Wenn die Liebe erwacht
Freiwilliger gefunden hatte, der sich im Lauf der Nacht heimlich mit ihrem Gebräu in die Burg einschleichen würde.
Was Rolfe ihr nicht erzählte, war, wie die spontane Reaktion seiner Männer auf ihre Idee ausgesehen hatte. Nicht ein einziger hatte ihr vertraut, und vor allem Thorpe hatte sich lautstark geäußert, er sei sicher, der Plan bringe nur Unglück, statt sie zum Erfolg zu führen. Rolfe war jedoch standhaft geblieben, und schließlich hatte sich einer der Soldaten zu Wort gemeldet und gesagt, er wisse aus Erfahrung, daß Haselwurz genau das bewirke, was Leonie behauptet hatte. Als er seine Geschichte erzählt hatte, bereitete es Rolfe keine Schwierigkeiten mehr, den Plan in allen Einzelheiten zu erklären, denn seine Männer waren in schallendes Gelächter ausgebrochen.
Er erzählte Leonie jedoch nichts von alledem, und sie sah nur die zufriedene Miene ihre Mannes. Seine gute Laune führte dazu, daß ihre Stimmung sich verschlechterte. Warum war alles soviel leichter für ihn?
»Sind Sie unglücklich, Mylady?«
Leonie drehte sich zu Mildred um, die ihr bei der Arbeit half. Sie preßte den Saft aus der Haselwurz. Vier Tische waren im Burghof aufgestellt worden, um die Blätter einzuweichen, während das Personal in der Küche an der Mischung arbeitete, die in den Wein geschüttet werden sollte.
Sie hatte in der Woche, die sie inzwischen in Crewel verbracht hatte, nicht mit Mildred gesprochen, obwohl sie wußte, daß Wilda sich mit ihr angefreundet hatte. Leonie erinnerte sich an Mildred, weil sie sie bei ihren Besuchen in Crewel kennengelernt hatte, als noch die Montignys die Burg bewohnten. Sie hatte sich sogar einmal um Mildreds Mutter gekümmert. Es war nur eine Kleinigkeit gewesen, die den unfähigen Arzt von Crewel vor ein Rätsel gestellt hatte. Doch diese frühere Bekanntschaft gab Mildred nicht das Recht, in sie zu dringen. Wie konnte die Frau es wagen, ihr eine so persönliche Frage zu stellen?
»Hast du so wenig zu tun, Mildred, daß …«
»Bitte, Mylady, ich wollte nicht unhöflich sein«, sagte Mildred eilig. »Es ist mein größter Wunsch, daß Sie hier in Crewel glücklich sind – denn ich fürchte, es ist meine Schuld, daß Sie verheiratet sind.«
Diese Äußerung war so lachhaft, daß Leonies Zorn verflog. »Deine Schuld? Wie kann das möglich sein, Mildred?«
Die ältere Frau richtete ihren Blick auf den Boden, als sie flüsterte: »Ich … ich war es, die meinem Herrn gesagt hat, daß Sie in Pershwick leben.« Sie zauderte und gestand dann: »In dem Moment hat er sich entschlossen, Sie zu heiraten, um Pershwick unter seine Herrschaft zu bringen. Es tut mir so leid, Mylady. Ich hätte Ihnen niemals absichtlich Kummer bereitet.«
Die arme Frau machte einen jämmerlichen Eindruck. »Du machst dir grundlos Vorwürfe, Mildred. Mein Mann hätte von jemand anderem erfahren, was er wissen wollte, wenn du es ihm nicht gesagt hättest. Ich habe seine Aufmerksamkeit selbst auf Pershwick gelenkt.«
»Aber er wußte nicht, daß Sie dort leben, bis ich es erwähnt habe. Er war schrecklich wütend, als er gehört hat, daß eine Frau für all seine Schwierigkeiten verantwortlich ist.«
»Zweifellos«, sagte Leonie trocken. »Aber ich war dafür verantwortlich, und daher muß ich mir selbst die Schuld daran geben, daß ich jetzt hier bin, Denk nicht mehr daran, Mildred, dich trifft keine Schuld.«
»Wie Sie wünschen, Mylady«, erwiderte Mildred widerstrebend. »Aber ich werde für Sie beten, daß Sie den Zorn des Herrn nicht mehr so zu spüren bekommen wie in Ihrer Hochzeitsnacht.«
Leonie errötete, weil sie annahm, Mildred hätte sich auf den Messerstich bezogen, den sie Rolfe zugefügt hatte. »Ich hoffe, du hast niemandem erzählt, was du in dieser Nacht gesehen hast, Mildred.«
»Ich würde niemals Geschichten verbreiten, Mylady, und Edlyn täte es ebensowenig. Aber alle wissen, was er Ihnen angetan hat. Ich hätte nicht gedacht, daß der Herr grausam ist – aufbrausend, ja, aber nicht brutal. Aber jeder Mann, der seine Frau wenige Stunden nach der Hochzeit schlägt …«
»Was?«
Mildred sah sich eilig um, weil sie hoffte, daß ihnen niemand zuhörte, aber die anderen blickten nur kurz auf und wandten sich dann wieder ab.
»Mylady, bitte, ich wollte Sie nicht verärgern«, flüsterte Mildred.
»Wer hat dir gesagt, mein Mann hätte mich geschlagen?« zischte Leonie.
»Lady Roese hat Sie am nächsten Morgen gesehen, und sie hat es Lady Bertha gesagt, und …«
»Genug! Mutter
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