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Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Titel: Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Lyons
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dachte sie nicht bei jedem Rascheln unter der Pflanzendecke an einen Jaguar.
    Sie hatte ein relativ trockenes Fleckchen am Flussufer gefunden und dort mit einem Stein eine Kuhle in den Schlamm gebuddelt, die sie mit Farnblättern ausgelegt hatte, um sich gegen die Feuchtigkeit zu schützen. Außerdem deckte sie sich auch selbst mit großen Blättern zu, weil sich ein kühler Nebel über dem Fluss sammelte.
    Natürlich hatte sie nicht mit dem fürchterlichen Unwetter gerechnet, das über die Schlucht hereinbrach, oder den Blitzen, die zwischen den Felswänden hin und her jagten, bis sie es kaum noch aushielt. Kein Blätterpolster konnte sie mehr vor dem strömenden Regen und den Wassermassen schützen. Wieder in den Dschungel zu flüchten erschien ihr jedoch noch gefährlicher, weil das Ufer inzwischen stark aufgeweicht war und die Blitzeinschläge immer näher kamen.
    Irgendwann kauerte sie sich einfach dort zusammen, wo sie war, ertrug den Regensturm und versuchte, sich im Geiste an einen anderen Ort zu versetzen. Ihre Zähne schlugen klappernd aufeinander, während sie sich mit angezogenen Knien im Schlamm zusammenrollte und die Arme wärmend um den Oberkörper schlang. Vor Angst wie gelähmt rief sie abwechselnd laut nach ihren Eltern, weinte um Prescott und schluchzte verängstigt auf, wenn sie in der Dunkelheit ein unerwartetes Geräusch oder eine seltsame Bewegung wahrnahm.
    An Schlaf war nicht im Entferntesten zu denken.
    Bei Tagesanbruch trank sie Wasser aus dem Fluss, das sie durch ihr Kopftuch filterte. Nachdem sie sich auch gewaschen hatte, dachte sie darüber nach, wie sie an etwas zu essen kommen könnte. Zu Hause hatte sie mal einen Salat mit Palmherzen gegessen, doch aus welchem Teil der Palme die genommen wurden, wusste sie nicht. Aus der Wurzel? Dem Stängel? Dem Stamm? Da sie ohnehin keinerlei Schneidewerkzeug besaß, spielte es auch keine Rolle. Also begnügte sie sich damit, einige der scharfen Palmblätter abzuziehen, die ihr in die Finger schnitten, bis sie an die weißen Fasern in der Mitte des Strunks herankam.
    Sie schmeckten bitter und halfen kaum gegen den nagenden Hunger, gaben ihr jedoch das Gefühl, nicht vollkommen hilflos zu sein. Immerhin hatte sie eine Nacht alleine im Dschungel überstanden, während eines Unwetters, das es durchaus mit Tropenstürmen von Florida aufnehmen konnte. Das konnten nicht viele in ihrem Alter von sich behaupten.
    Sie wanderte flussabwärts und war zunächst guter Dinge, es noch am selben Tag bis zum Krankenhaus zu schaffen. Bis sie eine Pause einlegte, weil die Hitze langsam unerträglich wurde, und vor lauter Hunger und Erschöpfung für mehrere Stunden in tiefen Schlaf sank. Stunden, in denen dem Professor und seinem Team alles Mögliche hätte geschehen können. Sie erwachte mit trockener Kehle, voller Angst und von Schuldgefühlen geplagt. Sie hätte sich nicht ausruhen dürfen, selbst wenn sie praktisch im Laufen umgefallen war, weil sie so verflucht müde gewesen war.
    Trotz des Schlafes war Maria immer noch ganz benommen, als sie sich wieder aufrappelte. Ihre Bewegungen waren schwerfällig, die Luft zum Schneiden dick. Sie war mit Insektenstichen und roten Striemen übersäht, weil sie bei ihrer Flucht durch den Dschungel von Ästen und Blättern zerschrammt worden war. Während sie auf die Uhr sah, kratzte sie sich gedankenverloren. Beinahe vier. Von der Geländebeschaffenheit her schätzte sie, dass es noch gut anderthalb Kilometer waren, bis sie den See erreichen würde. Vielleicht auch eher drei. Und es wurde bereits dunkel.
    Ungeachtet ihrer aufsteigenden Panik begleitete sie der Fluss mit einem fröhlichen Glucksen. Er bahnte sich seinen Weg durch die Gebirgsausläufer, wobei der tiefste Wasserfall, den sie heute hinabgeklettert war, nur etwa drei Meter gemessen hatte. Außerdem sank der Wasserpegel stetig, und auch die Oberfläche wurde immer ruhiger, je weiter sie nach Westen kam. Sollte sie es wagen?
    Tu es, würde ihr Vater sagen. Aber was letztendlich den Ausschlag gab, war die Angst vor einer weiteren Nacht in der Wildnis, und davor, was dem Professor und den anderen zustoßen könnte. Obendrein trieb sie die Erinnerung an Prescotts blutüberströmtes Gesicht an, und die Sehnsucht nach anderen Menschen, nach Zivilisation, wenngleich sie das nur ungerne zugab.
    Sie watete in den Fluss hinein, bis sie knietief im kalten Wasser stand, dann ließ sie sich fallen, hielt das Gesicht flussabwärts und vertraute sich der Strömung an.
    Sich in

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