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Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause

Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause

Titel: Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malte Pieper
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erhöhen lassen, ist eine andere Frage.
    Auf jeden Fall kenne ich viele Schüler, die auf die alltägliche Busfahrt gerne verzichten würden. Aber viele sind eben darauf angewiesen, da es auf den umliegenden Dörfern schon lange keine Schulen mehr gibt und alle in die großen Schulzentren in die Stadt fahren müssen. Die Busfahrt gehört nun mal zur Schule wie die Pest zum Mittelalter. Beides nicht schön, aber nur sehr schwierig zu vermeiden.
    Sollte man in absehbarer Zeit versuchen, Menschen zum Mars zu schicken, empfehle ich, dafür unbedingt Astronauten zu akquirieren, die früher mit dem Bus zur Schule gefahren sind. Sie haben das lange Verweilen in engen Räumen im Blut und wären auch auf Begegnungen mit Außerirdischen bestens vorbereitet. Denn wenn man mal genauer darüber nachdenkt, wer einem manchmal so im Bus gegenübersitzt, dann wird man unsicher, ob der Sitzplatznachbar nicht schon zu einer extraterrestrischen Invasionsbewegung gehört.

    Propagandatag
    In der Schule ist schon vieles mehr Schein als Sein. Da wird mit mehreren Austauschprogrammen in verschiedene europäische Länder geworben, von denen dann am Ende nur eines tatsächlich stattfindet. Die hohe Qualität der technischen Ausstattung wird angepriesen, und am Ende weiß niemand, wie man diese Technik einsetzt. Es werden extra Aufenthalts- und Lernräume – bei uns hieß das Stillarbeitszentrum – eingerichtet, und wenn man diese dann nutzen will, sind sie grundsätzlich geschlossen. Meist hängt noch ein Schild daran: «Wegen Vermüllung geschlossen. Wird erst wieder geöffnet, wenn der Müll beseitigt ist.» Ein typischer Lehrerauftrag: Wie soll man denn den Müll wegräumen, wenn man nicht in den Raum hineinkam?
    Auch die vielgepriesene hohe Anzahl an «Sanitäranlagen» gibt eher Anlass zur Sorge. Schultoiletten ohne Seife und mit seit Jahrzehnten defekten Handtrocknern laden Keime und Bakterien zum Verweilen und Verbreiten ein. Da geht man mit einer vollen Blase auf das Klo und kommt mit einer vollen Krankenakte wieder heraus. Das ist schlimmer als im Wartezimmer eines Kinderarztes. Und das will was heißen.
    Immerhin wusste unser Hausmeister von unseren Biolehrern: Bakterien vermehren sich vor allem, wenn es schön muckelig warm ist. Wahrscheinlich wurde unsere Schule deswegen grundsätzlich nicht beheizt. Und wenn es im Winter draußen zwanzig Grad minus war – die Heizkörper blieben kühl, selbst wenn man sie voll aufdrehte. Auf den Toiletten fielen Eiswürfel aus dem Wasserhahn ins Waschbecken. Ein Toilettenraum war sowieso schon unbrauchbar geworden, weil sich in einer der hinteren Kabinen eine Eisbärenmutter mit ihren Jungen niedergelassen hatte. Die Bedingungen waren für sie ideal.
    Wenn wir uns über die Kälte beschwerten, erfuhren wir stets, dass die Schule selber da überhaupt keinen Einfluss drauf hätte. Das würde alles von der Zentrale in Köln aus geregelt. Ja, ist klar! Die Heizungsrohre von allen nordrheinwestfälischen Schulen laufen bis nach Köln und dort zusammen. Da sitzt dann ein böswilliger Hausmeister und dreht mal hier einen Hahn auf und mal da eine Heizung ab. Und der Kölner Dom ist eigentlich die als Kirchengebäude getarnte Heizungszentrale. Na, logisch. Aber die Schule kann eben für nichts etwas. Es sind immer die anderen und im Zweifelsfall die böse Zentrale oder das gemeine Ministerium.
    Dann aber, eines Tages, verschwinden sämtliche Mängel ins Nirwana. Wann? Richtig. Am Propagandatag, auch bekannt als Tag der Offenen Tür. Das Gebäude ist plötzlich beheizt, in der Turnhalle wird nicht erst kurz vor Schulbeginn nochmal feucht durchgewischt und die Tür offen stehen gelassen, sodass im Winter eine kleine, aber feine Eisschicht entsteht. Nein, es ist alles fein hergerichtet, und ich habe gehört, es soll zu Schweinegrippezeiten an einigen Schulen am Tag der Offenen Tür sogar Seife auf den Toiletten gegeben haben … Das halte ich persönlich aber für ein Gerücht.
    Bei uns in der Schule wurden anlässlich dieses Großereignisses Stellwände aufgebaut, auf denen die Vorzüge der Schule präsentiert wurden, Kunstprojekte wurden ausgestellt und Präsentationen abgehalten. Eine Stellwand zeigte Zeitungsartikel, in denen die Schule positiv erwähnt wurde. Bei vielen Artikeln ging es aber gar nicht um die Schule selbst, sondern um etwas, was Schüler in ihrer Freizeit erreicht hatten. Worin besteht denn zum Beispiel der Anteil der Schule, wenn ein Mädchen bei «Jugend musiziert» den dritten

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