Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause
CD , auf der man sich dann ganz viele Lernübungen anhören kann. Da freut man sich doch, wenn einen in Englisch ein Käfer namens
Barny, the British bug
begrüßt.
Erstens sind Käfer und andere Insekten nicht gerade die mir angenehmsten Wesen des Tierreichs. Zweitens irritiert es mich, wenn ich von einer mir fremden, fiktionalen Figur aus einem CD -Spieler mit «Hey, suckers!» angesprochen werde (kein Scherz!). Und drittens finde ich den «Sendung mit der Maus»-Stil, den diese Erklärfigürchen immer draufhatten, völlig unpassend. Ich meine, hey, «Die Sendung mit der Maus» ist toll. Aber wir waren in der zwölften Klasse!
Da man aber im Rahmen irgendeiner Schulreform wohl beschlossen hatte, dass Schüler mit solchen bunten Wesen besser lernen können, wurden wir die gesamte Schullaufbahn mit ihnen malträtiert. Und wer weiß, wozu sie gut sind? Vielleicht ermuntern sie zu revolutionären neuen Denkansätzen? Möglicherweise war Marx zunächst gar nicht politisch interessiert. Er wurde nur in der Schule derart von
Kalle, dem Kapitalistenschwein
, genervt, das am Rande seiner Bücher herumturnte und bei jeder schweren Aufgabe grunzte: «Oink, oink. Diese Aufgabe ist besonders knifflig! Oink, oink!», dass er geradezu gezwungen war, «Das Kapital» zu verfassen.
Alles Bio
«Wenn die Mutter gesund ist und der Vater die Bluterkrankheit hat, dann setzt sich das dominante Blutergen gegen das rezessive gesunde Gen durch, und das Kind wird auch Bluter. Das ist so. Aber wenn das so wäre, dann müssten irgendwann ja ganz viele Menschen die Bluterkrankheit haben. Das passiert nicht. Deswegen ist das nicht so.»
An diese Erklärung unseres Biologielehrers Herrn Merovic zu den Gesetzen der Vererbung von körperlichen Eigenschaften und Krankheiten, erinnere ich mich noch sehr genau. Denn dies war der Moment, in dem ich beschloss, Biologie in der Oberstufe abzuwählen. Genau genommen war Bio aber noch nie mein Ding gewesen. Das stellte sich bereits zu Beginn meiner Schulkarriere heraus, als der menschliche Körper Thema des Unterrichts war. Sobald von Blutbahnen, Muskelsträngen, aber vor allem von deren Erkrankungen wie z.B. Venenklappenentzündung und Teilmuskelbündelrissen die Rede war, wurde mir flau im Magen. Wurden dann auch noch blutige Operationen im Bauchbereich oder der Einsatz von leichten und schweren chirurgischen Instrumenten visualisiert, kam ich einer Ohnmacht verdächtig nahe. Warum zeigen Lehrer solche Filme? Rechnen sie mit einem kurz bevorstehenden Krieg, oder wollen sie die Schüler auf brutale Diskoschlägereien vorbereiten? Vielleicht erhoffen sich einige Lehrer auch, den Unterricht für die abgestumpfte Schülerschar durch möglichst viele eklige Filme wieder interessant zu machen. In Zeiten von Live-Videos aus Kriegsgebieten und blutspritzenden Ego-Shooter-Computerspielen reicht eine normale Dokumentation über den menschlichen Körper wohl nicht mehr aus. Da muss schon eine ordentliche Herzklappenoperation her.
Wahrscheinlich sind viele Lehrer und gerade Biolehrer aber auch einfach nur sadistisch veranlagt. Sie freuen sich, wenn Schüler leiden – anders ist so manch langatmiger Vortrag über Gelenkfunktionen und Nervenbahnen nicht zu erklären. Biolehrern sollte man grundsätzlich nicht trauen. Wer so viel und so gerne über das Aufschneiden von Körpern spricht, verspürt doch bestimmt mal die Lust, das Ganze auszuprobieren …
Im Biounterricht bei Herrn Merovic ging es immer schon bis auf die Knochen. Zunächst rollte er ganz zu Beginn ein künstliches Skelett herein und erzählte uns, es hieße Oskar. An der Schule von Orhans Bruder Ahmed hieß das Skelett Hermann. Ich finde, man sollte einmal über eine Frauenquote für Skelettnamen diskutieren.
So oder so halte ich es für äußerst bedenklich, wenn gestandene Lehrer mit ihren Unterrichtsmaterialien umgehen, als würden sie als Kleinkind mit ihren Kuscheltieren spielen. Zumal sie diesen Figuren im Verlauf einer Unterrichtsstunde mit kindlicher Freude die Knochen und Organe aus dem Leib reißen, um den Körperbau zu demonstrieren. Auch das spricht nicht gerade für psychische Stabilität und erhöht meine Bedenken gegenüber diesen Lehrkräften.
Oskar machte das alles nichts aus. Er hatte schon einiges in seiner Eigenschaft als Schulskelett erlebt: Hunderte Male hatten Biolehrer seinen Schädel und seinen Brustkorb auseinandergenommen, um den Aufbau der Knochen zu erläutern, und ebenso oft hatten dieselben Lehrer es nicht
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