Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause
Wasserleitungswartungen aufgestemmt wird. Oder setzen Sie sich im Winter in einen Klassenraum, der auf Eisschranktemperaturen heruntergekühlt ist, weil die Fenster in den Weihnachtsferien ausgetauscht werden sollten, die Scheiben auch tatsächlich ausgebaut worden sind, der Glasermeister aber dann leider keine Zeit mehr gehabt hat, auch wieder neue einzusetzen.
Dabei hat man uns für unsere Klassenarbeiten immer beigebracht: Wenn man einen Fehler bemerkt:
Erst
etwas Neues hinschreiben,
dann
das Alte durchstreichen.
Aber da trifft eben Handwerk auf Schule. Zwei Institutionen, die anscheinend in einem bisher unbekannten Konflikt miteinander stehen. Anders sind fehlende Wasserhähne nach Arbeiten im Sanitärbereich oder das Auslösen des Feueralarms durch Schweißarbeiten nicht zu erklären.
Auch hier liegt die Krux wohl wieder in der Bürokratie. So fiel unserem Schulleiter eines schönen und dunklen Spätherbsttages auf, dass die Beleuchtung des Schulgeländes durch einige alte Funzeln, die sich Laternen schimpften und von denen viele kaputt waren, nicht ausreichte. Dies bemerkte er deshalb, weil ein anderer Lehrer auf dem Parkplatz sein Auto gerammt hatte. Zuvor waren bereits mehrere Kinder über im Dunkeln unsichtbare Unebenheiten im Boden gestolpert oder mit ihren Fahrrädern über andere Kinder gefahren, weil sie jene schlichtweg nicht gesehen hatten. Aber erst das Auto des Rektors brachte das Fass zum Überlaufen.
Er beantragte also eine neue Beleuchtungsanlage und bekam sie auch genehmigt. Dies geschah an einem Tag Mitte November. Es wurde Dezember, noch immer war nichts geschehen. Es kamen die Weihnachtsferien – keine Beleuchtung in Sicht. Zwischenzeitlich hatte es ein Achtklässler geschafft, sich die Nase zu brechen, weil er volles Rohr gegen einen Baum gelaufen war.
Es wurde Januar, und noch immer passierte nichts. Ebenso wenig im Februar und im März. Langsam wurde es morgens schon wieder so früh hell, dass die Laternen sowieso nicht mehr angestellt wurden. Es kam der April, und inzwischen dachte keiner mehr an die neue Beleuchtung. Doch urplötzlich, es war Ende Mai, standen an einem Montagmorgen lauter nigelnagelneue Laternen auf dem Schulhof und erstrahlten im Licht der Morgensonne. Pünktlich zur hellen Jahreszeit hatte man die Beleuchtung erneuert.
Jetzt werden viele sagen: «Ja und? Hauptsache, ihr hattet neue Laternen. Die tun’s ja auch noch im nächsten Winter.» Grundsätzlich ist das richtig. Eine neue Beleuchtungsverordnung der Schulbehörden sorgte allerdings im darauffolgenden Herbst dafür, dass alle Lampen erneut ausgetauscht werden mussten, denn sie überschritten die geltenden Energiesparwerte und standen außerdem in zu großen Abständen voneinander entfernt.
Im Übrigen kein Einzelfall: Bei uns wurde einen ganzen Winter lang trotz starkem Schneefall nicht gestreut. Aus Mangel an Streusalz. Aber nicht, weil dieses nicht zur Verfügung gestanden hätte. Nein. Sondern weil es in der Schule keine Lagermöglichkeit mehr gab: Der dafür vorgesehene Raum war bis obenhin voll mit Klopapierrollen. Man hatte sich bei der Bestellung des Papiers um eine Null auf der Stückzahlseite verschrieben und vergessen, den Irrtum zu korrigieren.
Dabei kommt es doch gerade, wenn es um Geld geht, auf richtiges Kalkulieren und das optimale Timing an. Unsere Schule hat meiner Überzeugung nach zum Beispiel nur deswegen Fördergelder als sogenannte Europa-Schule bekommen, weil man rechtzeitig, bevor die dies beurteilende Jury die Schule besichtigte, eine Europa-Fahne in der Schule aufgehängt hatte. Mehr Engagement in Sachen Europa gab es nicht. Aber die Fahne hing zur richtigen Zeit dort, und damit war die Sache klar. Ich fühlte mich ein wenig an den Tag der Offenen Tür erinnert.
Mit ähnlichen Taktiken wurde die Schule dann noch Umwelt-Schule, Energiespar-Schule, Aktiv-Schule, Bewegungs-Schule und Sozial-Schule. (Das schreibt man immer schön mit Bindestrich, damit beide Wörter betont werden. Das ist ganz pädagogisch wertvoll.) Fragen Sie mich aber bitte nicht, was das alles ist und welche Kriterien dafür erfüllt sein müssen.
Oft ist eben das Image wichtiger als die Tatsachen. So auch, wenn Unterricht ausfiel. Man gönnte uns nicht die Freizeit. Nein. Man schickte uns in das sogenannte Selbststudium. Was man da studieren sollte, blieb mir schleierhaft. Denn vernünftige Arbeitsmaterialien bereitete kaum ein Lehrer für diese Ausfälle vor, und so musste man anwesend sein, hatte aber
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