WENN DIE LUST ENTLAMMT
„Wohin fährst du?“
„Nach Belgrad, um mich dort mit Dominic zu treffen. Und ich fürchte, ich muss bald zum Flughafen, wenn ich meinen Flug noch erreichen will.“
„Oh.“ Sie setzte sich gerader auf. „In dem Fall machst du besser Platz, damit ich mich anziehen kann.“
Er rührte sich nicht. „Du musst dich nicht beeilen. Eigentlich wollte ich dir sagen, dass du gern hier bleiben kannst.“ Er holte einen Bund mit zwei Schlüsseln aus der Hosentasche und eine kleine Plastikkarte und legte beides neben die Kaffeetasse.
„Wie bitte?“
„Im Kühlschrank und in der Tiefkühltruhe gibt es genug zu essen, der Jaguar ist vollgetankt, und ich lasse dir meine Benzinkarte da, falls du nachfüllen musst. So wie es aussieht, werde ich frühestens Ende der Woche wieder da sein. Warum nutzt du also nicht die Gelegenheit und machst es dir hier gemütlich?“
Ja, warum eigentlich nicht? Es wäre wundervoll, mehr als eine Nacht in einem richtigen Bett zu schlafen, ihre Wäsche zu waschen, ohne zu einem Waschsalon gehen zu müssen, und einen Wagen fahren zu können, statt den Bus nehmen zu müssen. Am besten war, dass sie dann tatsächlichheiß duschen konnte, ohne dass ihr das Wasser knapp wurde, und schlafen, ohne von schreienden Babys oder lauthals streitenden Nachbarn gestört zu werden.
Aber was würde dann sein? Es fiel ihr sowieso schon sehr schwer, von der luxuriösen Welt ihrer Arbeit zu ihrer düsteren Existenz in der Lattimer Street hin und her zu wechseln. Und obwohl sie sich nichts sehnlicher wünschte, als so bald wie möglich umzuziehen, saß sie im Augenblick tiefer in der Tinte als vor ihrer Einstellung, denn sie hatte viel Geld für Taxifahrten ausgegeben und auch ziemlich viel Geld in Kleidung investiert, weil kaum etwas von ihrer Garderobe für das Büro geeignet war.
Für absehbare Zeit würde sie bleiben müssen, wo sie war. Wie würde sie sich also fühlen, selbst wenn sie nur für eine kurze Weile in einer gemütlichen, schönen Umgebung wohnte, nur um sie dann wieder aufgeben zu müssen, sobald es jemandem Bestimmten besser passte?
Nicht so toll, dachte sie. Und selbst wenn sie einen Weg finden sollte, sich mit der Situation zu arrangieren, blieb immer noch die höchst beunruhigende Entdeckung, dass Gabriels Abreise sie wahnsinnig störte.
Sie saß da, atmete seinen Duft ein, ihre Lippen prickelten noch von seinem Kuss, Gabriel war ihr so nah, dass sie seinen Atem auf den Wangen spürte, und schon vermisste sie ihn. So durfte es einfach nicht sein. Es war ein Fehler, solche Gefühle zuzulassen. Die gestrige Nacht hätte eigentlich die Situation vereinfachen und sie von ihrem verrückten Verlangen nach Gabriel befreien sollen.
Stattdessen wollte sie die Arme um seinen Hals werfen, ihn ins Bett zurückzerren und ihn anflehen, bei ihr zu bleiben. Sie drückte das schützende Laken fester an sich und holte tief Luft. „Danke, Gabriel.“ Zu ihrer unendlichen Erleichterung klang ihre Stimme bemerkenswert ruhig und fest. „Aber ich kann nicht.“
„Warum nicht?“
Irgendwie brachte sie ein sorgloses Lächeln zustande. „Ganz ehrlich? Es gibt einige Leute bei meiner Arbeit, die schon jetzt glauben, dass man mich nicht hätte einstellen dürfen. Ich bin sicher, dass sie erst recht durchdrehen würden, wenn ich mit deinem Wagen zur Arbeit fahren oder sie herausfinden würden, dass ich in deinem Haus wohne. Es ist im Moment einfach besser, wenn ich versuche, so unauffällig wie möglich zu bleiben.“
Mallory wappnete sich für ein Streitgespräch, aber zu ihrer Überraschung nickte Gabriel nur knapp, obwohl er nicht glücklich aussah. „In Ordnung. Ich finde zwar, dass du dir zu viele Gedanken machst, aber es soll deine Entscheidung sein.“
„Mann.“ Ihr Lächeln wurde herzlich. „Gabriel Steele kann auch vernünftig sein. Glaubst du, ich könnte das auch schriftlich bekommen?“
„Vorsichtig, meine Süße. Treib es nicht zu weit.“
„Ich würde nicht im Traum daran denken.“
„Ja, klar.“ Er gab ihr noch einen flüchtigen Kuss und stand auf. „Mach dir keine Sorgen um den Hund. Jetzt ist er draußen. Lass ihn einfach herein, wenn du gehst, Deke sollte gegen Mittag hier sein, um ihn abzuholen. Also, denk daran, die Schlüssel und die Karte mitzunehmen, auf der mein Sicherheitscode steht.“ Er wies auf den Nachttisch. „Falls du dann doch noch deine Meinung ändern solltest oder irgendetwas passiert, kannst du wieder zurückkommen.“
„In Ordnung. War’s
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