Wenn die Liebe dich findet
etwa unzurechnungsfähig geworden?! Wie können Sie es wagen, meiner Nichte einen solchen Tunichtgut anzudienen?«
Mabel blieb mit knallroten Wangen und sprachlos zurück. Julie erwartete auch keine Antwort. Nachdem sie ihr Missfallen ausgedrückt hatte, wandte sie den beiden alten Damen den Rücken zu und zog Amanda fort.
»Unfassbar!«, schnaubte Mabel, als Julie außer Hörweite war.
Zum ersten Mal hielt Gertrude nicht den Mund. Sie hasste es zu streiten, weshalb sie sich von Mabel, der dominanteren der beiden, so lange Jahre hatte einschüchtern lassen. Aber Mabel war nicht immer so gewesen. Früher war sie sensibler. Doch im Laufe der Zeit hatte sie sich aufgrund ihrer vielen Erfolge immer mehr aufgeblasen, obwohl diese Erfolge hauptsächlich Gertrudes Menschenkenntnis zu verdanken waren. Diesmal hingegen war sie eindeutig zu weit gegangen.
»Ich habe es kommen sehen!«, entfuhr es Gertrude daher. »Die Lockes sind nicht dumm. Julie ist nur einfach etwas direkter als der Rest der Familie. Und sie hat absolut recht, auch du weißt das. Ich kann Exter nicht guten Gewissens empfehlen und du auch nicht. Und glaub nicht, ich wüsste nicht, warum du es getan hast! Nur weil seine Mutter eine gute Freundin von dir ist und du sie sogar noch länger kennst als mich!«
Mabel war leicht schockiert, dass Gertrude ihr so offen widersprach. »Aber er wird ein guter Ehemann sein – mit der richtigen Frau!«
»Du meinst, mit einer Frau, die darüber hinwegsieht, dass er es nie zu etwas bringen wird, abgesehen davon, dass er immer mehr Schulden auftürmt? Ich warne dich, Mabel! Wenn du weiterhin den Ruf zerstörst, den wir beide uns über die Jahre erarbeitet haben, nur um einer alten Freundin zu helfen, dann sind wir beide fertig miteinander!«
»Der Junge muss heiraten, Gertrude! Er treibt seine Mutter in die Trunksucht, so viele Sorgen macht er ihr!«
»Ich glaube, das ist nicht unser Problem, oder?«
»Seit wann helfen wir unseren Freunden nicht – wenn wir es können?«
»Wenn wir damit anderen Freunden schaden. Aber wenn du ihnen wirklich helfen willst, dann such nach einer Frau, für die es ein gesellschaftlicher Aufstieg wäre, in seine Familie einzuheiraten. Mir fällt mindestens eine Person ein, die sich über diese Verbindung so freuen würde, dass sie über seine Spielsucht hinwegsehen würde, und zwei andere, die sich auch freuen würden, aber nur, wenn er seine Spielerei aufgeben würde. Das wäre der richtige Ansatz, um deiner Freundin zu helfen.«
Mabel seufzte. »Ich weiß ja, dass du recht hast. Es wäre nur so ein fantastischer Erfolg für ihn, eine Herzogstochter zu erobern. Ich schätze, ich habe mich da in etwas verrannt. Ich werde ihm die Neuigkeiten gleich mitteilen.« Und mit einem versöhnlichen Lächeln fragte sie: »Welches Mädchen würde über seine hässliche Angewohnheit hinwegsehen?«
Kapitel 45
J ulie war mit Amanda aus dem Salon in den Speisesaal auf der anderen Seite des Flurs gegangen. Der Esstisch war für die Dauer der Party durch ein halbes Dutzend großer Büfetttische ersetzt worden, an denen Bedienstete standen, um den Gästen die erlesensten Speisen zu reichen und ihnen bei Bedarf die Teller aufzufüllen. Amanda hatte noch keinen Hunger, aber Julie begann, sich den Teller vollzuladen. Leider stand auch Devin im Speisesaal, ein Getränk in der Hand, und redete mit einem weiteren Pärchen mittleren Alters. Er bemerkte Amanda sofort und warf ihr einen langen Blick zu, unterbrach jedoch nicht sein Gespräch.
Nachdem sie ein paarmal verstohlen in seine Richtung geschaut hatte, versuchte Amanda, Devin zu ignorieren, und folgte Julie, die sich an jedem Tisch etwas auf den Teller häufte. Vielleicht sollte sie auch etwas essen, dachte Amanda. Vielleicht sollte sie außerdem aus diesem Raum verschwinden, wo sie einzig und allein das Bedürfnis verspürte, sich umzudrehen und zu schauen, ob Devin noch hier war. Vielleicht sollte sie auch einfach weinen und ihn endlich vergessen.
Tante Julie, die sich noch immer auf ihren Teller konzentrierte, fragte: »Was ist los mit dir, meine Liebe? Ich dachte, du wärst erleichtert, nachdem ich dich vor dieser alten Schrulle gerettet habe.«
»Das bin ich auch, danke.«
»Du siehst aber nicht so aus.«
»Ich bin verwirrt.«
Julie sah sie scharf an. »Aber doch nicht wegen dieses Tunichtguts?«
»Nein, ehrlich nicht.« Amanda lächelte schief.
»Was hast du dann für einen Kummer?«
»Es ist nur – ich weiß nicht. Das Einzige, was
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