Wenn die Liebe erwacht
Kapelle blieb Rolfe stehen und sah sich den großen Saal näher an. Was er sah, überraschte ihn, aber das war noch nicht alles.
»Verdammt noch mal, in diesem Raum riecht es wirklich … angenehm«, murmelte er vor sich hin.
»Sommerblumen, Mylord.« Er wirbelte herum. »Wenn sie doch nur im Winter blühten, dann könnte uns ihr Duft das ganze Jahr erfreuen.«
Hatte Amelia auf der Lauer gelegen, um ihn abzufangen? Ja, das hatte sie getan, und sie sprach mit ihm, ohne zu wissen, was Leonie über die frischen Binsen hatte streuen lassen. Dennoch wollte sie ihm einreden, daß die Veränderungen etwas mit den Jahreszeiten zu tun hatten, damit er Amelia nicht vorwerfen konnte, bisher nichts getan zu haben.
Rolfe lächelte. »Du hast viel geschafft, während ich fort war, Amelia. Ich weiß das sehr zu schätzen.«
Amelia senkte die Lider, um ihr Erstaunen zu verbergen. Hatte Leonie sich der Veränderungen etwa nicht gerühmt? Hatte sie das gemeint, als sie zu Amelia gesagt hatte, das Lob würde ihr gelten?
»Ich habe nicht viel getan, Mylord«, sagte Amelia.
»Du bist zu bescheiden«, erwiderte Rolfe. »Hätte meine Frau doch denselben Ehrgeiz wie du. Was hat sie getan, während ich fort war?«
»Sie hat viel Zeit im Garten verbracht«, sagte Amelia ausweichend, aber ihre Stimme war nicht mehr ganz so betörend.
Rolfe brummte. »Ich glaube, sie hat eine zu große Vorliebe für Gärten.« Er sah sich um. »Wo sind die Hunde?«
»Sie … sie sind in Zwingern.«
Er dachte darüber nach. »Ein ungewöhnlicher Einfall, aber ich kann den Nutzen darin erkennen.«
Rolfes fortwährendes Lob ließ Amelia Mut schöpfen. Solange er glaubte, sie sei für die positiven Veränderungen verantwortlich, wollte sie es nicht abstreiten.
»Ich glaube, die Mahlzeiten werden dir in Zukunft auch mehr Freude bereiten, Mylord«, sagte sie geschickt. »Der Koch ist entlassen worden, und der neue Koch beträchtlich begabter.«
Rolfe und Amelia gingen gemeinsam weiter und kamen an Wilda vorbei, deren Gesicht glühte. Sie hatte genug gehört. Sie schritt so schnell aus, wie sie konnte, und fand Leonie in einer Vorratskammer bei der Küche. Leonie sah sich die Körbe und Krüge an.
»Sie hat es wirklich getan!« zischte Wilda ihrer Herrin zu. »Diese schlechte Person läßt sich für alles loben, was Sie getan haben. Eine solche Frechheit! Wenn der Herr die Wahrheit hören will, braucht er nur irgend jemanden hier zu fragen.«
Leonie erstarrte einen Moment lang, und als ihr dämmerte, wovon Wilda sprach, zuckte sie die Achseln.
»Sie werden ihm doch sicher die Wahrheit sagen, Mylady?« drängte Wilda.
»Damit er glaubt, ich sei auf sein Lob aus? Nein. Außerdem wollte er nicht, daß ich hier etwas verändere. Es mag ihm zwar gefallen, was ich getan habe, aber wenn ihm klar wird, daß ich mich seinen Wünschen widersetzt habe, gefällt es ihm vielleicht doch nicht mehr so gut.«
»Ich kann nicht …«
»Du wirst kein Wort mehr darüber verlieren«, schnitt ihr Leonie streng das Wort ab. »Du mußt mir helfen, Wilda, denn es gibt eine Aufgabe, um die er mich gebeten hat, und sie erfordert viel Mühe.«
Im Lauf des Tages machte sich Leonie viele Gedanken über Amelia und Rolfe. Seit ihrer Liebesnacht hatte sie begonnen, ihren Mann in einem neuen Licht zu sehen, und fast hätte sie ihm den bösen Anfang dieser Ehe verziehen.
Gewisse Tatsachen machten ihr jedoch weiterhin Sorgen, Dinge, die darüber hinausgingen, daß er sich eine Mätresse im Haus hielt. Alain Montignys Einschätzung von Rolfe schien ihr jetzt übertrieben. War Rolfe denn nicht letzte Nacht auf sie eingegangen? Versuchte er nicht, eine Schlacht mit möglichst wenig Blutvergießen zu gewinnen? Rolfe schien nicht der Mann zu sein, der den armen Alain aufspüren und töten wollte, wie er es behauptet hatte. Doch trotz des Guten, das sie inzwischen über Rolfe wußte, war es nicht richtig, daß Alain Kempston verloren batte, wenn er keines Vergehens schuldig war.
Es war alles so undurchsichtig – und all das hatte der König ihr aufgezwungen. Sie fühlte sich dazu gedrängt, ihm zu schreiben und ihm mitzuteilen, was sie von seiner Einmischung hielt. Aber niemand stellte den Willen des Königs in Frage, und schon gar nicht eine Frau.
Leonie war den ganzen Tag damit beschäftigt, Kräuter zu sammeln und einzuweichen, und als Rolfe am Abend kam, freute er sich über die Mitteilung, daß alles fertig war. Er sagte ihr, daß in Wroth alles vorbereitet war und daß sich ein
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