Wenn die Liebe dich findet
Frage, Rafe. Tu einen Moment so, als wäre ich nicht deine kleine Schwester, das Baby, und antworte mir einfach!«
»Es ist nicht dasselbe bei einem Mann«, wich er aus. »Du solltest das am besten mit einer Frau besprechen, die ihre Liebe gefunden hat.«
»Das habe ich doch schon, gestern mit Larissa. Aber sie sagte nur, dass sie ihren Mann schrecklich vermisst hat – also, bevor er ihr Mann wurde – und dass sie dadurch erst gemerkt hat, wie sehr sie ihn liebt.«
»Ein gutes Argument! Ich vermisse Pheli in jeder Sekunde, in der ich sie nicht sehe.«
Mandy kicherte. »Wirklich?«
»Natürlich.«
»Ist Ophelia heute mitgekommen?«
»Nein, aber ich schicke ihr …«
»Ich will aber nicht warten, wo wir jetzt schon darüber diskutieren. Du bist hierhergekommen, um mich vor einem der wenigen Männer zu warnen, die ich bisher interessant fand.«
Raphael hob eine goldene Augenbraue. »Einem der wenigen? Ach, richtig! Pheli hat mir von dem anderen erzählt, für den du reiten lernen musst. Soll ich Reitstunden für dich arrangieren?«
Sie knirschte mit den Zähnen. »Schon passiert.«
»Hervorragend! Konzentrier dich darauf, meine Liebe, dann habe ich auch nicht mehr dieses Bedürfnis, jemanden umzubringen.«
Sie sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Wechsle nicht das Thema, Rafe! Nur Lust zu haben, jemanden zu sehen, kann doch nicht das einzige Anzeichen sein, auf das ich achten muss.«
»Hör auf, auf Anzeichen zu achten, und genieß einfach …«
»Nicht schon wieder! Das habe ich letztes Jahr bereits versucht, und es hat überhaupt nicht geholfen.«
Er stöhnte verzweifelt auf. »Ja, aber letztes Jahr hast du auch nach der Liebe auf den ersten Blick gesucht. Jetzt weißt du es besser, wie du selbst erklärt hast.«
Amanda seufzte. »Bei dir war es auch nicht auf den ersten Blick, oder?«
»Es war etwas da auf den ersten Blick, aber darüber werde ich jetzt nicht mit dir sprechen.«
Sie reckte sich. »Was?«
»Mandy …«, begann Raphael warnend.
»Du musst es mir sagen!«
Er verschränkte die Arme vor der Brust und entgegnete: »Ich muss gar nichts.«
Sie runzelte nachdenklich die Stirn. »Sprichst du von körperlicher Anziehung? Dass du dich schon im ersten Moment zu Pheli hingezogen gefühlt hast? Aber wem erginge das nicht so? Sie war und ist noch immer die schönste Frau von ganz England. Stellt das also wirklich ein gutes Kriterium dar?«
Er seufzte. »Besser als die meisten anderen. Ohne das hast du nur eine gewöhnliche Ehe, mit der du auf Dauer unzufrieden sein wirst. Man darf nur Anziehung nicht mit Liebe verwechseln. Es ist absolut nicht dasselbe.«
Sie nickte, war in Gedanken jedoch schon woanders. Es gab zwei Männer, die sie extrem attraktiv fand, also fühlte sie sich zu beiden hingezogen, und da sie sich nicht in beide verlieben konnte – das war unmöglich, oder? –, musste sie ihrem Bruder recht geben, dass Anziehung und Liebe nicht dasselbe sind. Aber ihre Familie wollte, dass sie einen dieser Männer ignorierte, und jetzt hatte sie keine Wahlmöglichkeit mehr. Nachdem sie so lange auf der Jagd nach einem Ehemann gewesen war, hatte es ihr gefallen, mehr als einen Kandidaten zur Auswahl zu haben.
Sie wollte die Bedenken ihrer Familie ja ernst nehmen, trotzdem musste sie noch einmal mit Robert reden, um selbst herauszufinden, ob es nur die Eifersucht seiner Rivalen war, die zu dem Wirbel um ihn geführt hatte. Sie würde allerdings nicht allein mit ihm im Park spazieren gehen. Das war keine gute Idee. Aber sie musste Devin Baldwin unbedingt einen Denkzettel verpassen – dafür, dass er ihre Familie ohne Grund in Aufregung versetzt hatte.
Kapitel 21
Z u Amandas Überraschung gelang es ihr, in Begleitung ihrer Zofe unbemerkt das Haus zu verlassen. Zuvor hatte sie allerdings ihrer Tante eine ihrer beiden neuen Reiter-Kombinationen gezeigt und erklärt: »Ich glaube, sie haben mir die falschen Sachen geliefert. Diese hier passen überhaupt nicht. Ich muss sie wohl zurückbringen. Aber es dauert nicht lange – außer, ich sehe etwas, das mir gefällt.«
Julie hatte gestern Nachmittag ebenfalls ihre Meinung abgegeben, nachdem Raphael nach Hause gefahren war. Aber wenigstens war ihre Moralpredigt nicht so hart und nicht so lang ausgefallen wie die von Rupert und Raphael – wahrscheinlich, weil Amanda beschlossen hatte, Lord Robert nicht mehr in Schutz zu nehmen und zu allem Ja und Amen zu sagen.
»In diesen Zeiten musst du noch vorsichtiger sein«, hatte ihre
Weitere Kostenlose Bücher