Wenn die Liebe erwacht
gehabt, und sein Pfeil hatte sich nicht in eine gefährliche Stelle gebohrt.
Es dauerte zu lange, abzuwarten, bis er Rolfe d’Ambert allein oder getrennt von seiner Eskorte begegnete. Wenn Alain ihn doch nur schutzlos überrascht hätte, dann hätten seine Männer Rolfe mühelos überwältigen und umbringen können. Dann konnte Alain Leonie heiraten und bekam alles wieder, was ihm gehörte und verlorengegangen war.
Erneis hatte ihm erzählt, daß Leonies Leute dem Schwarzen Wolf Scherereien machten. Wie sehr Alain Leonie doch dafür geliebt hatte! Erneis war es auch gewesen, der ihm gesagt hatte, daß sie gezwungen worden war, d’Ambert zu heiraten. Im ersten Moment war Alain in Wut geraten. Doch dann hatte er entschieden, daß es gut so war, denn Leonie würde es so verhaßt sein, etwas gezwungenermaßen tun zu müssen, daß sie ihren Mann ebensosehr hassen würde wie Alain ihn haßte. Sie würde Alain heiraten, und mit ihrer Unterstützung konnte er ein Gnadengesuch beim König einreichen. Der Plan würde klappen, und zwar bis in alle Einzelheiten, denn welcher Mann, und mochte es auch der König sein, konnte Leonies Charme und ihren Reizen widerstehen oder gar ihren bezaubernden Körper zurückweisen können, wenn dieses Mittel eingesetzt werden mußte?
Alain behielt die Wälder wie ein ausgehungerter Geier im Auge. Diesmal mußte sie kommen. Es war nicht einfach, ihr Nachrichten zukommen zu lassen, da die Dorfbewohner mit ihrem neuen Herrn zufrieden waren. Es gab nur einen Mann, der bereit war, Leonie seine Nachrichten zu übermitteln. Die anderen Männer erinnerten sich nur zu gut an Alains Strenge und hätten d’Ambert berichtet, daß er sich in der Gegend aufhielt. Alain gelobte sich, daran zu denken, wenn er erst wieder der Herrscher über Crewel war.
Leonie hatte auf seine beiden ersten Nachrichten nicht reagiert, aber zweifellos war es schwierig für sie, ihn allein aufzusuchen, wie er es erbeten hatte. Nun gut, d’Ambert war nicht in Crewel, und daher erwartete Alain begierig ihr Erscheinen … begierig und mit größter Nervosität. Die Männer waren unruhig und übellaunig. Es wurde immer schwieriger, sie davon zu überzeugen, daß sie zu größerem Reichtum kommen würden, wenn sie noch ein wenig Geduld hatten.
Ein hohes Lösegeld würde eines von Alains Problemen lösen und die Männer eine Zeitlang gefügig machen. Sollte er Leonie sagen, daß er beabsichtigte, ein Lösegeld für sie zu verlangen? Wenn sie sich bereit erklärte, freiwillig mit ihm fortzugehen, erleichterte das seine Lage. Schließlich brauchte er ihr ja nicht alles zu erzählen.
Als Hufschläge zu hören waren, die aus der falschen Richtung kamen, geriet Alain in Panik, doch dann sah er sie. Sie ritt mit ihrer Eskorte aus dem Wald, aber sie kam aus Pershwick. Die Soldaten waren ihre eigenen Leute, die die Farben von Pershwick trugen.
Leonie war augenblicklich dorthin aufgebrochen, als Alains dritte Nachricht sie erreicht hatte. Sobald sie dort angekommen war, hatte sie ihre Eskorte zurückgeschickt und den Männern gesagt, sie würde mit Wachen nach Crewel zurückkehren, da sie beabsichtige, die Nacht in Pershwick zu verbringen. Sie wollte nicht, daß einer von Rolfes Männern ihm hätte sagen können, daß sie sich auf dem Feld mit einem Mann getroffen hatte. Aber sie wollte auch keine Nachrichten mehr von Alain entgegennehmen, und die einzige Möglichkeit, das zu unterbinden, bestand darin, daß sie mit ihm sprach.
Es war ihr unmöglich, Pershwick allein zu verlassen, da Sir Guibert darauf bestanden hatte, sie solle mindestens sechs Männer mitnehmen, und es war ihr nicht gelungen, ihm das auszureden. Aber es waren ihre Leute, und als sie ihnen sagte, sie sollten sie am Waldrand erwarten, erhob niemand Einwände.
Ihre Wachen konnten sie mühelos im Auge behalten, als sie langsam auf Alain zuritt. Ihr Herz schlug schneller, als sie sich dem Mann näherte, den sie seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen hatte. Es schien sogar noch länger her zu sein, denn in dieser Zeit hatte sie soviel mehr durchgemacht und von der Welt gesehen als in ihrem ganzen bisherigen Leben. Und Alain, wie mochte es ihm wohl ergangen sein, seit er die Gegend verlassen hatte? Sie nahm an, daß es nur zwei Dinge bedeuten konnte, wenn er sich wieder in dieser Gegend aufhielt. Entweder lief er nicht mehr davon und hatte vielleicht Grund zu der Annahme, die Gnade des Königs für sich in Anspruch nehmen zu dürfen, oder er war so verzweifelt, daß
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