Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt
Kontaktdaten?«
Linda und Tracey wichen ihrem Blick aus. Vicky antwortete für sie. »Prescott sagte, sie hätten ein Satellitentelefon. Damit Maria uns anrufen könne, falls sie irgendwas bräuchte.«
»Aber sie hat noch nicht angerufen?«
Kollektives Kopfschütteln. »Also geht es ihr gut«, schlussfolgerte Linda. »Wenn sie in Schwierigkeiten steckte, würde sie sich doch melden.«
Genau. Falls Prescott der war, der er zu sein vorgab, falls das Satellitentelefon funktionierte, falls sich die Schwierigkeiten erst bei der Ausgrabungsstelle ergaben. Zu viele Unwägbarkeiten. »Und keiner von euch weiß, wo genau diese Ausgrabungsstelle liegt?«
»Der Tempel ist tief im Dschungel verborgen. Er ist Chaac, dem Regengott der Maya, geweiht«, sagte Vicky hastig, wie um ihren Mangel an hilfreichen Informationen wettzumachen. Sie war bestimmt der Liebling der Dozenten.
»Weißt du auch, wo genau im Dschungel?«
Sie ließ enttäuscht die Schultern hängen. »Maria hat mir den Ort auf einem Satellitenfoto gezeigt, aber ich habe keine Karte oder so etwas gesehen. Für mich war da nur Grün, auf der einen Seite lag ein Berg, und es gab einen riesigen Wasserfall direkt daneben. Unter den ganzen Bäumen war nicht einmal ein Bauwerk zu erkennen. Die Tempelruine sah einfach aus wie ein weiterer Hügel in der Bergkette.«
Das war nicht gerade hilfreich. Maria war durch eine äußerst ausgeklügelte List nach Guatemala gelockt worden war, irgendjemand hatte sie ganz offensichtlich gezielt hinters Licht geführt. Also stand sie jetzt sicher unter Beobachtung, die würden nicht riskieren, dass sie ihre Meinung änderte oder sich an die Behörden wandte. »Wie war das, bevor ihr in Orlando abgelegt habt? Ist euch da vielleicht jemand aufgefallen, der Maria verfolgt haben könnte? Irgendjemand, der nicht so ganz ins Bild passte?«
Linda und Tracey wechselten einen kurzen Blick. »Sie meinen, so wie die Perverslinge?«
»Was für Perverslinge?«
»Ein paar ältere Männer, die uns ständig gefolgt sind«, antwortete Tracey.
Linda verdrehte die Augen. »Die sind sogar in dem Schuppen aufgetaucht, in dem wir am Abend vor der Abfahrt noch tanzen waren.«
»Ich glaube, ich habe sogar einen von denen hier auf dem Schiff bemerkt«, warf Vicky ein, wie um auch etwas beizusteuern. »Na ja, das glaube ich zumindest. Jetzt habe ich ihn schon seit Tagen nicht mehr gesehen.«
»Seit Maria weg ist?«, fragte Caitlyn. Das Mädchen nickte.
Nach einigen weiteren Fragen hatte Caitlyn eine vage Beschreibung der Männer, also nahm sie den Freundinnen Marias amerikanischen Pass ab und gab ihnen im Gegenzug ihre Visitenkarte. »Wenn euch noch irgendetwas einfällt, falls ihr einen der Männer wiederseht oder von Maria hört – auch von Prescott oder dem Professor –, dann möchte ich, dass ihr mich anruft. Sofort. Ihr könnt mich Tag und Nacht erreichen. Habt ihr verstanden?«
Wieder nickten sie alle eifrig. Diesmal schon ein wenig zerknirscht – doch noch lange nicht schuldbewusst genug. »Ihr ist doch bestimmt nichts zugestoßen, oder?«, fragte Vicky noch. »Ich meine, sie ist nicht in Gefahr da bei dem Professor und all den anderen Archäologen?«
Caitlyn konnte nicht widerstehen. »Sie ist tausende Kilometer von zu Hause entfernt alleine im Dschungel, mit fremden Menschen, die unter Umständen diejenigen sind, für die sie sich ausgeben, vielleicht aber auch nicht. Und sie hat seit über sechsunddreißig Stunden kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben. Also, was glaubt ihr?«
Bei den Mädchen fiel der Groschen. Mit großen Augen starrten sie sie nur noch an, fassten einander an den Händen, und schließlich flossen auch ein paar Tränen. Caitlyn öffnete die Tür.
»Sagen Sie Mr und Mrs Alvarado, dass es uns leidtut«, hörte sie eine kleinlaute Stimme. Sie blickte gar nicht erst zurück, um nachzusehen, welches der Mädchen sie vorgebracht hatte. »Wir dachten, wir helfen ihr.«
Caitlyn machte sich auf den Weg zurück zum Büro des Sicherheitschefs. Wer solche Freunde hatte …
10
Maria hatte die Nacht am Fluss verbracht. Hier fühlte sie sich sicherer als im undurchdringlichen Unterholz des Dschungels, in dem sie geradezu Platzangst bekam, wenngleich sie sich zunächst ein wenig vor wilden Tieren gefürchtet hatte, die vielleicht am Ufer ihren Durst stillten. Zumindest gab es hier so nahe am Wasser keine Schlangen. Sie riskierte lieber die Begegnung mit einem Jaguar als mit Schlangen. Na ja, eigentlich nicht, aber zumindest
Weitere Kostenlose Bücher