Wenn die Liebe erwacht
mich fast mit dem König angelegt.«
Leonie stöhnte. »Nein!«
»Doch. Ich habe ihn einen Lügner genannt, als er darauf beharrt hat, daß du dich nicht unter seinem Schutz verbirgst.«
»Mutter Maria!« Jegliche Farbe wich aus Leonies Gesicht. »Ich habe Damian nur gesagt, ich ginge zum König, um deine Verfolgung hinauszuzögern, Ich hätte nicht geglaubt, daß du Heinrich kein Wort glaubst, wenn er dir sagt, daß ich nicht da bin.«
»Sir Piers hat beeidet, er hätte dich nicht fortgehen sehen. Wenn er nicht gemerkt hätte, daß die Hälfte meiner Männer fort war, und es mir nicht rechtzeitig gesagt hätte, hätte ich auf meiner Suche nach dir Heinrichs Palast auseinandergenommen.«
»Du … du hast den König wirklich als einen Lügner bezeichnet, ist das wahr?«
»Ja, das habe ich getan.«
»Gott sei dir gnädig, er wird es dir nie verzeihen! Was habe ich bloß angerichtet!«
»Er hat es mir bereits verziehen«, sagte Rolfe, der jetzt nicht mehr ganz so streng wirkte. »Er ist kein unsensibler Mensch. Er hat eingeräumt, mein Verhalten sei verständlich. Er hat mir sogar von deiner Unterhaltung mit ihm erzählt, weil er mir helfen wollte, dich zu verstehen. Ich war wütend, als ich erfuhr, daß du Heinrich erzählen konntest, warum du mich nicht akzeptierst, es mir aber nie gesagt hast.«
Eine Zeitlang herrschte Schweigen, dann sagte er: »Und jetzt stelle ich fest, daß es noch nicht einmal die Wahrheit war.«
»Es war die Wahrheit.«
»So, war es das? Du hast letzte Nacht geschworen, es sei dir gleich.«
Leonie öffnete den Mund, überlegte es sich aber sofort wieder anders. Das hatten sie jetzt schon einmal gehabt, und es hatte zu nichts geführt. Er hatte seinen Standpunkt klargemacht. Er wollte Amelia nicht aufgeben. Sie würde ihn nicht noch einmal darum bitten.
Rolfe seufzte. »Gib mir keine Schlafmittel mehr, Leonie. Und lauf mir auch nie wieder fort.«
»Ja, Mylord.«
Er sagte kein Wort mehr.
37. KAPITEL
Auf den Ländereien von Crewel, deren Ertrag dem Lehnsherrn gehörte, hatte die Ernte begonnen. Es fehlte Crewel jedoch an einem Verwalter, der die Dorfbewohner bei der Arbeit überwachte, und Leonie hätte diesen Posten zwar übernehmen können, doch da sie sich an die Feindseligkeit erinnerte, mit der ihr die Dörfler begegnet waren, entschied sie sich, es nicht zu versuchen. Sie ernannte als Aufseher den Henker des Ortes. Von einer solchen Wahl hatte man noch nie gehört, aber ihr erschien die Entscheidung logisch, da die Leibeigenen ihm gehorchen würden.
Sie hatte die Verfügung allein erlassen, da Rolfe nicht da war. Er war während der zwei Wochen seit ihrer Rückkehr aus London fort gewesen.
Seine Abwesenheit war nur eine der Schwierigkeiten, die Leonie seit der Nacht gehabt hatte, in der Guy von Brent die zwanzig Peitschenhiebe bekommen hatte. Rolfe war direkt im Anschluß an diese Strafe nach Warling geritten, um an der Belagerung teilzunehmen, und seitdem nicht zurückgekehrt.
Die Burg Warling lag fast fünfzehn Meilen nördlich von Crewel, also zu weit entfernt, um nach Hause zu kommen, aber Leonie vermißte ihn. Sie ertappte sich dabei, daß sie aufhorchte, wenn sich Pferdehufe näherten, und sie hatte sogar in Erwägung gezogen, selbst nach Warling zu reiten, aber sie wußte, daß Rolfe diesen Schritt mißbilligt hätte.
Es war auch nicht ihr einziger Kummer, daß sie Rolfe vermißte. Die ständige Anwesenheit von Lady Amelia bedrückte sie.
Eines Abends wurde Sir Evarard während des Abendessens gerufen. Er stand vom Tisch auf, und die beiden Frauen blieben mit zwei leeren Stühlen zwischen sich sitzen.
Leonie beabsichtigte zwar durchaus, sich Lady Amelia gegenüber höflich zu benehmen, doch es wurde ihr nicht leicht gemacht. Diese Frau strahlte eindeutig Selbstgefälligkeit aus. Das verblüffte Leonie. Worin konnten die Gründe für diese Haltung liegen?
Als sie an jenem Abend beim Essen saßen und Sir Evarard weggegangen war, bat Amelia Leonie um ein Mittel gegen Übelkeit.
»Sollten Sie nicht im Bett bleiben, wenn Sie krank sind?« fragte Leonie.
»Um Himmels willen, nein!« Amelia lachte. »Mir fehlt nichts, was die Zeit nicht innerhalb von einem Monat heilen wird. Ich habe nur Schwierigkeiten bei den Mahlzeiten.«
Jetzt begriff Leonie, was sie soeben gehört hatte. »Wollen Sie damit auf etwas anspielen, Lady Amelia? Worauf wollen sie hinaus?«
»Rolfe hat es Ihnen doch gewiß erzählt!« Amelia wirkte erstaunt. »Es ist ja wohl kaum etwas, was man
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