und sicher in ihrem Bett, schien ihr die nächtliche Verfolgung eher wie ein Albtraum. So unglaublich, dass sie selbst für einen Moment zweifelte. War es wirklich geschehen? Mrs. Perkins hatte vollkommen recht: Die Eingeborenen würden niemals ihre sicheren Lagerfeuer verlassen. Zu groß war ihre Angst vor dem kuinyo, einem Dämon, der jeden tötete, dessen er nachts außerhalb des Feuerscheins habhaft wurde. Wurde der kuinyo nicht als Skelett beschrieben?
War es wirklich ein Mensch aus Fleisch und Blut gewesen, den sie gesehen hatte?
Sie erschauerte, als ihr die Konsequenz dessen, was sie da eben gedacht hatte, bewusst wurde. Dieser Geist existierte nur als Aberglaube der Ngarrindjeri. Es war absolut unmöglich, dass sie ihn gesehen hatte. Es musste ein realer Mensch gewesen sein– und wenn Mrs. Perkins noch so ungläubig die Brauen hochzog! Auch Koar hatte keine Angst vor der Nacht gehabt. Es gab also einzelne Eingeborene, die sich im Dunkeln herumtrieben. Vielleicht sollte sie ihre Abneigung überwinden und doch einmal King George aufsuchen. Sie erinnerte sich nicht mehr an den genauen Wortlaut jener schockierenden Erzählung von Heather, wonach der alte Häuptling die Köchin vor einem bösen Zauberer gewarnt hatte. Wie alle anderen hatte sie es als kindliche Fantasterei eingestuft. Vielleicht war an der wüsten Geschichte doch mehr gewesen, als sie geglaubt hatte.
Ein kaum hörbares Kratzen an der Tür ließ sie aufmerken. Mit gesenktem Blick schob sich Heather ins Zimmer.
» Es tut mir leid«, platzte sie heraus, wobei sie immer noch vermied, Dorothea ins Gesicht zu sehen. » Ich wollte nicht, dass dir etwas geschieht. Wirklich nicht. Bist du sehr böse?«
» Auf dich?– Nein, Heather. Es war ja meine Dummheit, nachts nach draußen zu gehen.« Sie streckte die Hand aus, um dem Mädchen über die glänzenden Flechten zu streichen. » Mach dir keine Gedanken mehr darüber. Ich bin
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