Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt
da.
36
Jake musste sich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Er stand ganz allein einer gut ausgebildeten, schwer bewaffneten Spezialeinheit gegenüber, die er entwaffnen und deren Sprengstoffvorräte er irgendwo in einem verfluchten Mayatempel finden musste, um Itzels Leute zu retten … und der Himmel schickte ihm einen Zivilisten mit Kunstherz, den er jetzt auch noch beschützen sollte?
Mal im Ernst, wenn das Gottes unergründliche Wege waren, dann sollte ihm mal jemand eine Landkarte schenken.
»Erzähl mir alles«, flüsterte er dem Jungen zu.
»Mein Name ist Michael. Sie haben mich eingesperrt, mein Vater und Helda, und, na ja, sie hatten wohl nicht damit gerechnet, dass ich das Fenster einschlage. Ich bin rausgeklettert und so schnell ich konnte hierhergerannt, aber da ich so lange bettlägerig war, bin ich wohl nicht mehr richtig in Form …«
Jake schüttelte den Kopf. »Nein, nur das, was wichtig ist. Vor wem du wegrennst, welche Waffen diejenigen haben, und weshalb du hierhergekommen bist.«
Der Junge nickte. Und begann von vorn. »Mein Vater. Er ist, ich weiß nicht, er ist krank, verrückt geworden. Nicht mehr bei Trost. Er hat einen Chirurgen entführt, der an mir eine Herztransplantation durchführen soll, und das Spenderherz will er von, will er von Maria nehmen …«
Der Junge verstummte entsetzt, als würde er erst jetzt die volle Bedeutung seiner eigenen Worte erkennen. Sein Blick schoss hin und her, richtete sich auf Jake, glitt dann wieder zum Dschungel, himmelwärts, zurück zu Jake. Hochgradig traumatisiert. Jake wusste genau, wie sich der arme Kerl fühlte, dennoch konnte er weder darauf eingehen noch ihn behutsam ausfragen, wie es die Psychofritzen empfahlen. Ihm lief die Zeit davon, und er musste an Informationen kommen, und zwar schnell.
»Verstanden. Verrückter Arzt läuft im Irrenhaus Amok. Hat er Waffen? Ist er hinter dir her?«
»Nein. Ich denke, sie wissen noch nicht, dass ich fort bin. Aber ja, seine Männer haben Waffen. So wie Ihre.« Er deutete auf Jakes Kalaschnikow. »Ich bin hierhergekommen, weil noch andere Männer aufgetaucht sind, bewaffnete Männer, die die Straße blockiert haben, also dachte ich, wenn ich es bis zum Tempel schaffe und hochklettere, gibt es vielleicht genügend Empfang, damit ich eine Nachricht verschicken und irgendjemanden alarmieren könnte?« Er zog ein Handy aus der Tasche.
»Das war klug von dir, mein Junge«, sagte Jake. Ein paar aufmunternde Worte konnten ja nicht schaden – der Kleine sah so aus, als würde er sich gleich in die Hosen machen. Zumindest war er von der Situation heillos überfordert. »Das einzige Problem sind Hectors Männer – dieselben, die das Klinikgelände gestürmt haben –, die sind jetzt beim Tempel und legen Sprengstoff aus, um ihn in die Luft zu jagen.«
Michael riss die Augen noch weiter auf, bis fast nur noch das Weiße zu sehen war. »Aber, wir müssen Maria helfen. Und Dr. Cho!«
»Hector ist Marias Vater. Er wird ihr kein Haar krümmen.« Zumindest hoffte Jake das. Hector hatte sich schließlich nicht gerade zimperlich gezeigt, als es darum ging, eine Grotte in die Luft zu jagen, in der zwei FBI -Agenten und dutzende Zivilisten gefangen waren. Immerhin hatte er sich zuerst auf die Suche nach seiner Tochter gemacht hatte, ehe er sich um den Tempel gekümmert hatte. Selbstverständlich war das auch die rein taktisch gesehen bessere Vorgehensweise – denn sobald der Tempel in die Luft flog, wusste Carrera, dass Hector im Anmarsch war.
Wie dem auch sei. Jake hatte noch etwas zu erledigen. Und er durfte sich nicht aufhalten lassen. »Wie viele Männer hast du gesehen?«
Michael dachte kurz nach. »Zwei Geländewagen mit vielleicht fünf, sechs Männern? Ich bin nicht sicher.«
»Zwei?« Verdammt, also hatte Hector Verstärkung bekommen. Da hatte wohl Romero seine Hände mit im Spiel gehabt. Der CIA -Agent ging anscheinend davon aus, Hector wäre am ehesten in der Lage, das gegenwärtige Chaos und auch gleich noch die Geister der Vergangenheit zu beseitigen, ohne dass davon etwas an die Öffentlichkeit drang. Oder es zu einer Untersuchung kam. »Warte hier, ich habe etwas zu erledigen.«
»Wo wollen Sie hin?«
»Hectors Männer legen Sprengstoff im Tempel aus. Ich muss sie finden und das verhindern.« Jake wandte sich zum Gehen, doch Michael hielt ihn auf.
»Ich komme mit.«
»Und dein Herz?« Jake deutete auf den Beutel.
»Kein Problem, solange wir keinen Langstreckenlauf daraus machen.«
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