Wenn der Wetterhahn kräht
über einer cremefarben
gestrichenen Holzverkleidung bildeten den eleganten Hintergrund für einige
Objekte aus Cats bescheidener Kunstsammlung. Seine besondere Schönheit
verdankte der Raum allerdings einem perfekten Schnitt und den großen Fenstern,
die einen beeindruckenden Ausblick auf Wälder und Wiesen freigaben.
Catriona nahm das Lob ihrer Freundinnen
wie selbstverständlich entgegen. »An mir liegt es wirklich nicht, es ist halt
ein Haus mit Charakter. Kommt mit und seht euch mein Eßzimmer im frühen
Sowieso-Stil an. Als meine Mutter noch ein junges Mädchen war, nannte man das
gerauchte Eiche, glaube ich. Ich habe vor Wut geschäumt, als ich die
scheußliche dunkelbraune Soße wieder abgebeizt habe, die sie auf die schönen
Möbel gepantscht haben, das könnt ihr mir glauben.«
»Aber die Mühe hat sich wirklich
gelohnt«, sagte Helen. Die nun deutlich sichtbare Maserung und das weiche
Graubraun des Eichenholzes paßten hervorragend zu den strengen Konturen von Tisch
und Anrichte und den lustigen quadratischen kleinen Stühlen mit den ein wenig
grob geschnitzten Rückenlehnen. Vermutlich William-Morris-Imitationen aus Grand
Rapids, so um 1923, dachte Helen. Auch in diesem Zimmer hingen Vorhänge aus
Chintzstoff, diesmal allerdings mit rosa Blumen und lila Vögeln in einem
blaßgrünen Dschungel. Die grüngestrichenen Wände waren mit einer Bordüre
verziert, die das Blattmuster der großen Topfpflanze aufgriff, die auf der
Anrichte stand.
»Die Palme habe ich übrigens selbst
gezogen«, brüstete sich Catriona.
Es gab noch mehr Pflanzen auf
Blumenbänken und Ständern, welche die Wand unter den hohen Fenstern säumten.
Die meisten von ihnen sahen allerdings aus, als hätten sie einen reichlich
harten Winter hinter sich.
»Carlyle und Emerson üben hier immer
Anschleichen, wenn es ihnen draußen zu stürmisch ist«, erklärte Catriona.
»Normalerweise nehme ich hier mein Mittagsmahl ein. Im Winter, wenn der Schnee
die Sonne reflektiert, ist es hier besonders schön. Kostenlose Solarwärme sozusagen.
Und jetzt gehen wir nach oben.«
»Sollten wir uns nicht lieber vorher um
den Teekessel kümmern?« fragte Iduna vorsichtig an.
»Mist, das vergesse ich jedesmal.«
Catriona eilte zurück in die Küche. »Das verdammte Ding pfeift immer zum
Steinerweichen. Ich weiß auch nicht, warum die blöden Wissenschaftler es nicht
schaffen, einen Kessel zu erfinden, der von allein einschenkt. Ist euch
eigentlich aufgefallen, daß kaum noch einer sagt: ›Wenn wir Menschen auf den
Mond schießen können, dann müßte man doch auch...‹? Vielleicht sollte ich euch
den Tee lieber sofort einschenken, bevor er sich in pure Gerbsäure verwandelt.
Ich habe übrigens Plätzchen für euch gebacken.«
Sie fing an, Tassen aus dem Schrank zu
nehmen und einen Teller mit Melasseplätzchen zu beladen, die so groß waren wie
Untertassen.
Iduna öffnete den Korb, von dem sie
sich immer noch nicht getrennt hatte. »Ich habe ein paar Marmeladentörtchen
mitgebracht.«
»Heiliger Kabeljau, eure Expedition ist
ja hervorragend ausgerüstet! Nimmt jemand von euch Milch oder Zucker? Früher
habt ihr beide weder noch genommen, soweit ich mich erinnere. Wie lange könnt
ihr übrigens bleiben?«
»Freitag morgen müssen wir wieder weg,
damit Iduna das gemästete Kalb für Daniel vorbereiten kann«, klärte Helen sie
auf. »Meinst du, daß du uns bis dahin ertragen kannst?«
»Möglicherweise, wenn ich mir genügend
Mühe gebe. Ich bin ja so froh, euch endlich wiederzusehen! Hier, Iduna, du
kannst uns den Tee eingießen, genau wie du es in South Dakota immer gemacht
hast, wenn wir mit Eiszapfen an den Nasen aus dem Schneesturm in dein Haus
gestürmt sind. Was war das doch für eine herrliche Zeit!«
»Mir kommt es vor wie gestern«, sagte
Helen. »Ich muß zugeben, daß ich es nie so richtig geschafft habe, die Zeit als
ewig fließenden Fluß zu sehen.«
»Warum auch?« Catriona reichte ihr den
Teller mit den Plätzchen. »Die Zeit ist längst abgeschafft. Bloß ein Haufen
Quuppen und Quunten. Oder bei Andrew vielleicht Quecken und Quasseln. Ich kann
mit der Quantenmechanik zwar absolut nichts anfangen, aber es regt zum
Nachdenken an, wie der gute Professor Haseltine immer zu sagen pflegte, wenn er
den Eintopf in unserer College-Cafeteria sah. Wie habt ihr zwei es eigentlich
geschafft, euch einen College-Professor zu angeln? Wahrscheinlich auch noch
beide Spezialisten für Quantentheorie.«
»Daniel ist in der Hauptsache
Spezialist
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