Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt
Ausbildung?
Sie beschloss, sich weitere Umstände zu ersparen – als große hellhäutige Rothaarige war sie ohnehin auf dem Präsentierteller –, und ging direkt auf ihn zu. »Können wir?«
Er zog lachend die Schultern hoch und wirkte kein bisschen verärgert. Sí , sí . Hier entlang. Darf ich Sie Caitlyn nennen?
Sein Akzent war eine lustige Kombination aus spanischer Sprachmelodie und dem schnellen Redefluss der New Yorker. »Selbstverständlich. Und Sie sind?«
»Juan Carlos Romero. Alle nennen mich Romero.« Bei ihm klang das, als würde er sie in den Kreis seiner engsten Freunde aufnehmen.
»Wo kommen Sie her, Romero?«
»Brooklyn. Meine Mutter ist aus Puerto Rico und mein Großvater väterlicherseits war Kubaner.« Er senkte die Stimme und blickte sich übertrieben dramatisch um. »Mein Großvater hat schon vor Ewigkeiten für die CIA gearbeitet. Schätze, man könnte sagen, die Arbeit liegt mir im Blut.«
»Ich gehe davon aus, Sie sind nicht besonders oft im Außendienst tätig?«
Er zuckte mit den Achseln. »Schön wär’s. Ich spiele höchstens mal den Reiseführer oder Dolmetscher. Manchmal kann ich bei den Jungs von der DEA mitfahren, aber da wir es hier 1954 so ziemlich vermasselt haben – ich meine die CIA hat schließlich den Bürgerkrieg ausgelöst –, halte ich mich eher bedeckt. Allerdings, die Gelegenheit, Hector Alvarado zu begegnen? Die konnte ich mir unmöglich entgehen lassen. Der Mann ist eine lebende Legende.«
Sie kamen zu einem weißen Land Rover, der mit Schlammspritzern bedeckt war. Caitlyn verstaute ihren Rucksack hinter den Sitzen und stieg ein. »Ist Hector bereits eingetroffen?«
»Stilecht. Mit dem Helikopter. Privat gechartert. Der Pilot ist einer seiner vielen Kumpel aus Armeezeiten. Sie hatten noch ein paar andere Kerle dabei.«
Na großartig. Hector hatte seine eigene kleine Privatmiliz im Schlepptau. »Waffen?«
Er nickte und hupte zwei Mopeds an, die nebeneinander fuhren und so den ganzen Verkehr aufhielten. Sie winkten gut gelaunt zurück, ohne jedoch schneller zu fahren. »Er hat sich im El Atlantico einquartiert, die Männer warten im Helikopter. Der ist auf einem leeren Parkplatz hinter dem Mercado abgestellt.«
Er zeigte auf das Gebäude, an dem sie gerade vorbeifuhren. Der Mercado war ein hellgelbes Marktgebäude, das offensichtlich Kreuzfahrttouristen anlocken sollte – Wandmalereien priesen einheimisches Kunsthandwerk, handgemachten Schmuck und viele weitere TESOROS Ú NICOS an.
»Haben Sie und Ihre Leute schon etwas gehört?«, fragte sie. »Gerüchte über eine Verschwörung? Von irgendeiner alten Geschichte, wegen der jemand Rache nehmen will? Oder geht es um Lösegeld? Irgendjemand hat viel Zeit und Mühe darauf verwendet, das alles einzufädeln.«
Die zwei Mopeds bogen ab und Romero gab ordentlich Gas, nur um gleich wieder auf die Bremse zu steigen, als ein Mann mit einem Karren vor ihnen die Straße überquerte. »Ich habe die Fühler ausgestreckt, aber niemand will reden. Es gibt definitiv keinerlei Anzeichen dafür, dass Maria außer Landes geschafft wurde – obwohl die Grenzen hier bei uns durchlässig wie ein Sieb sind. Ich würde auf jemanden aus Hectors Vergangenheit tippen. Als ich mich inoffiziell ein wenig umgehört habe, erfuhr ich von Dingen, die er und seine Einheit früher getan haben … sagen wir mal so, es gibt verdammt gute Gründe dafür, dass er aus dem Land geflohen ist, sobald die Regierung Friedensverhandlungen mit den Rebellen aufgenommen hat.«
Sie fuhren auf einen Parkplatz gleich gegenüber vom El Atlantico . Romero führte sie in ein kleines Café, dort suchten sie sich Sitzplätze nahe beim Fenster und schlürften starken Kaffee.
»Was ist mit diesem Prescott?«
Romero zog die Stirn kraus. »In der kurzen Zeit war nicht viel herauszubekommen, ich kann nur vermuten, dass es sich um einen Schauspieler handelt, der letzte Woche mit einem Arbeitsvisum eingereist ist. Sein Name ist John Kandlass. Die Beschreibung passt, und er hat eine Adresse hier in Santo Tomás angegeben. Als ich vorbeigefahren bin, war er nicht da.«
Caitlyn holte das Foto von Prescott hervor. »Ist er das?«
»Ja. Sieht aus wie Kandlass’ Passfoto.«
Großartig. Diese ganze Geschichte entwickelte sich von mehr als rätselhaft zu undurchschaubar.
Ein Mädchen mit einem Korb betrat das Café und kam gestikulierend auf Caitlyn zu. Sie trug eine weiße Bauernbluse über einem bunten mehrlagigen Rock und ein helles Wolltuch über den
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