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Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause

Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause

Titel: Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malte Pieper
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Lehrerverhältnisse schon sehr ausführlichen Kommentar – «Befriedigend plus, du kannst dich noch steigern» liest. Okay, man kann sich also wohl noch steigern, und zwar auf eine bessere Zahl. Wer hätte das gedacht?! Aber wie? Wo sind die Schwächen in der Arbeit? Was muss verbessert werden? Was ist schon gut und soll genauso bleiben? Eine Note bleibt eine Zahl und sagt darüber nichts aus.
    Aber glücklicherweise gibt es ja noch die Korrekturen des Lehrers am Rande einer Klausur. Da stehen dann Dinge wie «genauer», «falsch», «unverständlich» oder «Kern nicht erfasst».
    Eine meiner Lehrerinnen hatte die Angewohnheit, Smileys, Blümchen oder Totenköpfe an den Klausurrand zu malen. Kleiner Hinweis für von dieser kreativen Idee begeisterten Lehrkräfte: Es macht die Korrekturaussage auch nicht klarer.
    Das Ganze kann aber noch übertroffen werden: Dieselbe Lehrerin bekritzelte den Rand auch gerne schon mal mit Ausdrücken wie: «Ui», «arg!», «mmpf» oder besonders beliebt: «Har!» Wahrscheinlich waren dies die Geräusche, die sie während der Klausurkorrektur von sich gab. Wenn dem tatsächlich so gewesen sein sollte, bin ich froh, dass sie beim Korrigieren nicht auch noch gegessen hat. Die Wörter «schmatz» und «schlürf» hätten mich bei einer Klassenarbeit über Nachkriegsgedichte doch überrascht.
    Doch egal, ob unkommentiert oder kommentiert, am Ende steht unter jeder Arbeit eine Note, und ich frage mich bis heute: Wo ist der Unterschied zwischen einer 3 + und einer 2 –? Warum ist eine 4 nicht befriedigend? Und warum glauben eigentlich alle Lehrer, dass sie bei jeder Arbeit ab 2 + aufwärts «Prima!» darunterschreiben müssen?
    Noch fragwürdiger wird dieses Verfahren bei der Bewertung der mündlichen Mitarbeit. Wenn ich mich zehnmal in einer Stunde melde und nur einmal drankomme, warum sage ich immer dann genau das Falsche, obwohl ich vorher alles gewusst habe? Und ist es jetzt besser, sich oft zu melden und nur wenig Gutes zu sagen oder lediglich ein paar Mal zu Wort zu kommen, dann aber wirklich etwas mitzuteilen zu haben? Die berühmte Abwägung zwischen Quantität und Qualität. Viele melden sich einfach dauerhaft und plappern, wenn sie drankommen, das nach, was mindestens ein Mitschüler vor ihnen schon mal gesagt hat. Trotzdem: Der Lehrer sieht: «Oh, da beteiligt sich jemand», und vergibt tendenziell eher eine gute Note als an jemanden, der sich selten, aber dafür mit hoher Qualität meldet.
    Dabei ist es hierbei doch im Grunde wie im Straßenverkehr: Einen VW Golf oder Opel Corsa trifft man andauernd an. Einen Ferrari sieht man dagegen seltener und wenn, dann meistens nur sehr kurz, weil er mit 280  km/h auf dem Standstreifen rechts überholt. Welches der drei Modelle ist aber jetzt das bessere und wertvollere Auto? (Schwer zu sagen …, kommt drauf an, wofür man es braucht … blabla … Alles Weitere entnehmen Sie bitte den einschlägigen Kfz-Zeitschriften.)
    Notengebung ist eben nicht einfach. Und weil das so ist und die Lehrer sich über ihre Note auch nicht immer ganz im Klaren sind, haben sie ein Mittel erfunden, um größere Überraschungen bei der Notenbekanntgabe zu vermeiden: die Selbsteinschätzung.
    Oft verkünden Lehrer die mündlichen Quartalsnoten, indem sie aus dem Klassenraum gehen und jeden Schüler einzeln rausrufen. Dann stellen sie die obligatorische Fangfrage: «Wie schätzt du dich denn selber ein?» Da steht man dann. Völlig überrascht, dass schon wieder ein Quartal vorüber ist, und mit dem Gefühl, eigentlich die ganze Zeit nur mit dem Sitznachbarn gequatscht oder Papierkügelchen durch die Klasse geflitscht zu haben. Aber das kann man ja nicht einmal einem Lehrer als Selbsteinschätzung verkaufen. Also druckst man in der Regel rum: «Hab mich glaube ich gesteigert … Schwer zu sagen … Manchmal mach ich viel mit, es gibt aber auch Stunden, da bin ich müde oder krank oder so …» Alles vergebens. Die Lehrer kennen diese Umgehungstaktik und wollen eine konkrete Zahl hören, eben die Note. Die Einschätzung: «Ja, also ich find mich selber ja ganz toll, ich würde mir ja ’ne 1 + geben!», wird aber in den meisten Fällen nicht ernst genommen. Vor allem dann nicht, wenn der Sprecher dieses Satzes das gesamte Jahr über seine Hausaufgaben im Sinne des Klima- und Ressourcenschutzes (Papiersparen!) gemacht hatte – nämlich gar nicht.
    Am Ende sagt man dann eine Note, die irgendwo in dem Bereich der Note des Vorjahres liegt. Damit kann man

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