Wenn die Liebe erwacht
Namen genannt hättest.«
Er sagte es ganz beiläufig, aber wie meinte er das? Dann fielen ihr die Reaktionen der Männer wieder ein, als sie erkannt hatten, wer Rolfe war. Selbst der übermäßig selbstbewußte Derek hatte den Mut verloren, als er begriff, daß er die Frau des Schwarzen Wolfes entführt hatte.
Leonie sagte nachdenklich: »Ich sehe jetzt ein, daß ich in all diesen Jahren in Pershwick zu isoliert war. Ich hatte keine Ahnung, daß solche Dinge geschehen.«
Rolfe knurrte: »Wie kann es sein, daß du nichts davon wußtest? Dein Nachbar war einer der übelsten dieser Schurken.«
»Mein Nachbar? Von wem sprichst du?«
»Von wem wohl?« sagte Rolfe verächtlich. »Von Montigny und seinem Sohn. Zweifellos waren seine Vasallen auch an diesen Geschichten beteiligt. Das würde erklären, warum sie solche Furcht davor hatten, mich anzuerkennen. Sie haben zweifellos geglaubt, ich sei hier, um dafür zu sorgen, daß der Gerechtigkeit Genüge getan wird, und zwar vollauf.«
Leonie zuckte zusammen. »Das glaube ich nicht! Ich habe die Montignys mein Leben lang gekannt. Sir Edmond war ein guter Nachbar, und Alain …«
»Kein Wort über diesen Jungen!« schnitt ihr Rolfe das Wort ab. »Und ob du es glaubst oder nicht, Leonie, die Montignys haben sich vieler Verbrechen schuldig gemacht. Sie waren aber sehr vorsichtig. Ihre Opfer wußten nicht, wohin sie gebracht wurden oder wer ihr Lösegeld kassiert hat. Und die, die getötet wurden, konnten natürlich nichts verraten. Aber Heinrich hat schon seit langem Klagen aus Mittelengland gehört. Erst kürzlich hat er die Namen erfahren, die mit diesen Verbrechen in Verbindung stehen.«
»Es ist unfair von dir, einen Mann schlechtzumachen, der tot ist und sich nicht verteidigen kann!«
»Was glaubst du denn, wie er gestorben ist? Endlich gab es genug ehrliche Männer, die von seinen Untaten wußten und bereit waren, ihr Wissen zu beeiden. Er wurde getötet, als er sich seiner Verhaftung widersetzte. Sein Sohn ist geflohen, ehe man ihn vor Gericht stellen konnte.«
»Aber das klingt alles so unsinnig. Sir Edmond war Herr über ganz Kempston. Wozu hätte er es nötig gehabt, sich unrechtmäßig zu bereichern?«
Rolfe zuckte die Achseln. »Zu Stephans Zeiten hatte er viel mehr Burgen, die er gezwungen war, aufzugeben. Ich nehme an, er hat auf ungesetzliche Mittel zurückgegriffen, um sich den Reichtum zu verschaffen, an den er gewöhnt war. Er hat immer ein verschwenderisches Leben geführt.«
Leonie fiel ein, daß sie gehört hatte, wie außerordentlich luxuriös Sir Edmond gelebt hatte.
Ihr fielen auch wieder vage Gerüchte ein, von denen sie nichts hatte wissen wollen. Hatten sie der Wahrheit entsprochen? Es fiel ihr schwer, das zu glauben, besonders, wenn es um Alain ging. Sein Vater mochte korrupt gewesen sein, aber der furchtsame, schwächliche Alain?
Aber es war ein ungünstiger Zeitpunkt, um eine Auseinandersetzung zu beginnen.
»Sollten wir nicht aufbrechen, Mylord?« fragte Leonie.
»Ich vermute, Guy harrt schon lange genug gespannt seiner Strafe. Ja, laß uns aufbrechen.«
Er stieg auf und hob sie auf sein Pferd.
»Was für eine Strafe? Was hat er angestellt?« fragte sie.
»Er hat dich in Gefahr gebracht.« Das Pferd lief in den Wald.
Sie schnappte nach Luft. »Aber er hat nur meine Anweisungen befolgt.«
»Darum geht es nicht. Du warst ihm anvertraut. Er hätte wissen müssen, daß er nicht von der Hauptstraße hätte abkommen dürfen. Er hat Glück gehabt, daß ich ihn letzte Nacht nicht umgebracht habe. Er wird heute abend, wenn wir Crewel erreichen, zwanzig Peitschenhiebe bekommen und dankbar dafür sein, daß er damit wegkommt. Er weiß, daß er einen großen Fehler gemacht hat.«
Leonie war entsetzt. »Ich wünschte, du würdest ihn nicht bestrafen, Mylord. Niemand soll für etwas leiden, was meine Schuld war.« Sie rief es laut, um die Pferdehufe zu übertönen.
»Du kannst die Schuld auf dich nehmen, Leonie, und zwar zu Recht, aber du wirst dich nicht in mein Urteil einmischen. Der Mann wird für seine Nachlässigkeit bestraft, und nichts kann das verhindern.«
»Und wie sieht meine Strafe aus, Mylord?« fragte sie.
»Ich hoffe, du hast letzte Nacht eine wichtige Lektion gelernt.«
»Solltest du mich nicht auch auspeitschen lassen?« fragte sie. »Ich war genauso nachlässig wie der Anführer deiner Krieger.«
»Führe mich nicht in Versuchung, Leonie. Du warst mehr als nur unvorsichtig«, sagte er grob. »Deinetwegen hätte ich
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