Wenn die Liebe dich findet
»Was ist, wenn ich es nicht schaffe? Bei Baldwin klingt alles so einfach, aber er hat mich ziemlich unter Druck gesetzt. Deshalb habe ich das Gefühl, dass selbst er nicht glaubt, dass ich es schaffe.«
»Dann lassen Sie es eben«, erwiderte Alice beharrlich. »Die Sache ist es nicht wert, dass Sie Ihre Familie hintergehen …«
»Hörst du wohl auf! Wenn ich es schaffe, wieder auf ein Pferd zu steigen, werden es alle erfahren, aber ich will nicht, dass irgendjemand es erfährt, bevor es mir wirklich gelungen ist. Du weißt, wie meine Familie ist: Sie werden mich mit Mitgefühl überschütten, wenn sie erfahren, dass ich bei dem Versuch gescheitert bin.«
»Und womit werden sie Sie überschütten, wenn sie herausfinden, dass Sie sich einfach so davongeschlichen haben?«
Amanda wand sich. »Ich mag ihn, Alice. Weißt du, wie lange ich gewartet habe, um das über einen Mann sagen zu können?«
Alice zuckte zusammen. »Den Pferdezüchter?«
Amanda blinzelte ungläubig, dann schnaubte sie. »Sei nicht albern, ihn kann ich fast nicht ertragen! Du weißt ganz genau, dass ich von Lord Kendall spreche. Ich würde das nicht machen, wenn man mir nicht gesagt hätte, dass es der einzige Weg zu seinem Herzen ist.«
»Ich finde, das ist albern.«
»Finde ich auch, aber manche Männer haben eben alberne Vorstellung davon, was eine Frau mitbringen muss. Sobald ich wieder reite, finde ich es womöglich gar nicht mehr albern. Wer weiß, vielleicht macht es mir sogar Spaß, und ich will ein eigenes Pferd haben. Hast du nicht letzte Woche noch gesagt, dass ich eine Beschäftigung brauche, solange ich in der Stadt bin? Wenn ich es schaffe, wieder auf ein Pferd zu steigen, werde ich Reitstunden brauchen. Ich habe damals bei den ersten Stunden kein bisschen aufgepasst, weil ich in dieser Woche einen großen Fisch gefangen hatte und an nichts anderes denken konnte, als wieder mit Rafe zum Angeln gehen zu können.«
»Deshalb sind Sie wahrscheinlich auch gestürzt.«
»Ja, wahrscheinlich. Also, Alice, etwas Unterstützung wäre durchaus hilfreich statt all der Einwände! Dieser Tag ist sehr wichtig für mich. Heute gewinne ich einen Ehemann für mich!«
Kapitel 22
D a sie nicht vorausschauend genug geplant hatte – Täuschungsmanöver waren Amandas Sache nicht –, fiel ihr viel zu spät ein, dass es ungünstig wäre, mit der Kutsche, die mit dem Familienwappen der St. Johns geschmückt war, gesehen zu werden, wie sie London verließ oder an der Rennbahn vorbeifuhr, obwohl heute keine Pferderennen stattfanden. Also fuhren sie zuerst in die Bond Street. Sie hielten vor Ophelias Lieblingsschneiderei, in der man bereits ihre Maße hatte, um zwei neue Reitkostüme zu bestellen. Dann eilte Amanda mit Alice die Straße entlang, um ein Gefährt für den Ausflug zu mieten. Der Besuch bei der Schneiderin machte ihre Erklärung für Tante Julie zumindest etwas wahrer. Und sie würde mehr Reitkleidung brauchen, wenn sie heute Erfolg hatte. Da, ein positiver Gedanke!
Alice brachte weiter nörgelnd ihre Bedenken vor, besonders nachdem Amanda dem Kutscher der St. Johns erklärt hatte, er könnte ein paar Stunden freinehmen, da sie mindestens so viel Zeit für ihre Einkäufe benötigte. Schon wieder eine Lüge, bemerkte Alice, aber Amanda hörte nicht mehr hin. Sie musste all ihren Mut für die Reitstunde zusammennehmen, und das bedurfte einiger Konzentration. Doch es half, dass sie wusste, wie gut sie in dem neuen hellgrünen Reitrock aussah, auf dem Kopf einen schicken Hut, das blonde Haar ordentlich zusammengebunden. Sie trug eine passende Jacke, die sie heute wohl nicht brauchen würde, da es nicht sehr kalt war.
Die Fahrt zu Devins Gestüt dauerte nicht lang. Auf halbem Weg bemerkte sie plötzlich, dass sie aufgeregt war, aber sie wusste nicht, warum, denn eigentlich hatte sie nichts außer Angst vor der heutigen Herausforderung erwartet. Es musste an der Bemerkung liegen, die sie Alice gegenüber gemacht hatte. Heute war vielleicht ein entscheidender Wendepunkt in ihrem Leben. Sie musste nur eine kleine Angst überwinden …
Auf der Farm angekommen, ließ Amanda die Mietkutsche vor dem mittleren Stall stehen und wies Alice an, in der Kutsche zu warten, damit ihr nicht kalt würde. Der eigentliche Grund war, dass sie fürchtete, der Kutscher könnte einfach davonfahren und sie hier aussetzen, aber das würde er nicht tun, solange jemand in der Kutsche saß.
Ein Pferdepfleger kam um die Ecke und fragte sie nach ihrem Anliegen. Dann
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